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Der Herr der Habichts - Insel

Der Herr der Habichts - Insel

Titel: Der Herr der Habichts - Insel Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Catherine Coulter
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nicht das eines alten Mannes. Nein, in seinen schwarzen Augen leuchtete ein Funke des Triumphes auf. »Ich sehe dir nicht zu, aber ich bleibe hier«, sagte er und ließ sich mit erstaunlicher Geschmeidigkeit auf einem weichen Polster nieder.
    Mirana begab sich mit dem seidigen Gebilde in die entfernte Ecke des kleinen Gemachs.
    »Während du dich umziehst, erzähle ich dir, was nun weiter geschieht«, sagte er. Hatte seine Stimme einen tieferen Klang? Kopfschüttelnd streifte sie rasch ihre Kleider ab, und die Seide glitt erregend kühl über ihre Haut.
    Er sah sie schweigend an. »Löse dein Haar«, sagte er.
    Sie löste die dicken Flechten und ließ die Finger durch das Haar gleiten, das in weichen Wellen über ihre Schultern fiel.
    »Ja«, meinte er. »Ein wenig Kajal um die Augen, und du siehst ihr täuschend ähnlich. Sie war sanft und wohltuend wie der Sommerregen, der die Erde im Luftatal benetzte. Sie gab mir alles, was ich je begehrte.«
    »Wovon sprichst du?«
    Er erhob sich mit jugendlichem Schwung. Nun wußte sie mit Sicherheit: vor ihr stand kein alter Mann, in dessen schwarzen Augen der Triumph leuchtete.
    »Der König erwartet, daß ich dich in der Kunst unterweise, seine schlaffe Männlichkeit zum Leben zu erwecken, doch das werde ich nicht tun. Er wird dich nie berühren, das schwöre ich.«
    Aus dem Nebenraum war lauter Krach zu hören.
    »Es wurde Zeit«, sagte Hormuze ungerührt. »Es dauerte schon lange genug.«
    Die Seidenbehänge wurden aufgerissen. Der König stand da auf schwankenden Beinen, sein Gesicht war blutrot, seine Pupillen von einem Grauschleier bedeckt, und seine Kehle bewegte sich in wilden Schluckbewegungen; er rang nach Luft. »Du«, krächzte er, den glasigen Blick auf Hormuze gerichtet.
    »Ja, Majestät« sagte Hormuze. »Ihr seid immer noch auf den Beinen. Das Gift, das ich Euch verabreicht habe, müßte ausreichen, um einen Stier zu Fall zu bringen. Ihr habt mehr Kraft, als ich dachte. Es ist wohl der Starrsinn des Alters, der Euch noch aufrecht hält.«
    »Ich habe dir vertraut«, röchelte der König. »Ich habe dich aufgenommen, auf dich gehört, ich habe dich mit Macht ausgestattet. Warum tötest du mich?«
    »Euch töten, Majestät? Wo denkt Ihr hin. Es wird alles genauso eintreffen, wie ich es vorhergesehen habe.
    Morgen werdet Ihr als junger König vor Eure Krieger treten.«
    Hormuze riß sich den wallenden, grauen Bart vom Gesicht, streifte den Umhang ab, entfernte die Wattierung um seine Mitte und rieb sich die Tinktur aus dem Gesicht.
    Er lächelte ein gewinnendes Lächeln. Er war ein fremdländisch aussehender, schöner Mann. Sein Körper war muskulös und stark, ein Mann in den besten Jahren.
    »Gleiche ich dem Mann, der Ihr einst wart? Als ich zu Euch kam, wußte ich, was zu tun war, denn ich hatte sie schon gesehen. Sie war damals sehr jung, keine fünfzehn, soweit ich mich erinnere. Sie sah mich nicht, aber ich wußte, was ich wollte. Seht Euch meinen Körper an, Majestät, er ist jung und kraftvoll. Ich werde Söhne mit ihr zeugen, Söhne, die über Irland herrschen bis in alle Ewigkeit, genau wie ich es vorausgesagt habe. Seht mich an, denn Eure Zeit ist um. Ich war nie ein verwöhnter Prinz wie Ihr, dem jeder Wunsch erfüllt wurde; ich habe weder Fett angesetzt, noch habe ich extravagante Launen, mit denen ich meinen Hofstaat in Angst und Schrecken versetze, und ich halte mich nicht für klüger oder besser als andere im Land. Aber ich habe Ähnlichkeit mit Euch, als Ihr ein junger Mann wart, Majestät. Morgen werden mir alle Menschen zujubeln, man wird Hormuze loben und preisen, den Ratgeber, den weisen Zauberer, der über Nacht verschwand, um in fernen Jahrhunderten in einem fremden Land wiederzukehren, um dann seine Zauberkräfte erneut wirken zu lassen.«
    Sitric starrte den jungen Mann an, der nackt und stolz vor ihm stand.
    »Ich bring dich um«, krächzte er heiser, »ich peitsche dich aus, bis du als stinkender Haufen Blut, Fleisch und Knochen zu meinen Füßen liegst.« Er riß den Mund auf, doch es kamen keine Worte mehr. Röchelnd fiel er zu Boden, seine Hände krallten sich um den Hals, doch dann fielen ihm die Arme schlaff zur Seite.
    Hormuze kniete neben ihm nieder. »Er ist tot. Bei den Göttern, endlich ist der alte Narr tot.«
    Er erhob sich und wandte sich an Mirana. »Das erschreckt dich, und du begreifst noch nicht. Vertraue mir, mehr verlange ich nicht. Du bist bleich und verängstigt. Es tut mir leid, ich habe gehofft, er stirbt im

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