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Der große Gatsby (German Edition)

Der große Gatsby (German Edition)

Titel: Der große Gatsby (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: F. Scott Fitzgerald
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unbekannter Leute umher – auch wenn ich hier und da ein Gesicht entdeckte, das ich im Vorortszug schon einmal gesehen hatte. Mir fielen sofort die vielen jungen Engländer auf, die die Menge sprenkelten; alle gut gekleidet, alle ein wenig hungrig aussehend, redeten sie allesamt mit leiser, ernster Stimme auf solide und wohlhabende Amerikaner ein. Ich war sicher, dass jeder von ihnen etwas zu verkaufen hatte: Aktien oder Versicherungen oder Autos. Zumindest waren sie sich des leichtverdienten Geldes in ihrer Nähe schmerzlich bewusst und davon überzeugt, nur ein paar Worte im richtigen Tonfall würden reichen, und es wäre ihres.
    Gleich nach meiner Ankunft machte ich mich auf die Suche nach dem Gastgeber, doch die zwei oder drei Gäste, die ich nach ihm fragte, starrten mich nur entgeistert an und leugneten so vehement, die geringste Vorstellung von seinem Verbleib zu haben, dass ich mich schleunigst an die Cocktailbar verzog – den einzigen Ort im Garten, wo ein Mann längere Zeit herumstehen konnte, ohne beschäftigungslos und allein zu wirken.
    Ich war im Begriff, mich aus schierer Verlegenheit sternhagelvolllaufen zu lassen, als Jordan Baker aus dem Haus trat, sich oben an die Marmortreppe stellte und mit leicht zurückgeneigtem Oberkörper spöttisch, aber interessiert in den Garten herunterblickte.
    Ob es ihr recht war oder nicht – ich musste mich jemandem anschließen, ehe ich anfing, an jeden Vorbeikommenden warme Worte zu richten.
    »Hallo!«, brüllte ich und ging auf sie zu. Meine Stimme schallte unnatürlich laut durch den Garten.
    »Ich dachte mir schon, dass Sie vielleicht hier wären«, antwortete sie zerstreut, während ich die Treppe hinaufstieg. »Sie hatten ja gesagt, Sie wohnten gleich neben –«
    Sie behielt unbeteiligt meine Hand in der ihren, als Versprechen, dass sie sich mir in einer Minute widmen werde, und wandte sich zwei Mädchen in identischen gelben Kleidern zu, die am Fuß der Treppe stehenblieben.
    »Hallo!«, riefen sie im Chor. »Schade, dass Sie nicht gewonnen haben.«
    Das galt dem Golfturnier. Sie hatte in der Woche zuvor die Endrunde verloren.
    »Sie wissen sicher nicht, wer wir sind«, sagte eins der Mädchen in Gelb, »aber wir haben uns vor ungefähr einem Monat schon einmal hier getroffen.«
    »Sie haben sich in der Zwischenzeit die Haare gefärbt«, bemerkte Jordan, und ich zuckte zusammen, doch die Mädchen waren schon weitergezogen, und die Bemerkung ging an den Mond, der, wie die Speisen zweifellos aus einem der Lieferantenkörbe zutage gefördert, früher als sonst am Himmel stand. Jordan schob ihren schlanken goldenen Arm unter meinen, und wir stiegen gemeinsam die Treppe hinab und schlenderten durch den Garten. Ein Tablett mit Cocktails schwebte im Dämmerlicht auf uns zu, und wir setzten uns zu den beiden Mädchen in Gelb und drei Herren, die uns einer nach dem anderen als Mr. Murmelmurmel vorgestellt wurden, an einen Tisch.
    »Sind Sie häufig auf diesen Partys?«, fragte Jordan das Mädchen neben ihr.
    »Zuletzt war ich hier, als ich Sie getroffen habe«, antwortete das Mädchen mit wacher, selbstbewusster Stimme. Sie wandte sich an ihre Freundin: »Du nicht auch, Lucille?«
    Lucille auch.
    »Ich komme gerne her«, sagte Lucille. »Mich kümmert’s nicht groß, wo ich hingehe, deshalb amüsiere ich mich auch immer gut. Letztes Mal habe ich mir mein Kleid an einem Stuhl eingerissen – er hat mich sofort nach meinem Namen und meiner Adresse gefragt, und binnen einer Woche bekam ich ein Paket von Croirier’s mit einem neuen Abendkleid darin.«
    »Haben Sie’s behalten?«, fragte Jordan.
    »Natürlich. Ich wollte es heute Abend anziehen, aber es ist oben herum zu weit und muss noch geändert werden. Es ist gasblau, mit lavendelfarbenen Perlen darauf. Zweihundertfünfundsechzig Dollar.«
    »Ist doch irgendwie merkwürdig, wenn einer so was macht«, sagte das andere Mädchen eifrig. »Er scheint mit niemandem den geringsten Ärger haben zu wollen.«
    »Wer?«, fragte ich.
    »Gatsby. Ich habe gehört…«
    Die beiden Mädchen und Jordan beugten sich geheimnistuerisch vor.
    »Ich habe gehört, Gatsby soll mal jemanden umgebracht haben.«
    Uns überlief allesamt ein Schauer. Die Herren Murmelmurmel lehnten sich vor und lauschten eifrig.
    »Das glaube ich nicht«, wandte Lucille skeptisch ein. »Ich glaube eher, dass er im Krieg ein deutscher Spion war.«
    Einer der Männer nickte bestätigend.
    »Das hat mir ein Mann erzählt, der alles über ihn wusste; der mit

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