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Der Jüngling

Der Jüngling

Titel: Der Jüngling Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Fëdor Michajlovi Dostoevskij
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weiß, daß es tausend sind. Na, also diese tausend Rubel hier werde ich für mich behalten; alles übrige aber, diese Häufchen hier, nehmen Sie als Bezahlung meiner Schuld, als Bezahlung eines Teils meiner Schuld: das sind hier, glaube ich, etwa zweitausend oder vielleicht auch mehr.«
    »Aber tausend reservieren Sie doch für sich?« fragte der Fürst mit grinsendem Lächeln.
    »Brauchen Sie sie? In diesem Fall ... ich wollte nur ... ich hatte gedacht, Sie würden nicht den Wunsch haben ... aber wenn Sie sie brauchen, so ... da sind sie ...«
    »Nein, ich brauche sie nicht«, antwortete er geringschätzig, wandte sich von mir ab und begann wieder im Zimmer auf und ab zu gehen.
    »Und der Teufel weiß, was Ihnen auf einmal eingefallen ist, daß Sie es mir zurückgeben!« Er wandte sich mit impertinent herausfordernder Miene wieder zu mir.
    »Ich gebe es zurück, um von Ihnen Genugtuung fordern zu können!« schrie ich meinerseits.
    »Scheren Sie sich weg mit Ihren ewigen theatralischen Worten und Gebärden!« schrie er mich an und stampfte wie ein Rasender mit dem Fuß auf den Boden. »Ich wollte Ihnen beiden schon längst mein Haus verbieten, Ihnen und Ihrem Wersilow.«
    »Sie haben den Verstand verloren!« rief ich. Und es machte in der Tat diesen Eindruck.
    »Sie haben mich beide ganz zermartert mit Ihren tönenden Phrasen; immer nur Phrasen, Phrasen, Phrasen! Über die Ehre zum Beispiel! Pfui Teufel! Ich wollte schon längst mit Ihnen beiden brechen ... Ich freue mich, freue mich wirklich, daß endlich der richtige Augenblick dafür gekommen ist. Ich hielt mich für gebunden und errötete vor Scham darüber, daß ich genötigt war, Sie zu empfangen, Sie ... beide! Aber jetzt halte ich mich durch nichts mehr für gebunden, durch nichts, das mögen Sie wissen! Ihr Wersilow hat mich dazu aufgehetzt, über Frau Achmakowa herzufallen und sie zu beschimpfen ... Wagen Sie nicht, nach alledem noch zu mir von Ehre zu reden! Denn Sie sind ehrlose Menschen ... alle beide, alle beide;oder haben Sie sich etwa geschämt, Geld von mir anzunehmen?«
    Mir wurde dunkel vor den Augen.
    »Ich habe es als Freund von Ihnen angenommen«, begann ich mit ganz leiser Stimme, »Sie boten es mir selbst an, und ich glaubte an Ihre Zuneigung zu mir ...«
    »Ich bin nicht Ihr Freund! Ich habe es Ihnen gegeben, aber nicht deswegen; Sie wissen ja selbst, weswegen.«
    »Ich habe das Geld auf Wersilows Konto angenommen; das war allerdings dumm von mir, aber ich ...«
    »Sie konnten auf Wersilows Konto kein Geld annehmen ohne seine Erlaubnis, und ich konnte Ihnen ohne seine Erlaubnis kein Geld darauf geben ... Ich habe Ihnen mein eigenes Geld gegeben, und Sie wußten es; Sie wußten es und nahmen das Geld doch, und ich duldete diese verhaßte Komödie in meinem Hause!«
    »Was soll ich gewußt haben? Von was für einer Komödie reden Sie? Weshalb haben Sie mir das Geld gegeben?«
    »Pour vos beaux yeux, mon cousin!« erwiderte er und lachte mir dabei gerade ins Gesicht.
    »Zum Teufel!« brüllte ich. »Nehmen Sie alles, da haben Sie auch noch die tausend Rubel! Jetzt sind wir quitt, und morgen ...«
    Und ich warf nach ihm mit dem Päckchen Banknoten, das ich mir zur Verbesserung meiner Lebenslage hatte reservieren wollen. Das Päckchen traf ihn gerade gegen die Weste und fiel klatschend auf den Fußboden. Schnell, mit drei großen Schritten, trat er gerade auf mich zu.
    »Wollen Sie zu behaupten wagen«, sagte er in grimmiger Wut, jede Silbe einzeln aussprechend, »daß Sie mein Geld den ganzen Monat über angenommen haben, ohne zu wissen, daß Ihre Schwester von mir schwanger ist?«
    »Was? Wie?« schrie ich auf, und plötzlich wurden mir die Beine schwach, und ich sank kraftlos auf das Sofa. Er selbst hat mir später gesagt, ich sei so weiß geworden wie Leinwand. Die Gedanken verwirrten sich in meinem Kopf. Ich erinnere mich, daß wir einander lange schweigend ins Gesicht sahen. Ein Erschrecken schien über sein Gesicht hinzugehen; er beugte sich plötzlich zu mir herab und faßte mich an den Schultern, um mich zu stützen. Ich habe seinstarres Lächeln sehr genau im Gedächtnis; in diesem Lächeln lag Mißtrauen und Erstaunen. Ja, er hatte in keiner Weise eine solche Wirkung seiner Worte erwartet, weil er von meiner Schuld überzeugt gewesen war.
    Ich wurde schließlich ohnmächtig, aber nur für einen Augenblick; ich kam wieder zu mir, stand auf, sah ihn an, sammelte meine Gedanken – und auf einmal stand unverhüllt die ganze Wahrheit vor

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