Der Hexer - NR08 - Im Bann des Puppenmachers
– das war eine dieser neumodischen (und sündhaft teuren) Erfindungen, die sich jetzt überall auf dem Kontinent ausbreiteten und denen niemand im Ernst eine große Zukunft zutraute. Aber es war das erste Mal, daß ich eine elektrische Lampe sah. Der Anblick verwirrte mich. Aber das hätte der Anblick einer menschengroßen, sprechenden Puppe, die sich wie ein Wesen aus Fleisch und Blut bewegte, vor Tagesfrist auch noch getan.
Als wir das Ende des Ganges betraten, blieb Balestrano stehen. Wie vorhin am Tor gingen zwei seiner Männer an ihm vorbei und verschwanden hinter der Tür, und wie vorhin warteten wir, daß sie wiederkamen.
Ich wandte mich an Looskamp, der einen halben Schritt hinter mir stehengeblieben war. »Bruder Jean scheint diesem Laurec nicht gerade zu trauen«, sagte ich.
Looskamp sah mich mit sonderbarem Ausdruck in den Augen an. »Unsinn«, sagte er, so schnell und so heftig, daß die Antwort kaum überlegt war, sondern ganz automatisch zu erfolgen schien. Dann zuckte er mit den Achseln, starrte einen Moment zu Boden und nickte; wenn auch sehr widerwillig. »Vielleicht hast du sogar recht«, sagte er plötzlich. »Irgend etwas stimmt hier nicht.«
Balestrano sah auf. »Bruder Looskamp!« sagte er scharf. »Schweig!«
»Warum?« fragte ich wütend. »Glauben Sie, ich wäre blind, alter Mann? Es gibt nur zwei Erklärungen für das, was ich hier sehe – entweder es ist bei euch Templern üblich, mit einer Armee und dem Schwert in der Hand eure Freunde zu besuchen, oder hier stimmt wirklich etwas nicht. Wer ist dieser Sarim?«
Balestrano schwieg einen Moment, dann seufzte er. »Sie haben recht, Craven«, sagte er. »Es wäre sinnlos, die Wahrheit zu leugnen. Bruder de Laurec ist der Puppet-Master unseres Ordens, der –«
»Der was?« unterbrach ich ihn.
Der greise Templer lächelte verzeihend. »Es ist sein Talent, Macht über leblose Dinge zu gewinnen«, erklärte er. »So wie DeVries der Animal-Master war, dem die Herrschaft über die hirnlose Kreatur gegeben war.«
Ich begriff. »Der Herr über die leblosen Dinge«, murmelte ich. »Dann war diese... diese Kreatur, die Rowlf und mich fast umgebracht hätte, sein Werk?«
»Ich fürchte es«, gestand Balestrano. »Das künstliche Auge, das Sie mir gaben – erinnern Sie sich?«
Das war die mit Abstand dämlichste Frage, die ich in den letzten Wochen gehört hatte. Trotzdem nickte ich nur stumm.
»Es gibt nur einen Menschen auf der Welt, der so etwas erschaffen kann«, sagte Balestrano. Plötzlich wirkte er besorgt. »Bruder de Laurec. Er hat meinen Befehl mißachtet. Und ich fürchte, nicht nur diesen.« Er wandte sich an Looskamp, und seine Augen waren dunkel vor Sorge. »Wir hätten es niemals berühren sollen, dieses Teufelsding.«
»Wovon reden Sie?« fragte ich.
»Von nichts«, sagte Looskamp rasch. »Jedenfalls nichts, was dich anginge, Robert.«
»Ach?« sagte ich spitz. »Wie zum Beispiel kristallene Gehirne, meinst du?«
Looskamp wollte auffahren, aber Balestrano brachte ihn mit einem raschen Wink zum Schweigen. »Laß nur, Bruder Looskamp«, sagte er. »Craven hat nicht einmal so unrecht. Vielleicht war es ein Fehler, den Herrn des Labyrinths in unsere Gewalt bringen zu wollen. Dieses Ding ist von Übel und nicht für Menschenhand gedacht. Wir hätten es zerstören sollen.«
»Was... was bedeutet das?« fragte ich leise. Ein schrecklicher Verdacht begann in mir Gestalt anzunehmen. »Was haben Sie getan?«
»Wir haben versucht, die Macht des Gehirns unter unsere Kontrolle zu bringen, Craven«, antwortete er ernst. »Aber der Versuch scheiterte.«
»Scheiterte? Was geschah?«
»Nichts, was einer von uns erklären könnte«, erwiderte Balestrano ausweichend. »Nur so viel – um ein Haar wären ich und alle, die Sie hier sehen, ums Leben gekommen. Bruder de Laurec war es, der uns rettete.« Er schwieg eine Sekunde. »Aber ich fürchte«, fügte er dann hinzu, »daß irgend etwas mit ihm geschehen ist.«
Die Tür am Ende des Ganges wurde geöffnet, und einer der beiden Templer kam zurück. Er hatte Hut und Mantel abgestreift und trug jetzt nur noch das Zeremoniengewand des Ordens – schwarze Hosen, ein feingewebtes Kettenhemd, das in einer Art Kapuze endete, und darüber ein weißes Hemd mit dem gleichschenkeligen Kreuz des Templerordens. In seiner Rechten blitzte ein Schwert. Balestrano wandte sich um und sah ihn fragend an.
Der Mann nickte, trat beiseite und machte eine einladende Handbewegung. Dicht hinter Balestrano
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