Der goldene Buddha
Zauberwirkung aufgehoben wird. Das verspreche ich hoch und heilig.«
Brahdana lächelte. »Ich wusste, dass du so reagieren würdest. Nichts anderes habe ich von dir erwartet.«
»Und er gehört wirklich mir?« fragte Suko noch einmal, der dieses Geschenk noch immer nicht fassen konnte. Zuviel war auf ihn eingestürmt. Er dachte an die Möglichkeiten, die ihm diese seltsame Waffe bieten würde, und ihm wurde fast schwindlig.
»Ja, er gehört dir«, erklärte der Abt, »doch etwas fehlt noch. Das Wort, das du sagen musst. Sprich es mir nicht nach und wende es nur bei großer Gefahr an. Das Wort heißt: Topar.«
Suko nickte.
»Wirst du es dir merken können?«
»Ja, Brahdana.«
»Das glaube und hoffe ich.« Der Abt atmete auf. »So habe ich kurz vor meinem Tod noch das Werk vollbracht, von dem ich immer geträumt habe.«
»Wieso vor deinem Tod?« fragte Tai Pe.
»Ich werde sterben.«
»Später vielleicht«, meinte Suko.
»Nein, heute noch. Sogar in den nächsten Minuten, das spüre ich genau, meine Freunde.«
Nach seinen Worten wurde es still. Keiner sagte etwas.
Suko und Tai Pe warfen sich verständnislose Blicke zu, bis der Erhabene sagte: »Es stimmt, wenn er das sagt.«
Brahdana nickte. »Ja, ich habe nicht mehr lange zu leben. Ich spüre die Schwingen des Todes bereits. Sie sind nicht mehr weit entfernt, sondern ganz in der Nähe. Und sie kommen noch dichter heran…« Er sprach plötzlich lauter, seine Stimme begann zu zittern. Auch er fürchtete sich in gewisser Weise vor dem Tod. Bevor Suko und Tai Pe es verhindern konnten, lief er an den beiden Männern vorbei und schlug den Weg zum Tempel ein.
»Halt, Brahdana, bleib stehen. Ich bitte dich. Du darfst nicht…«
Der Abt hörte nicht auf die Worte des Erhabenen. Er lief weiter. Im selben Augenblick hörten Suko und Tai Pe einen wilden Schrei. Dann wurde ein Gong geschlagen. Zweimal hintereinander. Schnell und ohne langes Echo schwangen die Klänge durch den Tempel.
»Gefahr!« rief Tai Pe. »Dieser Gongschlag bedeutet höchste Gefahr…«
***
Ich zündete mir eine Zigarette an und ging wieder zurück in die Bar, wo die Polizisten noch immer damit beschäftigt waren, die Zeugen zu befragen. Soviel ich hörte, kam nicht viel dabei herum. Die Fragen wurden auf Englisch gestellt, da sich in der Bar überwiegend Ausländer aufgehalten hatten.
Den hageren Turbanträger sah ich an der langen Bartheke, wo er mit dem Mixer redete. Letzterer sprach hastig auf ihn ein und bekam große Augen, weil er mich entdeckt hatte. Er streckte den Arm aus, und sein Zeigefinger deutete wie ein Speer auf mich. Der Polizist drehte sich um. Er musterte mich kühl. Ich blieb vor ihm stehen, drückte die halbgerauchte Zigarette im Ascher aus und sagte: »Ich hätte gern mit Ihnen ein paar Worte gesprochen.«
»Bitte.«
»Unter vier Augen, wenn es geht«, erwiderte ich, denn der Mixer hatte schon große Ohren.
Er wurde verscheucht.
Nebeneinander ließen wir uns nieder. »Wer sind Sie, wie heißen Sie, woher kommen Sie?«
Der Beamte machte es kurz und kernig. Deshalb erhielt er auch von mir eine kurze Antwort. »Ich heiße John Sinclair, bin Oberinspektor bei Scotland Yard und komme aus London.«
Mein Gegenüber schluckte. »Ein Kollege?«
»Ja.« Ich zeigte ihm meinen Ausweis und reichte ihm dazu ein Blatt Papier, das von der nepalesischen Botschaft ausgestellt worden war und mir angeblich Tür und Tor öffnen sollte.
Der Polizist las sorgfältig. Dann gab er mir beides zurück. »Sie haben recht, Mr. Sinclair«, sagte er in fast einwandfreiem Englisch. »Doch weshalb sind Sie gekommen?«
»Ich hatte leider noch keine Zeit, mich bei Ihnen vorzustellen. Zudem haben mich die Ereignisse ebenso überrascht wie Sie. Aber dürfte ich auch Ehren Namen erfahren?«
Er sagte ihn mir, und es war ein Zungenbrecher. »Den behalte ich nie«, lachte ich.
»Dann nennen Sie mich einfach Marian.«
»Danke.«
»Die Zeugen haben angeblich nichts gesehen und können sich an nichts erinnern«, erklärte mir der nepalesische Kollege. »Können Sie da deutlicher werden? Stimmt es, das drei Mönche mit goldenen Köpfen hier aufgetaucht sind, und ihm«, er deutete auf den Toten, »etwas abgenommen haben?«
»Es stimmt.«
Scharf musterte Marian mich. »Dann können Sie mir einen detaillierteren Bericht liefern?«
»Das hoffe ich.«
Ich berichtete ihm, was wichtig war. Ich ließ allerdings aus, dass die Mönche die beiden Augen des goldenen Buddha gestohlen hatten.
Obwohl der
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