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Der Heilige Krieg

Der Heilige Krieg

Titel: Der Heilige Krieg Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Guido Knopp
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Streitmacht trotzen? Sein Sonderemissär in Konstantinopel erschien wie ein Bittsteller, als er in türkischer Kleidung vor den Sultan trat, um über die Verlängerung des Waffenstillstands zu verhandeln. »Wenn wir Türken Frieden haben wollten, so würden wir ihn immer haben«, prahlte ein osmanischer Beamter. Im August 1682 versammelte der Großwesir Kara Mustafa die Entscheidungsträger des Reiches, um über Krieg und Frieden zu beraten. Der Janitscharen-Oberst erklärte, die Soldaten wünschten Krieg, der Schatzmeister versicherte, das Geld für einen Feldzug ließe sich aufbringen.
    »Allah sei Lob und Preis, daß dank der segensreichen Gottergebenheit des sieghaften Großwesirs nun die Hand auf ein solches Land gelegt worden und dieses zum Tummelplatz der Pferde des islamischen Heeres geworden ist!«
    Zeremonienmeister des türkischen Heeres, Tagebucheintrag zu Beginn der Belagerung
    Doch Kara Mustafas Ehrgeiz ging über einen ungarischen Feldzug hinaus. Würde er Wien erobern, so wäre nicht nur Ungarn gewonnen, sondern dann stände auch das Tor nach Deutschland offen. Ruhm und Ehre wären ihm nach der Eroberung des »goldenen Apfels« Wien ebenso sicher wie seine Macht im osmanischen Staat unantastbar. Und in Wien lagerten, so glaubte man, ungeheure Schätze. Im April 1683 zog die osmanische Armee von Edirne, der alten Hauptstadt, nach Westen.
    Auf ihrem Marsch wurde sie von den christlichen Verbündeten aus Ungarn und von Krimtataren verstärkt, 150 000 Soldaten zählte schließlich
die »in ihrer unendlichen Zahl dem Sternenmeer vergleichbare Streitmacht des Islam«, so das Kriegstagebuch.
    Der lokale ungarische Konflikt nahm jetzt europäische Ausmaße an. »Auff, auff, ihr Christen!«, heizte der katholische Prediger Abraham a Sancta Clara im Juli 1683 noch einmal zum Heiligen Krieg an. »Greifet ganz beherzt zu den Waffen. Die Hand Gottes und der Christen Faust werden ungezweifelt die ottomanische Gewalt zurück treiben, ihm den großen Übermuth stutzen, seinen blutgierigen Säbel zertrümmern und der gesamten Christenheit eine trostvolle Viktorie erwerben!« Habsburg konnte Polen, das ebenfalls vom Osmanischen Reich bedroht wurde, als Verbündeten gewinnen im Kampf »wider den türkischen Blut-Egel«. Papst Innozenz XI., noch heute von der Kirche als »Verteidiger des christlichen Abendlandes« gefeiert, bezuschusste das Bündnis mit 1,5 Millionen Gulden. Auch das Reichsheer würde den Kaiser beim Kampf gegen die Invasoren des Heiligen Römischen Reiches Deutscher Nation unterstützen.
    Die größte Angst Habsburgs aber war, dass die Osmanen von ihrem alten europäischen Verbündeten Frankreich Hilfe erhalten könnten. Würde Ludwig XIV. im Westen eine zweite Front errichten, so müsste der Kaiser seine Kräfte aufspalten. Zum Glück für Habsburg lehnte der Sonnenkönig aber jedes französisch-osmanische Zusammenwirken ab – aus Sorge um sein Ansehen in Europa. Erst später würde er den habsburgisch-osmanischen Krieg nutzen, um den Westen des Reiches anzugreifen.
     
    Nach der Belagerung durch das Heer Süleymans waren die Verteidigungsanlagen der Stadt von Grund auf erneuert worden. 1683 gehörte Wien zu den modernsten Festungen Europas. Nahezu ebenerdig gebaut, bot die Stadt dem immer wirkungsvolleren Artilleriefeuer möglichst wenig Trefferfläche. Die sternförmige Befestigung wurde nach strengen mathematischen Regeln konstruiert und hatte keine toten Winkel mehr. Jeder Angreifer, der Graben und Mauer überwinden wollte, konnte von allen Seiten unter Feuer genommen werden.
    Doch die Osmanen beeindruckte das nicht weiter: »Die Stadt schien stark, ihre Verteidiger dagegen schwach«, notierte ein Belagerer. Aus 200 Kanonen wurde Wien seit dem 14. Juli unter Feuer genommen. Mit Laufgräben schaufelten sich die Angreifer wie Maulwürfe durch das
freie Vorfeld an die Stadt heran. Dann gruben sie sich unter die Erde. Die osmanischen Pioniere sollten durch Sprengminen die Mauern Wiens zum Einsturz bringen. In der Stadt zeigten mit Wasser gefüllte Eimer am Rand der Mauer den Verteidigern die unterirdischen Erschütterungen an. Gegenstollen wurden angelegt, um die Tunnel der Angreifer zu zerstören.
    Bild 86
    Osmanischer Plan von der zweiten Belagerung Wiens, das 1683 aufgrund seiner neuen Verteidigungsanlagen zu den modernsten Festungen Europas zählte.
    »Die kampfbegierigen Glaubensstreiter gingen wie die ausgehungerten Wölfe zum Angriff über«, bemerkte der osmanische Chronist. Für Wochen

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