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Der Hoteldetektiv

Der Hoteldetektiv

Titel: Der Hoteldetektiv Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Alexandra Cordes
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mich für alles Tech-
    nische interessierte, und er zeigte mir stolz einige Dinge, von denen wir bis dahin in Europa nur träumen konnten.
    Er bat mich schließlich, ihn einfach Kim zu nennen. »Wissen Sie,
    so hat meine Mutter mich immer genannt.«
    »Und Ihr Vater?«
    Sein Gesicht verschloß sich. »Der sitzt auf der Chefetage.«
    »Hier, im selben Haus?«
    »Sie werden ihn kaum zu Gesicht kriegen. Lohnt sich auch nicht.«
    Ich lenkte ab, indem ich vor einer Tür stehenblieb, auf der – na-
    türlich in Englisch – stand: ›Treten Sie nicht ein ohne entsprechen-de Vorsichtsmaßnahmen‹.
    »Was ist denn das?« fragte ich.
    »Ach das«, Kim zuckte die Schultern, »eine Kammer für Notfälle.«
    »Notfälle?«
    »Wenn die Chefs in der Küche nicht mit einem besonders star-
    ken Gästeandrang gerechnet haben. Da drin sind zwei Kammern,
    eine, die in Sekundenschnel e alles einfriert, und eine andere, die in Sekundenschnelle alles auftaut.«
    »Toll«, sagte ich.
    Er schaute auf seine Armbanduhr, es war ein billiges Ding, wie
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    man es bei jedem Straßenhändler in Manhattan erstehen kann und
    bei dem man froh sein muß, wenn es wenigstens den ersten Tag
    läuft.
    »Werde jetzt abgelöst. Soll ich Sie mit nach oben nehmen?«
    »Ja, gern«, sagte ich, »und wenn Sie mal Lust auf einen Drink hät-
    ten …«
    »Ich trinke nicht«, sagte er.
    »Dann auf einen Kaffee?«
    »He, Mister, Sie sind doch Gast im Hotel, und ich bin bloß ein
    Angestellter!«
    Plötzlich waren seine Augen sehr wachsam.
    »Ich mag einfach junge Leute, denen ihre Arbeit noch Spaß
    macht.«
    »Für mich ist das nur ein Job«, sagte er.
    Der Aufzug trug uns drei Stockwerke hoch, also auch an dem
    vorbei, auf dem der Tresorraum lag.
    »Etwas ist mir aufgefallen«, sagte ich, »Sie lagern überhaupt keine Blumen.«
    »Nee«, sagte er zum Abschied, »nee, das tun wir nicht. Die krie-
    gen wir immer frisch.«
    Ich berichtete Jinny von dieser Begegnung bei unserem nächsten
    Spaziergang im Central Park.
    »Er haßt also seinen Vater«, sagte sie. »Und er hat mit dem Auf-
    zug Zugang zum Tresorraum.«
    »Nicht direkt«, wandte ich ein.
    »Aber er kann auf dieser Etage anhalten.«
    »Ja, das kann er.«
    Von oben nach unten und von unten nach oben wurden Be-
    hältnisse der verschiedensten Arten befördert, war es da nicht denkbar, daß, wenn man es so wollte und so einrichtete, ein oder zwei
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    der grauen Stahlkästen mit dem Bargeld des Hotels während der
    Nacht gegen andere ausgetauscht wurden?
    Man mußte dafür natürlich Helfer haben, ein Junge allein konnte
    das nicht bewerkstelligen.
    Aber wen lockte nicht in einer Stadt wie New York Geld?
    Jinny hatte gesagt: »Schön ist es hier, aufregend, aber alles schreit nach Geld, Geld, Geld. Wenn du keines hast, bist du elendig verloren.«
    Es fand noch einmal eine Konferenz bei Lydia statt. Diesmal waren
    nur Lydia, der Kommissar, der den Tod von Georges Frau aufklä-
    ren sollte, und ich anwesend.
    Lydia war äußerst überrascht, daß Georges Sohn im Hause arbei-
    tete. Mehr noch, sie war darüber empört. »George hätte mir das
    doch sagen müssen!«
    »Langsam, langsam, er ahnt es vielleicht nicht einmal«, sagte ich.
    »Ein Mann wie er, niemals. Er tickt so genau wie eine Quarz-
    uhr.«
    »Ich weiß nicht, was ich hier noch tun kann«, sagte ich zu ihr
    und dem Kommissar. »Ich meine, Kim haßt seinen Vater, er hat
    ganz offensichtlich Kontakte zu italienischen Kreisen, obwohl die
    Herren, die sich die goldenen Rosen ins Knopfloch stecken, kaum
    wie Italiener aussehen. Andererseits war das Verhältnis von Kims Eltern zueinander sehr gestört, nicht wahr, Lydia? Kims Mutter hat
    immer zu dem Jungen gehalten, der Vater hat nur seine Enttäu-
    schung gezeigt.«
    »Das stimmt«, sagte sie tonlos.
    »Ich muß es Ihnen überlassen, Kommissar, den Fall zu lösen.«
    »Ja«, sagte er, »das ist mir klar.«
    Und auch Lydia nickte.
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    Nach einigen Monaten erfuhren Jinny und ich vom Ausgang der
    Geschichte.
    Kim wußte, daß sein Vater sich ein Mädchen in Greenwich Vil-
    lage hielt. Er wußte auch, daß seine Mutter sehr darunter litt. Er beschloß, seinem Vater eins auszuwischen und bewarb sich unter einem anderen Namen als Caretaker für die unteren Gefilde des Ho-
    tels. Die Haie, wie er sie schließlich bei der Verhandlung nannte, waren nicht fern und kamen immer näher, und sie erpreßten ihn
    schließlich, bestimmte graue Metallbehälter auf der Etage des Tre-
    sorraums gegen andere

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