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Der Junge aus dem Meer

Der Junge aus dem Meer

Titel: Der Junge aus dem Meer Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Alfred Weidenmann
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seinem roten Flitzer durchzubrechen, ist leider eine Kateridee. Nach spätestens dreihundert Metern hätten ihn die Presseleute eingeholt. Ich habe allein zwei Porsche und einen Alfa unter ihren Autos entdeckt.“
    „Das ist wohl mehr eine Sache, die in unsere Schublade gehört“, meinte Paul Nachtigall ein wenig aufgeblasen. Aber schon kurz danach hatten die Glorreichen Sieben tatsächlich einen ‘Plan entwickelt. Sie drehten ihn zweimal hin und her, überlegten alles noch einmal genau, und dann flitzte Hans Pigge zur Hintertür und schlich unbemerkt zum Pferdestall hinüber, wo Florian den Pferden Peter und Paul gerade das Fell striegelte. Die übrigen Jungen waren inzwischen ins Erdgeschoß hinuntergeklettert und hatten hinter den Fensterläden ihre Beobachter postiert.
    „Wir werden die Sache mit diesem Herrn Landauer in die Hand nehmen“, verkündete Paul Nachtigall.
    „Und darf man erfahren, was die Herren beschlossen haben?“ fragte Herr Kubatz.
    „Wenn er sich ganz einfach verkleiden würde, das wäre gar nicht das schlechteste“, beharrte Großmutter Kubatz auf ihrer Idee.
    „Aber wo soll dieser Herr Hypnotiseur im Café Rundblick so schnell eine Pappnase und einen falschen Bart auftreiben?“ griente Fritz Treutlein.
    „Macht euch nur lustig über meinen Vorschlag“, grollte die Großmutter. „Da müßt ihr zuerst einmal beweisen, daß euch etwas Besseres eingefallen ist.“
    „Ich will nicht unhöflich sein“, bemerkte Paul Nachtigall. „Aber es hat den Anschein.“
    Draußen hatte Professor Stoll den Herren von Presse, Rundfunk und Fernsehen inzwischen einen kleinen Vortrag gehalten. Über Amnesie im allgemeinen und über den Fall des schwarzhaarigen Jungen im besonderen. Er war dabei hin und her spaziert, hatte zwischendurch auf seine Schuhspitzen geblickt oder in die Gesichter seiner Zuhörer.
    „Es ist also damit zu rechnen, daß sein Gedächtnis irgendwann zurückkommt?“ fragte gerade ein Fernsehjournalist und hielt Professor Schreiber sein Mikrofon vor den Mund. Die Fotografen ließen schon seit geraumer Zeit ihre Schlitzverschlüsse klicken, und die Fernsehkameras waren auf das Schildkrötengesicht von Professor Schreiber gerichtet.
    „Natürlich würde das Leben in der früheren Umgebung helfen, den Gedächtnisschwund schneller zu überwinden“, antwortete Professor Schreiber.
    „Über hundert Mütter und Väter haben sich schon gemeldet“, rief einer der Presseleute. „Zum Teil sind ihnen ihre Kinder schon vor Jahren weggelaufen, aber sie glauben sie auf dem Foto wiedererkannt zu haben.“
    „Ich hatte ja keine Ahnung, daß es eine solche Menge weggelaufener Kinder gibt“, stellte Professor Schreiber trocken fest. „Das spricht nicht gerade für die Eltern!“
    „Alle Anfragen werden natürlich schnell und genau überprüft“, gab Kommissar Michelsen bekannt.
    Die Presseleute wurden jetzt immer lebhafter, stellten eine Frage nach der anderen. Dabei merkten sie natürlich nicht, wie der sommersprossige Florian in diesem Augenblick hinter dem Blockhaus vorbei mit Peter und Paul aus der Mulde trabte. Beide Pferde waren gesattelt.
    „Und zwei Hellseher haben sich angeboten“, meinte der ältere Herr mit der karierten Sportmütze inzwischen. „Was halten Sie davon?“
    „Mir ist jeder willkommen, der mir sagen kann, wo der Junge bisher gelebt hat“, erwiderte Professor Schreiber. „Ob diese Auskunft von einer Kartenlegerin kommt, von einem Schornsteinfeger, von seinen wirklichen Eltern oder eben von einem Hellseher, ist mir völlig egal. In jedem Fall würde uns das entschieden weiterhelfen.“ Er ließ noch eine ganze Menge Fachausdrücke durch die Luft wirbeln, sprach von steuernden Impulsen in der Großhirnrinde und der Gehirnstromtätigkeit im allgemeinen . „Aber das wußten die Herrschaften natürlich schon, und ich habe sie nur gelangweilt“, meinte er abschließend und blickte vergnügt durch seine dicken Brillengläser.
    Die Presseleute brachen in Gelächter aus und applaudierten. Aber als sie sich wieder beruhigt hatten, verlangten sie doch klipp und klar, den Jungen zu sehen. „In einer Viertelstunde ist alles für ihn erledigt“, versicherte der Herr in seiner karierten Sportmütze noch einmal. „Daran wird er sich doch kein Bein brechen.“
    „Sie scheinen mir nicht zugehört zu haben“, erwiderte Professor Schreiber, und seine kleinen Augen blickten jetzt scharf und beinahe böse. „Es geht hier nicht um einen Knochenbruch, sondern um höchst

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