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Der Jünger

Der Jünger

Titel: Der Jünger Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sharon Sala
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würden ihn ablenken und trösten. Doch die Laterne spendete nicht genug Licht, um zu lesen, und sein Kopf schmerzte zu stark, um sich an die Verse zu erinnern, die er auswendig gelernt hatte.
    Er griff nach der Tüte mit den Lebensmitteln und schleuderte sie mit voller Wucht gegen die Wand. Der Laib Brot, die Fleischkonserven und die Wasserflaschen rollten heraus und verschwanden im Dunkel der Schatten.
    “Hungert und krepiert doch alle!”, schrie Jay und taumelte zur Tür hinaus. Mit Mühe und Not legte er noch den Weg in seinen spärlich eingerichteten Raum zurück und ließ sich auf die Matratze fallen. Aus der Entfernung konnte er noch immer die verzweifelten Schreie seiner Jünger hören. Er wünschte sich nichts mehr, als in den Himmel zu kommen. In der Hoffnung zu sterben, rollte sich Jay zusammen.

16. KAPITEL
    E s war vier Uhr morgens, als Ben aufwachte und feststellte, dass January sich an ihn gekuschelt hatte. Zuerst glaubte er zu träumen. Doch dann drehte sie sich mit einem kleinen Seufzer zu ihm um, und er konnte ihren sanften Atem auf seiner Haut spüren. Da wurde ihm klar, dass dies kein Traum war – er war tatsächlich im Himmel.
    Sogar im Dunkeln konnte er sehen, wie schön sie war. Ihr schwarzes Haar lag wie hingegossen auf dem weißen Kopfkissen. Und ihr Nachthemd, das über dem Bettpfosten hing, erinnerte ihn an den vollkommenen Körper, der jetzt nackt neben ihm unter der Bettdecke lag.
    Während er dort lag und sie beobachtete, wurde ihm klar, wie gut und richtig es sich anfühlte, mit ihr in den Armen aufzuwachen. Es schien ihm nicht mehr nachvollziehbar, dass er sich jemals über sie geärgert oder sie gemieden hatte. Wenn es nach ihm ginge, dann würde er keine einzige Nacht mehr ohne sie verbringen.
    Er schloss die Augen und versuchte wieder einzuschlafen, doch als er gerade dabei war, wegzudämmern, weckte ihn sein knurrender Magen wieder. Er wollte sich entspannen, aber das Loch in seinem Bauch meldete sich erneut mit einem grollenden Geräusch.
    Er seufzte.
    Wäre er jetzt zu Hause, dann hätte er seinen Kühlschrank durchforstet oder den Fernseher eingeschaltet. Er war sich sicher, dass auch January nichts dagegen gehabt hätte, wollte sie aber nicht wecken. Trotzdem kannte er sich selbst gut genug, um zu wissen, dass es mit seinem Schlaf ganz aus wäre, wenn er jetzt nichts aß.
    Vorsichtig zog er seinen Arm unter ihrem Nacken weg und wartete, bis er sicher sein konnte, dass er sie nicht aufgeweckt hatte. Dann stieg er leise aus dem Bett. Da er nicht in seiner eigenen Wohnung war, beschloss er, nicht nackt in die Küche zu gehen, sondern sich lieber ein großes Badehandtuch um die Hüften zu wickeln.
    Er schaffte den Weg zur Küche durch die ihm noch unbekannte Wohnung, ohne gegen ein Möbelstück zu stoßen. Dann fand er sogar einen der Lichtschalter und knipste das Küchenlicht an.
    Er zog das Handtuch um seine Hüften fester, öffnete die Kühlschranktür und blickte hinein. Da gab es eine interessante Sammlung von Folienpäckchen und Plastikschüsseln, doch sie waren nicht durchsichtig verpackt. Ben musste sie erst öffnen, um herauszufinden, was sich hinter der Folie verbarg. Mit den Folien im Kühlschrank lüftete er gleichzeitig das Geheimnis von Januarys Essgewohnheiten. Unter der ersten Folie fand er ein gekochtes Ei, in zwei weiteren Schalen befanden sich schrumpelige, vergessene Würstchen, die ihre besten Zeiten längst hinter sich hatten.
    Hmm.
Ben war sich nicht sicher, ob er Januarys offensichtliche Neigung, alte Essensreste ewig aufzubewahren, nicht etwas zwanghaft fand. Doch dann überlegte er es sich anders und tippte eher darauf, dass sie einfach keine Lebensmittel verschwenden wollte. Diese Einstellung gefiel ihm wiederum.
    Er nahm ein Folienpäckchen heraus. Es roch leicht fischig, aber bei genauerer Betrachtung tippte er eher auf Rindfleisch. Angeekelt warf er es in den Mülleimer. Ein weiteres, ebenfalls in Folie verpacktes Fundstück sah dagegen vielversprechender aus. Beim Öffnen entdeckte er vier gegrillte Rippchen.
    Er schnüffelte daran.
    Sie schienen noch essbar zu sein.
    Er legte das Päckchen auf den Küchentresen.
    In Windeseile hatte er die restlichen Schüsselchen und Päckchen überprüft und warf vier davon in den Abfall. Den Inhalt eines weiteren Behälters vertilgte er vollständig. Als er gerade über die Rippchen herfallen wollte, spürte er, dass er nicht mehr allein war.
    Er drehte sich um und dachte schon über eine Entschuldigung nach,

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