Der Herzberuehrer
daran finden könnte. Es hatte etwas Kulissenhaftes und Daniele, nun ja, er war ein wenig so wie aus einem Fellini-Film entsprungen...
Als sich die vertraute, hellgrüne Türe in der Via Cesare vor mir öffnete, begrüßte mich ein aufgeregt lächelnder Daniele, der nichts weiter trug als einen knielangen, himmelblauen Kimono.
Shiros Kimono...
Wieso nur, dachte ich bei mir, war ich immer wieder überrascht von seinen Aktionen?
Nichtsdestotrotz kam ich seiner Aufforderung nach, ihm zum Flurspiegel zu folgen.
»Sieh her...«, sagte er lächelnd, als wollte er mir einen besonders gelungenen Kartentrick vorführen. Und mit einem gekonnt lasziven Schulterzucken ließ er die Seide von seinem Körper gleiten. Dabei begann er sich absurderweise wie eine Spieldosen-Ballerina im Kreise zu drehen. »Was sagst du...?«, fragte er, und sein Gesicht strahlte mir erwartungsvoll entgegen.
Im ersten Moment war ich einfach nur sprachlos, während mein ungläubiges Auge seinen Körper taxierte, doch endlich entglitt mir ein »Großartig!«
Daniele hatte wirklich Wort gehalten. Es gab keine frischen Verletzungen an seinem Körper. Von ein paar kleineren Verbrennungen an den Fußgelenken einmal abgesehen.
»'Ele, ganz ehrlich, das hätte ich nie geglaubt...«
Sein Lächeln wurde breiter. »Ich weiß...« Er zeigte stolz an seinem von Narben gezeichneten Körper herab. Kein Schorf, keine Entzündungen, keinerlei Hämatome. Ich konnte es nicht fassen. Für Danieles Verhältnisse war er praktisch so gut wie unversehrt.
»Wie hast du das geschafft?«
»Ich bin vielleicht willensstärker, als du denkst...«
Dem musste wohl so sein.
Ich ging in die Knie, hob den Kimono auf und reichte ihn ihm.
»Das sollten wir feiern.«, schlug ich vor.
Und so taten wir es...
·
Der Strand von Celle Ligure erinnert mich jedes Mal an Zuhause. Nur dass die Sonne hier postkartengerecht über dem Meer steht und nicht hinter den Bergen.
Ich liebte es, den Blick in die Weite zu schicken, ganz in die Ferne...
Zuvor war die Entscheidung gegen Portofino gefallen. Daniele kannte es schon, und es gefiel ihm nicht.
»Strand finde ich gut...«, sagte er mir, nachdem er sich etwas angezogen hatte. »...Und Essengehen auch, aber nicht in diesem Kaff. Ja?«
»Und? Was schwebt dir so vor?«
»Warst du schon mal in Savona?«
Ich verneinte. Savona war eine Industriestadt westlich von Genova. Wollte man nach Korsika, dann nahm man die Fähre von Savona. Mehr Informationen besaß ich nicht, und ich bezweifelte auch stark, dass es sehr vielmehr Wissenswertes darüber gab...
»Da wollte ich schon immer mal hin...«
Eine typische Daniele-Idee.
»Wieso denn das nur?«
»Da ist immer dieses Schild an der Via del Campasso - Savona 50,5 Kilometer - darum...« Als sei es der logischste Grund auf der Welt.
Also wurde aus dem romantischen Portofino das industrielle Savona.
Zuvor jedoch, in dem Punkt waren wir uns einig, stoppten wir am Strand von Celle Ligure.
Sah man einmal davon ab, dass das Wasser um diese Zeit zu kalt zum Baden war, so gab es ansonsten eigentlich nur Vorteile, einen italienischen Strand im Winter aufzusuchen.
Die Sommermöblierung war verschwunden, es fehlten die exakt abgezirkelten Schirm-Linien und was das beste war - man hatte seine Ruhe, konnte der inneren Bahn folgen, ohne damit rechnen zu müssen, dass einem ständig jemand vor die Füße lief.
»Du kommst vom Meer, nicht wahr?«
»Aus Fano, ja«. Ich spürte einen kurzen Stich, als ich das sagte. »Und du? Warst du früher oft am Meer...?«
»Immer zu Fer d'Agosto, mit meinen Eltern... in Lacona auf Elba...«
»Muss sehr schön sein, da...«
»Das stimmt. Die Familie meiner Mutter kommt von dort... Da waren wir dann immer...«
»Hast du eigentlich noch Kontakt... zu deinen... Eltern?« Ich wusste nicht, ob es eine heikle Frage für ihn war, aber da man bei Daniele nie etwas einschätzen konnte, stellte ich sie einfach.
»Ich denke nein...«, antwortete er denn auch auf seine typische Art.
»Du denkst nein?«
»Sie reagieren nicht auf meine Post. Also hab ich ja irgendwie Kontakt, aber sie nicht...«
»Hast du schon mal versucht, sie anzurufen?«
»Ich telefoniere nicht gerne...«
Irgendwie konnte ich ihn verstehen. Nicht beantwortete Post ließ noch etwas offen. Eine Möglichkeit, eine Chance, und sei sie auch noch so winzig. Ein Anruf schuf Fakten.
»Würdest du sie denn gerne wiedersehen?«
»Ja, natürlich...«
Na, so natürlich fand ich das nicht. Immerhin hatten
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