Der hellste Stern am Himmel
Poppy heiratet nächsten Mittwoch. Sie ist dem Zusammenbruch nah.«
»Das wollte ich immer schon fragen: Warum bist du nicht eine der Brautjungfern?«
»Ihre Mutter kann mich nicht ausstehen. Außerdem hat Poppy eine perfekte Cousine, Cecily. Als Kinder haben sie sich geschworen, Brautjungfern füreinander zu sein.«
»Und mit wem gehst du hin?«
Bis vor kurzem war es Gilbert gewesen. »Mit niemandem, wie es aussieht. Bewirbst du dich darum?«
»Möglich.«
»Du kannst mitkommen, solange ich nicht auf dich aufpassen muss. Heißt das, du bist mein neuer Freund?«
»Weiß nicht. Heißt es das?«
Dann war er weg. Hatte aufgelegt! Das machte er immer. Er behielt immer das letzte Wort, darin war er spitze.
Nachdem sie das Telefon einen Moment angeblitzt hatte, wählte sie Poppys Nummer. »Conall Hathaway will zu deiner Hochzeit kommen.«
»Heißt das, er ist dein neuer Freund?«
»Das habe ich ihn auch gefragt.«
»Vielleicht ist er es«, sagte Poppy. »Und wie läuft es mit dem entzückenden Andrej?«
»Ich bin geheilt.« Seit sie die Nacht in Hathaways supergroßem Bett verbracht hatte, war sie nicht mehr mit Andrej zusammen gewesen. Aber eigentlich wusste sie nicht genau, ob sie ihn in der ganzen letzten Woche, zwischen dem Scan ihrer Mutter und mehreren Gipfeltreffen in Boyne, überhaupt gesehen hatte. Oder sogar länger nicht. »Und sag nicht entzückend.«
ZEHN TAGE …
Jemima wälzte sich im Bett und versuchte eine Lage zu finden, in der sie keine Schmerzen spürte. Grollo stieg neben ihr aufs Bett und legte seinen Kopf auf ihren Bauch. Die Wärme seines Körper war ein gutes Schmerzmittel, was sie ihm häufig bestätigte. Aber jetzt wand sie sich und war unruhig, und er war nicht überrascht, als sie sagte: »Entschuldige, Grollo, mein Schatz, doch heute ist mir das Gewicht von deinem Kopf unerträglich.«
Er war nicht überrascht, das nicht. Aber verletzt, jawohl, zutiefst verletzt. Er sprang vom Bett herunter und stolzierte mit steif vorgerecktem Kopf zu seinem Korb, wo er schmollte. Dann spannten sich seine Muskeln. Fionn! Der Hass, den Grollo gegen Fionn hegte, war so groß, dass er Fionn auf weite Entfernung spüren konnte.
Fionn war mit Katie unten auf der Straße. Sie stiegen, nein, taumelten aus einem Taxi und versuchten, den Schlüssel ins Schloss zu stecken; und jetzt kamen sie die Treppe rauf, kichernd und lallend. Sie hatten einen in der Krone, um den Ausdruck zu benutzen, den Jemima benutzte, den Grollo aber nicht verstand. Fionn und Katie hatten keine Krone, sie brachten auch keine mit, sondern machten seine Herrin nur traurig. Grollo schüttelte entrüstet den wolligen Kopf.
Bis vor kurzem hatte er Katie gemocht – soweit es ihm möglich war, überhaupt jemanden zu mögen –, aber ihr Techtelmechtel mit Fionn zeigte doch einen bedauernswerten Mangel an Geschmack und Urteilsvermögen.
Grollo bemühte sich um ein verächtliches Kräuseln der Lefzen und lauschte dem Kichern und Flüstern des
Liebespaares, das auf Strümpfen die Treppe hochkam. Immer wieder hörte er »Psst!« und ein unterdrücktes Lachen. So ungehörig! »Lass das, du Lustmolch!«, verlangte Katie in heiserem Flüstern, und Grollo überlegte, was er gemacht hatte. Ihr unter den Rock gefasst? Sich ihre Hand an den Schwanz gelegt? Ein Poltern war zu hören. Wahrscheinlich hatte er sie an die Wand gedrückt und geküsst. Meine Güte, dieses Geknutsche!
Sie schlichen sich an Grollo vorbei, der hinter Jemimas Tür verborgen lag und leise knurrte. Gleich würden sie in Katies Wohnung ganz oben verschwinden und sich geräuschvoll ihren sexuellen Begierden hingeben.
Seit fast drei Wochen hatte Fionn keine Nacht in Jemimas Wohnung verbracht. Er wohnte praktisch bei Katie. Diese Entwicklung kam Grollo sehr zupass, denn nicht nur hatte er Jemima wieder ganz für sich, sondern er konnte sich auch in heuchlerischer Verachtung ergehen. Was war Fionn doch für ein wankelmütiger, rückgratloser Kerl! So unloyal und undankbar. In seiner Jugend, als er zart und verletzlich war, hatte Jemima sich seiner angenommen, und jetzt, kaum hatte er sich mit der wohlduftenden, großbusigen Katie zusammengetan, ließ er Jemima fallen wie eine heiße Kartoffel.
Die arme Jemima versuchte sich nicht anmerken zu lassen, wie traurig sie war. »Katie ist eine nette Frau. So vernünftig. Aber wie lange wird sie bei Fionn bleiben? Das ist die Frage.«
In letzter Zeit sahen sie Fionn nur, wenn er hereinkam, um seine Einladungen zu irgendwelchen
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