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Der Jüngling

Der Jüngling

Titel: Der Jüngling Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Fëdor Michajlovi Dostoevskij
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Fürst, wenn es so steht ...«
    »Darum sage ich es nicht, darum sage ich es nicht. Stebelkow wird mir heute sicher Geld bringen, und fürs erste wird es ja ausreichen; aber aus diesem Stebelkow wird der Teufel nicht klug! Ich habe ihn inständig gebeten, mir zehntausend Rubel zu verschaffen, damit ich Andrej Petrowitsch wenigstens diese Summe geben kann. Mein Versprechen, ihm ein Drittel abzugeben, quält und foltert mich. Ich habe mein Wort gegeben und muß es halten. Ich schwöre Ihnen, ich wünsche auf das lebhafteste, mich wenigstens nach dieser Seite hin meiner Verpflichtungen zu entledigen. Sie sind mir drückend, drückend, unerträglich! Dieses auf mir lastende Verhältnis ... Ich mag Andrej Petrowitsch gar nicht sehen, weil ich ihm nicht offen in die Augen blicken kann ... Warum mißbraucht er das?«
    »Was mißbraucht er, Fürst?« fragte ich und blieb erstauntvor ihm stehen. »Hat er denn jemals im Gespräch mit Ihnen eine Anspielung darauf gemacht?«
    »O nein, und ich weiß das zu schätzen, aber ich selbst habe mir Anspielungen darauf gemacht. Und schließlich, ich gerate immer tiefer und tiefer in den Sumpf hinein ... Dieser Stebelkow ...«
    »Hören Sie, Fürst, beruhigen Sie sich, ich bitte Sie; ich sehe, daß Sie, je länger Sie reden, immer aufgeregter werden, und dabei ist das alles vielleicht doch nur Einbildung. Oh, ich habe mich auch selbst in unverzeihlicher, unwürdiger Weise in Not gebracht; aber ich weiß ja doch, daß das nur vorübergehend ist ... und sowie ich eine bestimmte Summe wiedergewonnen habe ... Sagen Sie, mit diesen dreihundert Rubeln bin ich Ihnen ja wohl zweitausendfünfhundert schuldig, nicht wahr?«
    »Ich mahne Sie ja wohl nicht«, sagte der Fürst mit einem häßlichen Lächeln.
    »Sie sagen: ›Für Wersilow muß ich zehntausend haben.‹ Wenn ich jetzt von Ihnen Geld borge, so wird das natürlich auf Wersilows zwanzigtausend angerechnet, darauf bestehe ich. Aber ... aber ich werde es Ihnen sicherlich selbst zurückgeben ... Glauben Sie denn aber wirklich, Wersilow käme des Geldes wegen zu Ihnen?«
    »Es wäre mir leichter ums Herz, wenn er des Geldes wegen zu mir käme«, erwiderte der Fürst rätselhaft.
    »Sie sprachen von einem auf Ihnen lastenden Verhältnis ... Wenn Sie damit Wersilow und mich meinen, so ist das weiß Gott für uns beleidigend. Und ferner sagen Sie: ›Warum ist er nicht selbst ein solcher Mensch, wie er lehrt, daß man es sein müsse?‹ Das ist nun Ihre Logik! Erstens ist das gar keine Logik; gestatten Sie mir, Sie darauf aufmerksam zu machen, denn wenn er auch nicht ein solcher Mensch wäre, so müßte er doch die Wahrheit predigen ... Und dann, was ist das für ein Ausdruck: ›predigen‹? Sie sagen, er sei ein ›Prophet‹. Sagen Sie mal, sind Sie es gewesen, der ihn in Deutschland einen ›Weiberpropheten‹ genannt hat?«
    »Nein, das bin ich nicht gewesen.«
    »Mir hat Stebelkow gesagt, der Ausdruck rühre von Ihnen her.«
    »Dann hat er gelogen. Ich verstehe mich nicht darauf, jemandem Spitznamen zu geben. Aber wenn jemand von Ehrenhaftigkeit predigt, dann muß er selbst ehrenhaft sein – das ist meine Logik, und wenn sie falsch ist, so ist mir das ganz egal. Ich will, daß es so sei, und es wird auch so sein. Und kein Mensch, kein Mensch soll sich unterstehen, in mein Haus zu kommen und über mich zu Gericht zu sitzen und mich für einen dummen Jungen zu halten! Genug davon!« rief er und winkte mit der Hand ab, damit ich nichts weiter sagen möchte ... »Ah, endlich!«
    Die Tür öffnete sich, und Stebelkow trat ein.

III
     
    Er war immer noch derselbe: er trug ebenso stutzerhafte Kleidung, drückte die Brust ebenso heraus, sah einem ebenso in die Augen, bildete sich noch ebenso ein, wunder wie schlau zu sein, und war mit sich selbst sehr zufrieden. Aber diesmal schaute er beim Eintritt in einer ganz eigentümlichen Weise um sich; etwas besonders Vorsichtiges, Spähendes lag in seinem Blick, als wollte er aus unseren Gesichtern etwas erraten. Indessen beruhigte er sich schnell wieder, und ein selbstbewußtes Lächeln leuchtete auf seinen Lippen auf, jenes »verzeihlich freche« Lächeln, das mir aber doch unaussprechlich zuwider war.
    Ich wußte schon längst, daß er den Fürsten sehr peinigte. Er war schon ein- oder zweimal in meiner Anwesenheit zu ihm gekommen. Ich ... ich hatte ebenfalls in diesem letzten Monat mit ihm zu tun gehabt, aber diesmal war ich aus einem besonderen Grund über sein Kommen einigermaßen

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