Der Himmel über der Heide (German Edition)
obwohl sie eine schwere Zeit durchmachte, das musste er sich doch denken können. Aber offenbar interessierte er sich nicht sonderlich dafür, wie es ihrem Vater ging oder wie sie sich damit fühlte.
Um sich abzulenken, machte Kati sich fürs Schlafengehen fertig. Nachdem sie sich die Zähne geputzt, den Zopf gelöst, das Haar gekämmt, sich eingecremt und umgezogen hatte, legte sie sich ins Bett, löschte das Licht und starrte in die Dunkelheit.
Eine ganze Zeit lag sie so da. Die Gedanken in ihrem Kopf fuhren Achterbahn. Wie lange sollte die Beziehung mit Simon noch so dahinplätschern, fragte sie sich. Und selbst wenn er doch noch irgendetwas für sie empfand, was wollte sie eigentlich? Konnte sie wirklich an der Seite eines Mannes leben, der im Grunde nie für sie da war und nicht einmal ansatzweise erkennen ließ, wie er sich eine gemeinsame Zukunft mit ihr vorstellte?
Kati grübelte und grübelte, und ihre Gedanken zogen immer weitere Kreise. Sie dachte an Simon, an ihren kranken Vater und an die Zukunft des Heidehofs. Lange wälzte sie sich in dem alten, knarrenden Bett hin und her. Und mit jeder Minute wuchs ihre Angst vor dem nächsten Albtraum.
Schließlich richtete sie sich benommen auf, knipste die Nachttischlampe an, um nachzusehen, wie lange die quälenden Sorgen sie schon vom Einschlafen abgehalten hatten.
Kati erschrak. Es war halb vier! Sie musste also doch eingenickt sein, ohne dass es sich für sie nach erholsamem Schlaf angefühlt hatte.
Doch statt sich auf die Seite zu drehen, die Lampe auszuschalten und schnell wieder einzuschlafen, durchfuhr sie plötzlich ein Gedanke. Und mit einem Mal war ihr alles ganz klar. Sie fühlte sich plötzlich hellwach und setzte sich mit einem Ruck im Bett auf.
Nun wusste sie, was sie wirklich wollte!
Sie wollte Simon nicht verlieren, sondern um ihre Liebe kämpfen. Das Leben war schon grausam genug. Warum also sollte sie sich in ihre gekränkte Eitelkeit hineinsteigern und Simon mit Vorwürfen überschütten? Damit würde sie doch vor allem sich selbst schaden. Sicher war es für ihn auch nicht immer leicht. Wann hatte sie ihn eigentlich das letzte Mal gefragt, wie es ihm ging? Sie wusste ja nicht einmal genau, wo er sich jeweils aufhielt und was ihn beschäftigte. Nein, so konnte es nicht mit ihnen weitergehen! Wenn nicht jetzt die Zeit für eine Wende gekommen war, wann dann?
Natürlich war die erste Verliebtheit lange verflogen. Immerhin waren sie schon ein paar Jahre zusammen. Doch einer wirklich großen Liebe konnte das bekanntlich nichts anhaben. Man konnte … man musste einer Beziehung sogar immer aufs Neue Leben einhauchen. Und das hatten sie selbst in der Hand! Kati hatte es in der Hand!
Also beschloss sie, endlich die Initiative zu ergreifen. Gleich morgen Abend würde sie mit Simon reden. Sie würde Flo nach Hamburg fahren und ihn vom Flughafen abholen. Oder sie konnte vielleicht etwas Schönes für sie beide kochen und ihn mit einem leckeren Essen überraschen, wenn er nach Hause kam – so wie sie es früher oft getan hatte. Im Grunde war sie mit schuld, dass ihre Beziehung in den vergangenen Monaten so fade geworden war. Denn Kati musste sich eingestehen, dass auch sie nicht besonders viel in ihr gemeinsames Glück investiert hatte, sondern stattdessen meist einfach abwartete, ob Simon irgendwie aktiv wurde. Wenn sie ganz ehrlich war, hatte sie sich sogar darauf zurückgezogen und schmollend erwartet, dass er ihr endlich einen Heiratsantrag machen würde.
Ein leichtes Lächeln huschte über Katis Gesicht. Wie dumm sie gewesen war!
Vielleicht kam die momentane Krise also genau zum richtigen Zeitpunkt, damit sie endlich ihr Leben in Ordnung brachte. Vielleicht würde sich Simon ja sogar überreden lassen, aufs Land zu ziehen. Dann wäre sie ein wenig näher an der Heide und könnte ihre Familie besser unterstützen.
Wer weiß, dachte sie, vielleicht hatte die Krankheit ihres Vaters damit wenigstens ein Gutes. Dann schlief Kati im festen Glauben an eine hoffnungsvolle Zukunft endlich richtig ein.
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5
Am nächsten Morgen standen Kati und Flo früh auf, um bei den Vorbereitungen für das Frühstücksbuffet zu helfen. Sie taten, was man ihnen auftrug. Aber ob sie Elli und Sibylle in der morgendlichen Hektik überhaupt eine Hilfe waren, vermochten die beiden Freundinnen nicht zu sagen.
Später zeigten sie Dorothee die aufgegebenen Anzeigen und das Stellenprofil auf der Homepage. Dorothee bedankte sich zwar, machte
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