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Der Hoteldetektiv

Der Hoteldetektiv

Titel: Der Hoteldetektiv Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Alexandra Cordes
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viel draus.
    »Er kommt immer abends um sechs und bleibt bis Mitternacht,
    und morgens liegen mir die Ergebnisse der Einnahmen und Aus-
    gaben vor.«
    »Wie schön für Sie.«
    Ich hatte keine Zweifel, daß Börgenson irgend etwas mit Absicht
    falsch machte. Auch Mister Sheraman schien dies anzunehmen.
    Und wenn es nicht Börgenson war, dann ein anderer.
    »Gehen wir doch in mein Büro«, sagte der Manager schnell.
    »Man weiß nie, wer uns hier doch versteht.«
    Sein Büro entsprach dem Luxus des White Pearl. Auf lautlosen Filz-sohlen tauchte ein chinesischer Diener auf, der uns außer dem ob-
    ligaten grünen Tee auch Drinks servierte. Ich hielt mich an Perrier.
    Börgenson schien den schier unstil baren Durst der Schweden zu
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    besitzen, wenn es um Alkohol ging. Al erdings merkte man dies we-
    der seinem glatten rosigen Gesicht an noch seinem Gehabe.
    »Die Unkosten des Hotels sind nach unseren Unterlagen in den
    letzten drei Monaten um rund sechzig Prozent gestiegen«, sagte
    ich. »Die Zahl der Übernachtungen aber ist zurückgegangen.«
    »Wir hatten einen scheußlichen Taifun.«
    »Den gibt es jedes Jahr.«
    »Aber in diesem war es besonders schlimm. Wir hatten Rohrbrü-
    che, und vor allem, das gesamte elektrische Netz brach zusammen.
    Wir mußten auf die Aggregate zurückgreifen, die leider nicht den
    heutigen Normen entsprechen, also unwirtschaftlich sind.«
    »Wie lange?«
    »Nun, etwa anderthalb Monate lang. Hinzu kommen die gestie-
    genen Löhne und die allgemeinen Preiserhöhungen. Und wir sind
    nicht das einzige Luxushotel in der Stadt.«
    »Die Löhne steigen überall«, sagte ich, »und überall schießen
    auch Luxushotels aus dem Boden oder solche, die sich dafür hal-
    ten.«
    »Wir halten unseren Standard, Mister Helm«, sagte Börgenson
    steif. »Man erwartet bei uns die beste Küche Hongkongs.«
    »Davon bin ich überzeugt.«
    »Also?«
    »Ich möchte heute abend alle Unterlagen über Aus- und Einnah-
    men des Hotels sehen.«
    »Hier?«
    »Nein, in meinem Zimmer.«
    »Aber Sir, Sie sind nicht allein.«
    »Meine Frau wird das verstehen. Sie weiß, in welcher Eigenschaft
    ich hier bin.«
    »Ja, man hat mir Sie als den Mann in der Not angekündigt.«
    Ich schaute zu, wie er sich einen doppelten Wodka eingoß und
    ebenso schnell trank.
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    »Börgenson, was verschweigen Sie?« fragte ich so ruhig, wie ich es vermochte.
    »Was meinen Sie?«
    »Irgend etwas im Hotel stimmt nicht, und Sie wissen das ebenso-
    gut wie ich.«
    »Ich tue nur meine Pflicht«, sagte Börgenson.
    »Davon bin ich überzeugt. Aber könnte es nicht sein, daß je-
    mand Ihr Pflichtbewußtsein ausnützt?«
    Er goß sich noch einen doppelten Wodka ein.
    Und trank ihn.
    »Börgenson, bitte, Sie könnten sich und mir unsere Aufgabe ganz
    gewiß erleichtern.«
    »Ich verstehe Sie nicht.«
    »Sie sind schon sehr lange in Hongkong. Sie leben mit einer Chi-
    nesin zusammen. Man sagt, die Chinesinnen sind schöner, wenn sie
    schön sind, als alle Frauen dieser Welt. Und auch klüger. Sie kom-
    men geradewegs aus dem Paradies der Gelben Quellen.«
    »Meine Frau ist schön«, sagte er und gab damit zu, daß er sie ge-
    heiratet hatte. »Aber sie hat nichts mit dem Hotel zu tun. Selbst
    wenn ich sie bitte, mit zu einem Empfang zu kommen, bleibt sie
    dem Hotel fern.«
    »Alle Frauen lenken ihre Männer«, sagte ich und dachte an Jinny,
    die mir manchmal wie eine Zauberin erschien. Sie erriet meine
    Wünsche, sie erriet aber auch meine Abneigungen.
    »Also, wollen Sie mir die Unterlagen aushändigen?« fragte ich.
    »Ja«, sagte Börgenson. Es klang, als habe er nicht die geringsten
    Vorbehalte.
    Mit drei dicken Aktenordnern kehrte ich in unsere Suite zurück.
    Jinny las den neuen Stephen King, hingekuschelt auf die pflaumen-
    farbene Couch in unserem Salon.
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    Ich küßte sie und verspürte überhaupt keine Lust mehr auf die
    Arbeit, die mir bevorstand.
    Aber Jinny sagte: »Eine Thermoskanne Kaffee steht auf deinem
    Schreibtisch.«
    Und so setzte ich mich brav an den Schreibtisch und ging die
    Aktenordner durch.
    Auf den ersten Blick schien alles in bester Ordnung.
    Auf den zweiten und dritten Blick entdeckte ich unglaublich
    hohe Rechnungen für Reis und Fleisch. Auf den vierten ebenfalls
    unglaublich hohe Rechnungen für Hotelwäsche.
    Selbst wenn man annahm, das Hotel wäre ständig vol besetzt ge-
    wesen, hätten diese Summen nicht zustande kommen können.
    Ich fragte Jinny um Rat.
    Sie krauste ihre glatte Stirn, was, Gott sei Dank,

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