Der Kampf der Halblinge: Roman (German Edition)
deutete auf Yrms Wange. »Sieh nur, sie ist ganz rot, und er kratzt sich ständig.«
Tatsächlich fuhren Yrms Fingernägel schon wieder über die aufgekratzte Stelle, doch dann senkte er die Hand und schüttelte den Kopf. »Das war ein Schilfkäfer, ihr Narren.«
»Ein Schilfkäfer, sagst du?«, brummte der alte Halbling. »Dann solltest du eine grünliche Beule an der Einstichstelle haben.«
»Die habe ich mit Sicherheit. Überzeug dich selbst.« Yrm trat näher, beugte sich auf Halblingshöhe herab und deutete auf seine stoppelige Wange.
»Sei vorsichtig«, warnte Jorim. Er bewegte sich langsam zu seinem Dolch und hob diesen auf, während er Yrm nicht aus den Augen ließ.
Bronn umklammerte seine Waffe ebenfalls, während er sich aus einigem Abstand Yrms Wange besah. Er kniff die Augen zusammen, trat zögernd noch einen Schritt näher, und Jorim hielt den Atem an.
»Er hat recht«, stieß der alte Halbling hervor. »Das war ein Schilfkäfer.«
Jorim ließ seinen Dolch sinken und atmete erleichtert aus.
»Dein kleiner Freund sollte besser zielen lernen, falls er bald einem echten Vanuren gegenübersteht«, knurrte Yrm missmutig.
»Verzeihung«, murmelte Jorim betreten. »Es war nur … du hast dich so heftig gekratzt … und nach all den Geschichten dachte ich …«
»Bisse von Schilfkäfern sind ekelhaft, sie jucken meist zehn oder mehr Tage lang«, belehrte ihn Yrm.
Bronns bestätigendes Nicken überzeugte Jorim nun völlig von Yrms Unschuld, und er deutete eine leichte Verbeugung vor dem großen Mann an. »Ich bedauere mein unüberlegtes Verhalten aufrichtig«, entschuldigte er sich umständlich und rang sich ein schiefes Lächeln ab. »Zum Glück bin ich ein schlechter Dolchwerfer.«
Zu seiner Überraschung lachte Yrm auf, was seine grimmige Miene recht freundlich erscheinen ließ. »Ihr seid mir schon ein seltsames Völkchen, ihr Halbhohen!« Yrm wurde wieder ernst, blickte nachdenklich von Bronn zu Jorim, und schließlich wieder zurück zu Bronn. »Allerdings glaube ich, einen echten Vanuren gesehen zu haben, und der hat ein blondes Halblingsmädchen in den Sumpf geführt – ich gehe davon aus, dass sie zu euch gehört.«
»Enna«, flüsterte Jorim und schaute hinüber zum Sumpf. Dann war sie also wirklich in Gefahr!
»Bist du sicher, dass es ein Vanure war?«, fragte Bronn.
»Ziemlich sicher«, entgegnete Yrm. »Aber sag, Elgo, weshalb nennt er dich denn nun Bronn?«
Der alte Halbling überlegte kurz. »Dafür haben wir jetzt keine Zeit. Ich verspreche dir, dass ich dir die Geschichte ein anderes Mal erzähle.«
»Genau!«, rief Jorim aufgeregt. »Wenn Enna wirklich an einen Vanuren geraten ist, sollten wie ihr so schnell wie möglich folgen.«
Yrm nickte knapp. »Gut! Ich zeige euch den Weg.« Schon drehte er sich um und lief tiefer in das Moor hinein, während ihm Jorim und Bronn so rasch wie möglich folgten.
»Am Fuße der Berge traf ich auf Enna«, erzählte Yrm unterwegs. »Ich bot ihr an, sie über die Berge zu führen. Ich wollte sie nicht alleine gehen lassen. Immerhin habe ich ein Herz für Halblinge.« Yrm sah Bronn an und schmunzelte dabei. Jorim fragte sich, woher die beiden sich kannten, wusste aber, dass diese Erklärung warten musste.
»Sie sagte, sie wolle die Drachen um Hilfe bitten«, fuhr Yrm fort, während er weit ausschritt. Sein langer, grüner Umhang wehte hinter ihm her. »Als wir dann diese Gegend hier erreichten, trafen wir auf einen seltsamen Mann. Enna ließ sich von seinen schmeichlerischen Reden blenden. Ich bin mir sicher, er war ein Vanure.«
»Gab es irgendeinen Hinweis darauf?«, wollte Bronn wissen.
»Dieses betont freundliche Auftreten, die Behauptung, er könne Enna auf direktem Wege zu den Drachen bringen … und seine aufgekratzte Haut am Arm«, berichtete er.
»Vielleicht auch ein Schilfkäfer?«, fragte Jorim kleinlaut.
»Nein, das glaube ich kaum«, entgegnete Yrm knapp. »Allein die Tatsache, dass Enna ihm so schnell gefolgt ist, zeigt mir, dass es sich um einen Gestaltwandler handelte.«
Jorim sah Bronn fragend an.
»Vanuren können sehr betörend sein. Wenn sie ein Opfer ausgesucht haben und in ein Gespräch verwickeln, wirft es jede Vorsicht über Bord«, erklärte Bronn.
Für Jorim hörte sich das unglaublich an, aber was wusste er schon davon?
»Weshalb hast du Enna dann alleine gelassen?«, wandte er sich an Yrm.
»Eine offene Konfrontation mit einem Vanuren ist gefährlich. Ich hielt es für besser, ihnen heimlich zu folgen, in
Weitere Kostenlose Bücher