Der Kampf der Halblinge: Roman (German Edition)
Traum.
»Ist sicher nur wegen der Drachenkämpfe gestern«, versuchte ihr Bruder sie zu beruhigen. »Kein Wunder, dass diese gewaltigen Wesen nachts durch deinen Kopf schwirren.«
»Aber sie war rot, Jorim! Das Drachenweibchen war rot!«, erwiderte Enna bestimmt. »Am Himmel gestern gab es keinen einzigen roten Drachen. Und weshalb habe ich nicht von den Gulvaren geträumt? Die sind viel furchteinflößender!«
»Ich habe von diesen Biestern geträumt«, raunte Bronn.
»Auch das wundert mich nicht«, entgegnete Jorim.
Enna sah zu Boden, sie musste achtgeben, nicht über einen der großen Steine zu stolpern. »Mein Traum war irgendwie – außergewöhnlich. Das Drachenweibchen ist mir schon mal erschienen.«
Neugierig hoben Bronn und Jorim die Köpfe, und endlich erzählte Enna von ihrem ersten Traum und dass dieser ausschlaggebend für ihre Entscheidung gewesen war, hinter die Suravan-Berge zu ziehen.
Als sie geendet hatte, seufzte Jorim. »Das sieht dir gar nicht ähnlich, Enna. Eigentlich müsste ich so handeln.«
Enna hob die Schultern. »Ich weiß, aber … ich konnte nicht anders.«
Jorim schmunzelte. »Das kenne ich«, sagte er und legte Enna kurz eine Hand auf die Schulter.
»Seht nur dort!« Alvendorah, die zusammen mit Gwendalon ein Stück vor den Halblingen hergelaufen war, blieb stehen und deutete hinauf zu den Hängen des Kraterberges. Etwas oberhalb und gar nicht weit von ihnen entfernt, konnten sie einen Lichtschimmer erkennen, der aus einer Öffnung im Berg kam.
»Was ist das?« Enna kraxelte auf einen Felsbrocken und spähte hinauf.
»Lasst uns hingehen!«, rief Jorim, aber Gwendalon hob die Hand.
»Wir sollten Vorsicht walten lassen. Ich gehe nachsehen.«
»Wir kommen mit!« Entschlossen trat Alvendorah neben ihn, und nun hörte Enna deutlich, dass sie aus hohem Hause kam, denn ihre Stimme klang fest und befehlsgewohnt. »Du kannst nicht immer vorausgehen und erst die Lage prüfen. Das hält uns nur auf.«
Kurz zögerte Gwendalon, dann neigte er den Kopf. »Wenn es Euer Wunsch ist.«
»Es ist mein Wunsch«, bestätigte Alvendorah, etwas sanfter nun, und legte Gwendalon eine Hand auf den Arm. »Wir sollten zusammenbleiben.«
Schnell zog sie ihre Hand zurück, und Enna glaubte zu wissen, was da in den blauen Augen der Elfe aufblitzte. Doch schon wandte sie sich ab und marschierte los.
Der Aufstieg war beschwerlich, denn der Hang wurde nicht nur steiler, sondern war auch mit losem Geröll übersät. Immer wieder ragten gewaltige Knochen zwischen den Felsbrocken empor, und mehr als einmal mussten sie sich daran festhalten. Der Wind hier oben wurde stärker und steigerte sich zu einem heulenden Sturm.
Je näher sie der Höhle kamen, desto deutlicher wurde der Lichtschein. Schließlich hielten sie an, denn der Eingang befand sich nur noch zehn Fuß über ihnen. Sie lauschten, versuchten, verdächtige Geräusche wahrzunehmen, aber es gab keine. Gwendalon schlich als Erster zum Höhlenrand und winkte die anderen schließlich zu sich.
Die Höhle, die sie erwartete, war gewaltig, und im Gegensatz zu ihrer nächtlichen Behausung führte ein breiter Gang am anderen Ende weiter. Das wirklich Faszinierende jedoch war der Ursprung des Leuchtens. Überall in den Höhlenwänden schimmerten helle Kristalle. Wie dicke Adern durchzogen sie das dunkle Felsgestein und verströmten ein silbriges Licht, das dem des Mondes durchaus ähnlich war. Doch nicht nur die Höhle war übersät mit diesen Kristallen. Auch der Tunnel, der in den Drachenkrater hineinführte, war von ihnen durchsetzt, zumindest so weit man es von hier aus erkennen konnte.
Die Halblinge waren bereits bis zur Wand gelaufen und betrachteten erstaunt das von der Natur geschaffene Kunstwerk.
»Wenigstens sind diese Gänge erleuchtet«, rief Jorim und schaute in Gwendalons Richtung. »Selbst ein großer Elf stößt sich hier nicht den Kopf.«
»Nicht einmal ein Drache würde sich hier den Kopf stoßen«, entgegnete Gwendalon nüchtern. Das Licht der Kristalle spiegelte sich auf der Klinge, die er in den Händen hielt, sein Haar floss ihm wie ein silberner Strom über den Rücken. Enna erschien er noch immer wie ein Wesen aus einer anderen Welt. Auch Alvendorah war irgendwie außerweltlich, aber sie war anders, sanfter und strahlte etwas Vertrautes aus. Ihre schlanken Finger glitten in diesem Moment über den Fels. »Noch nie habe ich den Rhythmus der Erde so intensiv gefühlt wie hier. Als ob ein Herz schlagen würde.«
»Wo Kristalle
Weitere Kostenlose Bücher