Der Highlander und die Kriegerin
ihr Vater tauchten im Torweg auf, und einer von Camerons Männern trat vor, um ihr aus dem Sattel zu helfen. Als ihre Füße den Boden berührten, hätten ihre Knie beinahe nachgegeben. Doch sie war fest entschlossen, sich auf den Beinen zu halten. Ihr Pferd wurde fortgeführt, und sie ließ es geschehen.
„Welch interessante Geschichte Ihr Euch da zurechtgelegt habt, Mylady.“ Cameron sah sie durchdringend an. „Meine Aufmerksamkeit ist Euch sicher.“
Rionna schaute zu ihrem Vater hinüber und fragte sich, ob er durch Cameron zu eingeschüchtert war, um von sich aus das Wort zu ergreifen. Ihr Vater starrte zurück, die Miene ausdruckslos. In seinen Augen allerdings blitzte Argwohn.
„Und? Ist er nun tot?“, verlangte sie zu wissen.
Cameron schüttelte den Kopf, und abermals drohten Rionna die Beine wegzuknicken, dieses Mal vor Erleichterung.
„Nay, noch nicht“, sagte Cameron. „Er ist erst seit Kurzem hier. Verratet mir doch, wie Ihr so schnell hier auftauchen konntet.“
„Als meine Männer mir berichteten, was vorgefallen ist, konnte ich mein Glück kaum fassen. Deshalb wollte ich mich mit eigenen Augen überzeugen. Wenn es wahr ist, dass mein Vater Caelen McCabe ergriffen hat, bin ich Euch zu Dank verpflichtet.“
„Was soll der Unfug, Tochter?“, grollte ihr Vater.
Cameron hob die Hand und brachte ihn zum Schweigen. „Es gibt wohl nur einen Weg, des Rätsels Lösung zu finden. Kommt, Mylady. Es ist kalt, und Ihr seid weit geritten.“
Er bot ihr den Arm, und Rionna hakte sich dankbar lächelnd unter. „Habt Dank, Laird Cameron. Es stimmt, ich bin müde, die Erleichterung hat mich ohne Rast hergetrieben. Zudem wollte ich bei Euch Obdach erflehen.“
„Obdach? Werte Dame, was veranlasst Euch, Obdach zu erflehen?“ Cameron geleitete sie über den Hof und die Treppe zum Wohnturm hinauf.
Wärme schlug ihr ebenso entgegen wie beißender Gestank. Rionna rümpfte die Nase, und es kostete sie alle Selbstbeherrschung, die Übelkeit niederzuringen.
Die Tunika, die sie trug, verbarg ihren leicht gewölbten Bauch. Ihre Schwangerschaft war zum Glück noch nicht so weit fortgeschritten, dass sie offensichtlich war. Cameron wissen zu lassen, dass sie Caelens Kind trug, war das Letzte, was sie wollte.
„Aye, Obdach. Glaubt Ihr etwa, ich sei vor Ewan McCabe noch sicher, sobald bekannt wird, dass ein McDonald seinen Bruder verschleppt hat?“
„Wieso wollt Ihr Euren Gemahl töten?“, fragte Cameron freiheraus.
Mit einer Geste bat er sie, auf einem der Stühle am Feuer Platz zu nehmen, und dieser Aufforderung kam sie erleichtert nach. Sie wusste nicht, wie lange sie sich noch hätte auf den Beinen halten können.
„Ist das von Belang?“, gab sie ruhig zurück.
„Es fällt mir schwer zu glauben, dass Ihr Euch mitten im Winter schutzlos aufmacht, einen Mann zu meucheln, der im Grunde schon tot ist.“
„Ich hasse ihn“, spie sie. „Ich hasse alle McCabes. Sie haben unseren Clan mit Füßen getreten. Auch die Führung meines Vaters hat mir nie zugesagt, aber wenigstens ist er ein McDonald. Die McCabes haben mich auf Schritt und Tritt gedemütigt. Wenn Ihr mir schon nicht gestatten wollt, den Mistkerl umzubringen, so möchte ich zumindest zusehen. Und ich erbete Euren Schutz, bis die Fehde mit den McCabes ausgestanden ist.“
„Ihr seid eine seltsame Frau, Rionna McDonald. Oder sollte ich lieber Rionna McCabe sagen?“
Sie fuhr hoch, zog das Schwert und richtete es auf Cameron. Sie hoffte, ihn mit ihrem Wagemut zu beeindrucken, ihn davon zu überzeugen, dass ihr tatsächlich alles daran lag, ihren Gemahl sterben zu sehen. Sie war verzweifelt und wusste, dass sie sich an einen Strohhalm klammerte.
„Diesen Namen will ich nicht hören“, zischte sie.
Cameron schob die Klinge beiseite, als verscheuchte er eine lästige Fliege. „Und ich lasse mir auf meiner Burg nicht von einer Frau mit dem Schwert vor der Nase herumfuchteln.“
Er wies sie an, sich wieder zu setzen, und schaute kurz ihren Vater an, der neben ihr stand.
„Ihr habt mich neugierig gemacht, Rionna. Womit hat Caelen McCabe Euch so zornig gemacht?“
Sie blickte zu ihrem Vater auf. Nun würde sie auch ihn übertölpeln. Wenn es ihr gelang, würde es ihre Geschichte gar noch untermauern, so aberwitzig sie für Cameron auch klingen mochte.
„Caelen McCabe hat darauf bestanden, dass ich mich wie eine Frau gebe und kleide. Er hat mir das Schwert weggenommen und mir verboten, es je wieder in die Hand zu nehmen. Immerzu hat
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