Der Himmel so fern
wollte.«
Eigentlich wären wir an diesem Wochenende nach Barcelona geflogen, doch ein Streik in Spanien hatte dazu geführt, dass sämtliche Flüge gestrichen wurden. Wie ich geflucht habe über all diese blöden Josés und Manuels, weil sie ein so mieses Timing bei ihren Lohnverhandlungen an den Tag legten! Und ich?, wollte ich brüllen. Mikael und ich, was ist mit uns?
Am Vorabend rief er mich an. Wir hatten die Nachrichten angeschaut und erfahren, dass sich die Konflikte bei den spanischen Arbeitern nicht in Luft auflösten. »So ein Mist«, sagte er und vergaß darüber die Begrüßung. »Gerade an diesem Wochenende! Ich hasse Spanien, ab sofort rühre ich keinen Rioja mehr an!«
»Glaubst du, das nützt was?«
»Das steht doch gar nicht zur Debatte, Rache ist Rache.«
»Stimmt, so muss man das sehen.« Ich musste lachen, Mikael war sauer für zwei.
»Ich habe mit dem Reisebüro gesprochen, wir bekommen natürlich das Geld zurück, aber Alternativen gibt es nicht mehr. Alles war ausgebucht, Paris, Rom, Tallinn und …«
»Tallinn? Wolltest du etwa nach Tallinn?«
Meine Frage lenkte Mikael von seiner Schimpftirade ab. »Was? Nein, eigentlich nicht …« Er legte eine Pause ein, es klang, als blättere er in der Zwischenzeit in einem Stapel Papier. »Helsinki und Kiel war das Einzige, was sie fürs Wochenende noch anzubieten hatten.«
Ich musste lachen. »Es wäre zwar schön gewesen wegzufahren, Mikael, aber so verzweifelt bin ich nicht.«
»Dann glaubst du also nicht an ein Wochenende in Kiel?« Er machte Spaß.
»Nein, nicht wirklich. Aber wir können ja mit dem Boot nach Åland fahren, wenn du unbedingt wegwillst.«
»Und Skandinavisches Buffet essen.«
»Und Bingo spielen.«
»Und einen Baileys taxfree einkaufen.«
»Nein, wir kaufen natürlich ganz viele Flaschen, schmuggeln sie nach Hause, verkaufen sie an die Nachbarn und machen die dicke Kohle!«
»Aber jetzt im Ernst, Rebecka«, fragte Mikael, als sie fertiggelacht hatten. »Was machen wir denn jetzt?«
»Viel steht ja nicht gerade zur Auswahl.« Ich versuchte, ernst zu bleiben. »Wir müssen den Trip wohl auf ein anderes Mal verschieben, wenn wir es mit unseren Terminen hinkriegen.«
»Nein! Ich habe mich so lange auf dieses Wochenende gefreut. Können wir nicht einfach woanders hinfahren?«
»Doch die Åland-Tour?«
»Im Ernst.«
»Tja, keine Ahnung …«
Mikael überlegte. »Weißt du was, mein Kollege Jens ist am Wochenende auf einer Messe in Deutschland. Vielleicht können wir sein Sommerhäuschen in Dalarö mieten. Ich rufe ihn an und frage nach. Er ist ganz okay. Was meinst du?« Sein Enthusiasmus war nicht zu überhören.
»Ein Sommerhäuschen …«
Mikael bemerkte meine Skepsis. »Oder besser gesagt -haus«, fügte er hinzu. »Es ist sehr schön dort, ich habe da schon ein paarmal Mittsommer gefeiert. Lauschige Feste. Es wird dir gefallen.« Er wollte sie überzeugen.
»Tja …« Ich zögerte die Entscheidung hinaus. »Wir wären ja ohnehin in Barcelona gewesen …«
»Deswegen! Komm’ schon, sag’ ja!«
Mein »okay« kam wirklich nicht begeistert, aber es brachte Mikael dennoch zum Jubeln. Eine halbe Stunde später rief er zurück. Er hatte das Haus gemietet, und am nächsten Morgen würde er mit dem Auto vor meiner Tür stehen.
Also begann ich mit einem gewissen Unbehagen, meine Reisetasche neu zu packen. Frühling in Barcelona war etwas völlig anderes als April in den Schären. Sandaletten und dünne Kleider flogen wieder raus. Mit dem Schnee war es nun vermutlich vorbei, aber es war düster und kalt, und mich fror schon bei dem Gedanken an ein ausgekühltes Sommerhäuschen draußen auf dem Land. Definitiv nicht mein Traumwochenende, ebenso wenig wie eine Tour mit dem Segelboot.
Das Haus in Dalarö entpuppte sich als etwas völlig anderes. Ein Wochenendhaus von Architektenhand thronte auf einem Felsen mit Blick aufs Meer, als wir mit unserem Auto vorfuhren. Wir trugen unser Gepäck hinein, und schon im Eingangsbereich staunte ich nicht schlecht über das, was ich sah. Die komplette Wohnzimmeraußenwand war aus Glas. Das Meer und die Inseln lagen vor uns wie ein riesiges Bild, das in verschiedensten Grautönen schimmerte. Zudem war es schlicht möbliert und keine Spur von ausrangierten Möbeln, wie ich es befürchtet hatte. Das Ganze war atemberaubend, und ich sah, dass Mikael mit meiner Reaktion durchaus zufrieden war.
Ich hatte keine Ahnung, wo er den Champagner aufgetrieben hatte, doch kaum hatte
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