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Der Katalysator

Der Katalysator

Titel: Der Katalysator Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Charles L. Harness
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er­bit­ten?
    Die Kran­ken, die Al­ten, die Ar­men,
    sie stre­cken ih­re Hän­de aus zu mir.
    Doch ei­nes weiß ich: Bit­te ich um al­les,
    be­kom­me ich nichts.
    Was soll ich er­bit­ten?
     
    Dar­auf folgt ein Flö­ten­so­lo, ei­ne kur­ze, ein­dring­li­che, zar­te Me­lo­die. Sie ist ei­gent­lich da­zu ge­dacht, die Bit­te der Pries­te­rin ein­zu­lei­ten, die der Kom­po­nist of­fen­sicht­lich dar­an an­schlie­ßen woll­te. Aber un­glück­li­cher­wei­se war die­se Me­lo­die die letz­te au­then­ti­sche Don­na­tor-Kom­po­si­ti­on, denn just an die­ser Stel­le war der Mu­si­ker ver­stor­ben, und ei­ne gan­ze Ge­ne­ra­ti­on von Mu­sik­lieb­ha­bern war in bren­nen­der Span­nung zu­rück­ge­blie­ben. Was hat­te die Pries­te­rin er­bit­ten sol­len? Nie­mand konn­te es je in Er­fah­rung brin­gen.
    Es blieb dem Zu­hö­rer über­las­sen, daß die Pries­te­rin sich in Opern­auf­füh­run­gen (und -auf­nah­men) an das Pu­bli­kum wen­det und ruft: „Was soll ich er­bit­ten? Was braucht ihr?“ Der Zu­hö­rer, der sich ei­ne sol­che Auf­nah­me zu Hau­se an­hört, soll an die­ser Stel­le selbst sei­ne Wün­sche aus­spre­chen.
    Kuss­man war be­reit. Mit fes­ter Stim­me sag­te er: „Ich will einen No­bel­preis. Die Vi­ze­prä­si­dent­schaft. Die ehr­li­che Zu­nei­gung von Mr. Hed­ge­wick. Mehr Geld. Mehr Un­ter­ge­be­ne. Und vor al­lem will ich, daß die­ses Un­ge­heu­er Se­ra­ne auf ei­ner Ba­na­nen­scha­le aus­rutscht und sich den Hals bricht.“
    In die­sem Au­gen­blick fiel das Au­dio­mo­dul in sei­ner Hau­be aus und be­gann zu krei­schen. Noch wäh­rend er sich die Hau­be vom Kopf riß, zer­sprang die Per­le in Mil­lio­nen win­zi­ger Split­ter, die sein über­rasch­tes Ge­sicht nur des­halb nicht tra­fen, weil es hin­ter der Hau­be ver­bor­gen war.
    Was war schief­ge­gan­gen? Er hat­te sei­ne Wün­sche ehr­lich und auf­rich­tig vor­ge­tra­gen. Er hat­te zwar schon von sol­chen Miß­ge­schi­cken ge­hört und da­von, daß sie sich ge­nau an die­ser Stel­le der Auf­nah­me er­eig­net hät­ten, aber das war pu­rer Aber­glau­be. Ir­gend­wo muß­te ein me­cha­ni­scher Feh­ler lie­gen.
    Aber er war nach­denk­lich. So et­was pas­sier­te ihm im­mer. Und es kam da­her, daß die Leu­te ihn nicht ver­stan­den. Er blieb ei­ne Wei­le fins­ter brü­tend sit­zen; es gab kei­nen Zwei­fel dar­an, daß nie­mand ihn moch­te – nicht die Fir­ma, nicht Hed­ge­wick, nicht Old­ham, nicht Pinks­ter, nicht Hum­bert, nie­mand im La­bor, nicht ein­mal sei­ne Frau und sei­ne Kin­der. Aber dann stutz­te er und be­sann sich: Ich mag mich noch. Und das ist ei­ne nicht zu un­ter­schät­zen­de Emp­feh­lung. So emp­fin­de ich ganz ge­wiß nicht für je­den x-be­lie­bi­gen. Ge­nau­ge­nom­men wüß­te ich ei­gent­lich nie­man­den, den ich au­ßer mir selbst wirk­lich mag. Al­so zum Teu­fel mit ih­nen! Und bei die­sem Ge­dan­ken stand er auf, ging an die Bar und goß sich einen dop­pel­ten Scotch ein.

 
20
Der Hybrid
     
     
     
    „Ich ha­be so­eben das Mo­le­ku­lar­pro­fil Ih­res Tria­lins ge­tes­tet“, sag­te Se­ra­ne. „Es ist so, wie ich es vor­aus­ge­sagt hat­te: Al­le drei Ami­no­grup­pen be­fin­den sich auf der­sel­ben Sei­te des Rin­ges.“
    „Auf der­sel­ben Sei­te des Rin­ges …?“ Paul wuß­te, daß er auf Se­ra­nes Mo­ni­tor in Pitts­bur­gh wahr­schein­lich ein dum­mes Ge­sicht mach­te.
    „Be­grei­fen Sie nicht? Das Tria­lin, das Sie mit dem neu­en Ka­ta­ly­sa­tor her­stel­len, ist ein rei­nes Cis -Iso­mer und nicht das Ra­ze­mat, das bei dem al­ten Hoch­druck­ver­fah­ren her­aus­kam. Des­halb ist es op­tisch ak­tiv, und das wie­der­um be­deu­tet, daß es auch bio­lo­gisch ak­tiv sein müß­te.“
    Und jetzt er­in­ner­te er sich. Er muß­te ei­ne geis­ti­ge Blo­cka­de ge­habt ha­ben. Se­ra­ne hat­te bio­lo­gisch ak­ti­ves Tria­lin ge­gen das Vi­rus emp­foh­len, wel­ches Bil­ly ver­nich­tet hat­te. Paul hat­te die­se Mög­lich­keit so­gar an je­nem Abend der Ho­lo-Ge­stalt ge­gen­über er­wähnt. Hat­te die Ge­stalt aus die­sem Grun­de die Tem­pe­ra­tur auf drei­hun­dert­fünf­und­zwan­zig ver­rin­gert? Er starr­te auf das

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