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Der Junge, der sich Vogel nannte (German Edition)

Der Junge, der sich Vogel nannte (German Edition)

Titel: Der Junge, der sich Vogel nannte (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jan Henrik Nielsen
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draußen ist. Glaubst du, wir werden die Krankheit riechen?«
    »Nein, das glaube ich nicht. Krankheiten haben keinen Geruch.«
    »Ich hoffe, es klappt. Glaubst du, dass es gefährlich ist?«
    »Ich weiß es nicht, Fride. Aber wir müssen es versuchen.«

3
    Am nächsten Tag geht Fride an die Treppe, die hoch zur Luke führt, setzt sich auf die unterste Stufe und wandert Stufe für Stufe weiter hoch. Schließlich muss Nanna sie in den Periskopraum holen.
    »Bleib jetzt hier, sonst merkt Papa was. Wir müssen warten, bis er eingeschlafen ist.«
    Fride setzt sich an den Tisch und tritt ein paarmal gegen das Sofa. Aus der Küche hören sie ein Husten.
    »Was sollen wir machen?«, fragt sie.
    »Ich weiß nicht. Bücher anschauen oder malen.«
    Fride geht ans Periskop. Sie schaut hindurch und dreht das Rohr unablässig im Kreis.
    »Nicht so schnell«, sagt Nanna. »Du machst es ja kaputt.«
    »Da oben ist alles still. Nichts bewegt sich. Es sieht aus wie ein Bild«, sagt Fride.
    »Wie immer«, sagt Nanna.
    »Die Küste ist jedenfalls klar«, sagt Fride und dreht sich um. Sie schaut direkt ins Gesicht ihres Vaters, der in der Tür aufgetaucht ist. Sie stockt und lässt das Periskop los.
    »Was ist klar?«, fragt er und kommt in den Raum.
    »Die Luft draußen ist heute total klar«, sagt Nanna undfängt an, die Zeichnungen aufzuräumen, die auf dem Boden herumliegen.
    Papa setzt sich aufs Sofa.
    »So viele Bilder«, sagt er und hebt ein Blatt auf.
    Keine von ihnen sagt etwas.
    »Ein Sturmvogel. Wer von euch hat den gezeichnet?«
    »Ich bin mir nicht sicher«, sagt Nanna.
    »Warst du das, Fride?«
    »Weiß nicht«, antwortet Fride.
    Er schüttelt den Kopf und steht auf.
    »Na, hier ist heute wirklich nicht viel los«, sagt er, dann geht er aus dem Zimmer.
    Nanna schaut Fride streng an. Sie bleiben eine Weile sitzen, ohne etwas zu tun, hören nur zu, wie Papa in der Küche rumort. Nanna setzt sich an den Tisch und holt das Mensch-ärgere-dich-nicht.
    »Du musst lernen zu warten«, sagt sie.
    Sie spielen eine Weile, würfeln und schieben die Spielfiguren vorwärts, ohne sich wirklich für das Spiel zu interessieren.
    Dann hören sie Papa rufen: »Ich lege mich ein bisschen hin. Habt ihr etwas, um euch zu beschäftigen?«
    Sie grinsen sich an und Fride kringelt sich, als Nanna ruft:
    »Na klar, wir spielen Mensch-ärgere-dich-nicht.«
    Sie spielen noch ein bisschen weiter, bevor Nanna sich zum Schlafzimmer schleicht. Sie stellt sich vor die Tür und lauscht, dann kommt sie zurück.
    »Er schläft«, flüstert sie.
    »O.k.«, sagt Fride.
    Sie schleichen sich zur Treppe neben der Küche. Nanna klettert hoch, bis sie das kalte Metall am Kopf spürt. Die Lukeist aus dickem Stahl und auch als Nanna mit beiden Händen dagegendrückt, bewegt sie sich keinen Millimeter. In der Mitte ist ein Rad mit einem kleinen Griff. Nanna schiebt so fest sie kann. Das Rad rührt sich nicht. Sie versucht es noch einmal, aber es sitzt bombenfest. Sie stemmt die Füße auf die Eisentreppe und schiebt mit dem ganzen Körper. Sie presst ihr Gesicht gegen das Rad.
    »Komm schon«, flüstert Fride. »Komm schon. Du schaffst es.«
    Nanna tut, was sie kann, aber das Rad lässt sich nicht bewegen. Sie dreht sich um und setzt sich mitten auf die Treppe.
    »Wir müssen es schaffen«, sagt Fride. »Wir müssen. Ich kann dir helfen.«
    »Wie denn?«
    »Ich komme zu dir und dann versuchen wir es zusammen.«
    »Das wird nicht funktionieren«, sagt Nanna langsam, aber sie steht auf.
    Fride klettert hoch und winkt Nanna zu sich.
    »Jetzt komm schon.«
    Nanna zwängt sich an Fride vorbei. Gemeinsam halten sie das Rad und schieben. Fride kneift die Augen zu und gibt alles. Nanna drückt so fest, dass sie Fride beiseiteschubst.
    »He!«, schimpft Fride.
    Nanna macht Platz und lässt los.
    »Es geht nicht«, sagt sie.
    »Doch, noch mal.«
    Sie packen zu und schieben. Sie schieben, bis ihnen die Hände wehtun. Nanna beißt die Zähne so fest zusammen, dass sie Angst hat, ihr Kopf könnte platzen. Und da, endlich, eine fast unmerkliche Bewegung und ein leises Knirschen.
    »Fester«, sagt Nanna.
    Das Rad dreht sich langsam weiter und ein schrilles Quietschen durchschneidet die Stille. In Papas Zimmer fällt etwas auf den Boden.
    »Psst«, sagt Nanna und stockt. »Hörst du was?«
    »Nein«, sagt Fride und fängt wieder an zu drücken.
    Dann hören sie, wie der Esstisch in der Küche umkippt und die Tür aufgerissen wird.
    »Was macht ihr da? Runter da. Sofort runter!«,

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