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Der Herr der zerstörten Seelen

Der Herr der zerstörten Seelen

Titel: Der Herr der zerstörten Seelen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Heinz G. Konsalik
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Metallschlitz, genau wie Tennhaff sie angewiesen hatte. Sie drehte den Türknopf und drückte mit der Schulter gegen das Holz. Nichts. Kati schloß die Augen, ihr Herz trommelte. Für ein paar Augenblicke stieg Panik in ihr auf, aber dann brachte sie es doch fertig, das wilde, schlingernde Rad der Gedanken zu verlangsamen. Vielleicht hast du die Karte falsch reingeschoben? Kati drehte sie um und versuchte es nochmals.
    Die Tür ging auf. Schnee, ein ganzer Schwall von Flocken wehte auf sie zu, doch für Kati existierte nur das Pfeifen des Düsenmotors und das laute Knattern eines sich drehenden Hubschrauberrotors.
    Mein Gott, dachte sie, hilf! Lieber Gott, hilf! Und rannte, den Rucksack im rechten Arm, wie Tennhaff es ihr befohlen hatte: »Den Rucksack am Arm, sonst behindert er beim Einstieg. Also reinwerfen, einsteigen – und ab!«
    Reinwerfen, einsteigen und ab …
    Und da war die Maschine, zuvor noch ein Schatten, nun stabiles Metall. Die Tür stand offen, eine winzige Treppe war heruntergeklappt, und da war der fauchende Luftstrom, der an Katis Jacke und ihrer Kapuze riß und sie sich ducken ließ – und vor allem: Tennhaffs Gesicht, Tennhaffs Hand …
    Sie stieg hoch.
    Noch während sie sich drehte, um sich in den Sitz neben den Piloten fallen zu lassen, erkannte sie die Lichtflecken: bösartige, helle Augen, die sich rasend schnell näherten, ein Schatten in diesem ganzen verrückten weißen Schneetanz, ein Schatten, der Konturen bekam – die Umrisse eines Jeeps.
    Tennhaff stieß den Gashebel nach vorne, gab vollen Schub. Das Triebwerk brüllte auf, er stellte auf Steigleistung, der Irre dort draußen wollte ihn rammen, der Jeep zog eine Kurve. Er will dich von der Seite kriegen, aber unter deinem Arsch bewegt es sich, die Bell geht hoch, er kommt zu spät … Servus!
    Tennhaff beugte sich etwas vor: Sie springen aus dem Jeep. Drei! Und sicher Rocca darunter … Und jeder der drei reißt den Arm hoch … Plopp-plopp-plopp …
    Die Schüsse klangen, als würden irgendwo Erbsen auf ein Blechdach geworfen.
    »Sie schießen!« rief Kati.
    Na und?
    Tennhaff zog die Bell in einen steilen Aufwärtsturn.
    Und dann war nichts mehr um sie als wirbelnder, tanzender Schnee …
    Außer in den Frühnachrichten des Bayerischen Fernsehens gab es keinen Bericht über Hannes Tod. Doch Jan hatte das Fernsehgerät immer noch an und zappte mit der Fernbedienung herum, als ob das etwas ändern würde, als ob man noch etwas hinzufügen könnte … Hanne gab's nicht mehr. Hanne Moser war siebenundsechzig Jahre alt geworden, Sternbild Fisch. In sechs Wochen hätte Do sich den Kopf darüber zerbrochen, was sie ihr diesmal zum Geburtstag schenken könnte, und vermutlich wären es eine Handtasche, ein Paar Hausschuhe oder ein Pullover geworden …
    Jan hielt den Blick auf das Gerät gerichtet. Er war wieder bei N-TV angekommen, aber N-TV brachte nichts als einen schwammigen Typ mit Brille, der von irgendwelchen Aktien faselte, die rauf- oder runtergingen.
    Do nahm Jan die Fernbedienung aus der Hand, schaltete ab und griff nach der Kaffeetasse.
    Auf dem Tisch standen Brötchen aus Jans gestrigem Supermarkt-Einkauf. Er hatte sie im Ofen aufgewärmt. Do hatte sie nicht angerührt, sie hatte auch kaum geschlafen, die ganze Nacht hatte sie wach im Bett gelegen, und das einzige, was sie zu beruhigen vermochte, war Jans Gegenwart, sein Atem, die Wärme, die von seinem Körper zu ihr hinüberströmte und ihr etwas wie Ruhe vermittelte, weil sie von früher noch so vertraut schien. Ruhe und Schutz …
    Nun benötigte Do das bißchen Kraft, das ihr geblieben war, um sich zu konzentrieren und die Erinnerung an Hannes Gesicht zu verdrängen und an das, was sie mit ihr gemacht hatten.
    »Ich könnte alles von hier aus organisieren«, sagte Jan. »Ich bin mir ganz sicher, daß Böhler mir die Bude überläßt. Er braucht sie schließlich nicht. Es kostet mich einen Anruf.«
    Sie waren sich einig geworden, daß die Wohnung als Versteck nichts taugte. Eine kleine abgelegene Wohnstraße, wenig Leute, das war viel zu gefährlich. Das Richtige wäre ein Appartement in einem Miet-Silo, in dem ein Haufen Menschen wohnte und in dem man schön anonym untertauchen konnte. Böhler, einer von Jans Freunden, irgendein Mensch, der in Hanau wohnte, schien so etwas als Zweitwohnung in der Schleißheimer Straße zu besitzen.
    »Jan, was soll das? Das ist jetzt das wenigste … Ich muß Kontakt mit Tommi bekommen. Ich finde das gar nicht gut, daß er sich noch nicht

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