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Der Himmel über New York (German Edition)

Der Himmel über New York (German Edition)

Titel: Der Himmel über New York (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Verena Carl
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Weihnachtsmarktbesucher – vor allem Schweizer – von der Haltestelle Schlossplatz über den Schillerplatz zum Marktplatz kämpfte. Der Regen verwandelte sich allmählich in nasse Schneeflocken, die auf dem Kopfsteinpflaster unter tausend Tritten sofort schmolzen.
    An der Bude mit den Erzgebirgsengelchen und der großen Weihnachtspyramide fiel er mir zum ersten Mal auf. Er überragte die Gruppe alter Damen, die ihre Handtaschen vor dem Bauch trugen und den Nostalgischen bekamen angesichts der geschnitzten und bemalten singenden Heerscharen aus dem Erzgebirge. In seinem Haar glitzerten die Tropfen geschmolzener Schneeflocken. Es war schwarz wie eine mondlose Nacht voller Sterne. Er trug einen dunklen, schmal geschnittenen Mantel und einen anthrazitgrauen Schal mit schmalen roten Streifen, sicherlich Kaschmir, und hatte den Mantelkragen hochgeschlagen. Die Hände hatte er in den Taschen verborgen und stand ganz still im Geschiebe. Es war, als hielten die Damen, die ihn umdrängelten und sich schubsten, um die Engelchen besser sehen zu können, Abstand zu diesem Mann. Eine Aura umgab ihn. Als ob er von einem anderen Stern käme und noch nie diese kleinen bunten Holzengelchen gesehen hätte mit ihren Trompeten, Triangeln und singend aufgerissenen Mündern.
    Nein, ich blieb nicht stehen, ich kämpfte mich weiter. Ich hatte schließlich eine Verabredung mit meinem Vater und seinen Studenten. Es waren angehende Ingenieure, die entweder über Druckverhältnisse und Effizienz von Energieanlagen redeten oder den Mädchen hinterherriefen. Unter ihnen war immer ein besonders Eifriger, der Krawatte trug und versuchte, sich bei meinem Vater einzuschmeicheln, und einer, der mit mir flirtete.
    Aber das Bild von dem geheimnisvollen Mann, der bei den Erzgebirgsengeln gestanden hatte, ging mir nicht aus dem Kopf. Ich erreichte den Marktplatz, über dessen Buden sich der Turm des Stuttgarter Rathauses erhob, und bereute, nicht stehen geblieben zu sein, wenigstens so lange, bis ich sein Gesicht gesehen hatte. Vielleicht wäre es gewöhnlich oder unsympathisch gewesen, vielleicht hätte es mich enttäuscht und ich hätte ihn vergessen können. Doch nun hatte ich das Gefühl, etwas Wichtiges nicht getan zu haben. Ich war drauf und dran umzukehren. Weit konnte er ja nicht sein. Doch was dann? Finja, sagte ich mir, sei nicht albern!
    Meine Freundin Meike hatte sich einmal in der Straßenbahn in einen Jungen verknallt. Sie war ausgestiegen und hatte nachher wochenlang nach ihm gesucht. Sie war immer wieder zur gleichen Zeit mit der Straßenbahn gefahren, hatte ihn über den Rundfunk und über die Zeitung gesucht und schließlich gefunden. Sie hatten sich getroffen. Meike war schier gestorben vor Aufregung. Doch dann hatte er sich als totaler Unsympath entpuppt. »Ordinär wie eine Blattwanze!«, hatte Meike nur gesagt und nichts weiter erzählen wollen.
    Ich sah den blonden Schopf meines Vaters das Grüppchen seiner Studenten überragen und blieb stehen. Etwas in mir wollte anders. Ich drehte mich um. Keinen Moment zu früh, denn während ich mich umdrehte, bemerkte ich, dass jemand seine Hand aus meiner Handtasche zog. Es war ein kleiner Junge in abgerissenen Kleidern. Er hatte schon meinen Geldbeutel in der Hand. Für einen Moment blickte ich in freche braune Augen, dann drehte er sich um und rannte los, im Zickzack zwischen den Menschen hindurch, die erschrocken auswichen.
    »He!«, schrie ich.
    Ich wollte gerade lossprinten, da stoppte jemand seinen Lauf. Der Junge hatte versucht, einen Haken zu schlagen, rannte aber mit dem Kopf voran in den Mantel eines Mannes, der vom Himmel gefallen schien. Mir fuhr es in die Glieder. Denn es war er, der Fremde vom anderen Stern. Er hielt den kleinen Dieb am Arm gepackt. Der Junge zappelte.
    »Er hat mir den Geldbeutel geklaut!«, rief ich. »Halten Sie ihn fest!«
    Ich sah, wie der Fremde dem Jungen meinen Geldbeutel aus der Hand nahm. Und plötzlich hörte der Junge auf zu zappeln, stand still wie ein Lamm. Wie verzaubert, dachte ich. Und so stand auch ich und schaute verblüfft zu. Denn nun ließ der Fremde die Hand des kleinen Diebs los. Doch der Junge floh nicht. Er blieb stehen. Er schien wie hypnotisiert. Gebannt sah er zu, wie der Fremde seine Hand in den Mantel steckte und mit einem Geldschein wieder hervorzog, den er dem Jungen hinhielt. Der kleine Dieb nahm den Schein, deutete eine dankende Verbeugung an und rannte davon. Im Nu war er im Dunkeln zwischen den Leuten verschwunden.
    »Das

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