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Der goldene Schwarm - Roman

Der goldene Schwarm - Roman

Titel: Der goldene Schwarm - Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Knaus Verlag: Verlagsgruppe Random House GmbH
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später keine Erinnerung mehr daran, wie sie bis zum Haus des Botschafters gekrochen war, wobei sie sich komplett die Haut von Händen und Knien abgeschürft hatte.
    Edie erwachte in einem Krankenhausbett, und das Erste, was sie sah, war Frankie. Sie war so wunderschön, so vollkommen, dass Edie zu weinen anfing. Frankie streichelte ihr Gesicht und sagte ihr, alles würde wieder gut werden, und Edie wollte »Ich liebe dich« sagen. Aber sie schlief ein.
    »Bitte tu das nie wieder«, sagte Frankie streng, als sie wieder erwachte. »Lass dich nicht wieder so verwunden. Das schätze ich überhaupt nicht. Es würde mir gar nicht gefallen, wenn du weggehen und nicht zurückkommen würdest.«
    Edie versprach pflichtschuldig, sich nach Kräften zu bemühen. Später kam die Krankenschwester mit einem missbilligenden Blick herein, um Edies Verbände zu wechseln.
    »Mit dem Kinderkriegen wird es schwierig werden«, warnte die Schwester, »falls das zur Debatte steht. Aber nicht unmöglich, glaube ich.«
    Über Edies Hüfte prangten zwei rote, runde Einschusswunden.
    »Jetzt haben wir beide Narben«, murmelte Frankie vor sich hin.
    Ja. Frankie hatte alte Narben, hatte sie bereits bei ihrer ersten Begegnung gehabt. Edie hatte nie gefragt, wie sie zustande gekommen waren, und bemerkte sie inzwischen kaum noch. Aber jetzt, da Edie sie mit anderen Augen sah, wurde ihr klar, wo sie herrührten. Sie starrte vor sich hin. Frankie stieß einen kleinen Seufzer aus.
    »Oh, Liebe.«
    »Frankie …«
    »Ich war sehr jung, Edie. Ich war verliebt. Ich war töricht, und wir haben nicht aufgepasst. Ja, ich hatte ein Kind. Matthieu. Und dann … die Okkupation, der Krieg. Sie waren auf dem Schiff. Du weißt doch noch, wir haben davon erfahren, als ich zu Hause war.« Das Flüchtlingsschiff. Das gesunken war.
    »Frankie, es tut mir so leid, dass ich nie gefragt habe.«
    »Und mir tut es leid, dass ich es dir nie erzählt habe.« Es gab noch etwas anderes, was sie für sich behielt, aber Edie drängte sie nicht.
    Frankie besuchte sie nicht noch einmal im Krankenhaus. Edie konnte es nicht verstehen und wünschte sich, ihre Hand halten zu können. Sie nahm an, Frankie habe Angst, dass Edie sterben würde, dass sie es nicht ertragen könne, sie so schwach zu sehen. Doch mit der Zeit setzte sich noch eine andere Erklärung in ihren Gedanken fest, die unwürdig und inakzeptabel war: Frankie hatte jemand anderen gefunden.
    Edie war es egal, ob Frankie die gesamte königliche Leibgarde durchvögelte, solange sie Edie liebte. Solange sie nur da war, auf der Welt, mit ihren lächerlichen Optimierungen von Küchengeräten, ihren Polsterhosen und der Art, wie ihr die Haare beim Trinken immer in die Tasse fielen.
    Edie ging nach Hause und fand eine leere Wohnung vor. Keine Frankie. Keine Kreidegleichungen. Es war kalt und dunkel. Sie ging zum Lovelace , zu dem seltsamen Waggon, der mit Spulen, Wassertanks und blubbernden Gläsern gefüllt war. Auch er war leer. Sie rief Amanda Baines an, stellte fest, dass sie sich an Land befand, da die Cuparah gerade gewartet wurde, und erfuhr, dass es offenbar keine Spur von Frankie gab. Schließlich ging sie zum Elefantenhaus im Londoner Zoo, wo der einzige Dickhäuter im Dienst der britischen Regierung über ein besonderes Gehege und ein eigenes Bad verfügte. Sie fütterte den alten Freund mit Obststücken und Blättern und fragte sich, wie viel er von alledem verstand und ob Elefanten zum Tratschen neigten.
    Frankie kehrte zurück, gerade als Edie im Aufbruch zu einer weiteren Mission war, stumm und geheimnistuerisch. Sie küsste Edie so stürmisch, als würde die Welt untergehen, weinte und floh dann ins Schlafzimmer, wo sie sich wieder und wieder liebten und Frankie sagte, dass es ihr so, so, so sehr leidtue, dass sie nicht ins Krankenhaus gekommen war. Sie erklärte weder ihre Gründe noch wo sie gewesen war. Mitten in der Nacht wachte Edie auf und sah sie am Fenster stehen und nach Süden blicken.
    »Wo bist du gewesen?«, fragte Edie schließlich in die schreckliche Stille hinein. »Ich habe dich gebraucht.«
    »Woanders, wo ich noch mehr gebraucht wurde«, sagte Frankie. »Ich verspreche dir, Edie, es wird nicht noch einmal vorkommen.«
    Aber natürlich tat es das doch.
    Edie sagte Abel Jasmine, sie könne nicht mehr weiterarbeiten, sie müsse zu Hause bleiben. Abel Jasmine erwiderte, er verstehe das. Die Welt änderte sich ohnehin, und vielleicht war es Zeit, der neuen Generation das Feld zu räumen.
    Die neue

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