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Der Kinderpapst

Der Kinderpapst

Titel: Der Kinderpapst Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Peter Prange
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richtigen oder auf der falschen Seite. Ihr
müsst Euch entscheiden!«
    Domenico erwiderte ihren Blick. Ihre weiße Haut, die blauen Augen –
alles an ihr war so hell und klar und rein. Doch ihre Worte bohrten sich wie
ein rostiges Schwert in sein Herz.
    Â»Ihr wollt also, dass ich kämpfe?«
    Chiara nickte. »Ja, sonst seid Ihr kein Mann.«
    Â»Ich danke Euch für Eure Offenheit.« Jetzt blieb nur noch eine
Frage. Nur mit Mühe brachte er sie über die Lippen. »Dann soll ich mich also
mit Benedikt verbünden, gegen die Sabiner?«
    Chiara schüttelte den Kopf. »Nein!«, sagte sie, und ihre Augen
funkelten vor Zorn. »Gegen ihn!«
    Â»Was soll das heißen?«, fragte er. »Ihr meint … Ihr wollt … dass ich
mich seinen Feinden anschließe?« Er war so verblüfft,
dass er kaum sprechen konnte.
    Â»Ja, das sollt Ihr«, bestätigte sie. »Es ist die einzige Möglichkeit,
Euch mit den Sabinern zu versöhnen.«
    Â»Warum ist Euch das so wichtig?«
    Â»Das fragt Ihr? Weil … weil …«
    Er schaute sie an, aber sie wich seinem Blick aus. Was hatte das zu
bedeuten? Es war noch nicht lange her, da hatte sie ihm fast ins Gesicht
gespuckt, weil sie glaubte, er habe sich mit den Sabinern gegen Teofilo
verschworen. Und jetzt forderte sie ihn auf, mit ihnen gemeinsame Sache gegen
die Tuskulaner zu machen?
    Â»Warum?«, fragte er noch einmal. »Warum willst du, dass ich gegen
Benedikt kämpfe?«
    Â»Bitte, hör doch endlich auf zu fragen«, sagte Chiara. »Sie … sie
hätten dich fast totgeschlagen, nur weil du diesem Teufel geholfen hast. Hast
du das vergessen?«
    Â»Du meinst, in der Werkstatt?«, erwiderte er. »Aber das waren doch
gar nicht Benedikts Soldaten. Das waren Aufständische.«
    Â»Ja und?« Sein Einwand schien sie fast wütend zu machen. »Auch wenn
es nicht seine Leute waren, war er doch der Grund! Begreifst du denn nicht?
Dieser Mann ist ein Fluch! Für alle, die mit ihm zu tun haben! Sogar mein
Vater, der mit jedem Menschen in Frieden leben will, hat das begriffen und sich
gegen ihn gestellt.«
    Â»Und meine Ehre?«, fragte Domenico.
    Â»Deine Ehre? Weshalb?«
    Â»Meine Familie hat Geld bekommen, um Benedikt zu wählen. Ich habe
ihm dafür Treue geschworen. Zweimal! Bei seiner Erhebung und bei seiner
Rückkehr nach Rom.«
    Â»Ach, Domenico«, sagte Chiara. »Du hast viel mehr für ihn getan, als
ein Schwur je leisten kann – du hast ihm das Leben gerettet! Wenn du ihm nicht
zur Flucht verholfen hättest, sie hätten ihn am nächsten Baum aufgehängt.« Sie
nahm sein Gesicht zwischen die Hände und küsste ihn. »Damit hast du deine
Schuld beglichen, mein Liebster. Ein für allemal.« Zärtlich streichelte sie
seine Stirn, seine Wangen, die Narben und Spuren, die von dem Überfall noch
immer sein Gesicht bedeckten. »Glaub mir«, flüsterte sie, »ein für allemal.«
    Domenico hörte ihre Worte, spürte ihre Lippen auf seinem Mund, und
ihm wurde ganz warm. Noch nie hatte Chiara ihm so deutlich ihre Zuneigung
gezeigt.
    Konnte es vielleicht doch sein, dass sie ihn liebte?
    Er nahm sie in den Arm, um ihren Kuss zu erwidern.
    Chiara machte einen Schritt zurück.
    Â»Du musst den Sabinern helfen, diesem Papst das Handwerk zu legen«,
sagte sie. »Bitte, Domenico! Tu es für mich. Für uns. Für unsere Liebe …«
    3
    Â»Hast du Angst?«, fragte Gregorio.
    Teofilo schaute hinaus in die kalte, sternenklare Nacht. Vor dem
schwarzblauen Himmel erhob sich im Mondschein die Engelsburg, ein mächtiges,
weißlich schimmerndes Massiv aus Fels und Stein, über dessen Türmen seit dem
Rückzug der Tuskulaner das Banner des Sabinerpapstes wehte. An beiden Ufern des
Flusses, nur durch die schwarz und träge dahinströmenden Fluten voneinander getrennt,
kauerten frierend die Soldaten der feindlichen Lager und vertrieben sich mit
Trinken und Fluchen die Zeit. Gregorio hatte ein Heer von tausend Mann
ausgehoben, eine Vorhut aus Bogen- und Armbrustschützen, einen Haufen Ritter
und Knappen sowie eine Nachhut mit dem Versorgungstross. Doch Teofilos Truppen
stand eine doppelt so starke Übermacht entgegen. Während sich seinem Heer nur
ein paar Familien der Campagna angeschlossen hatten, hatten die römischen Patrizier
sich fast ausnahmslos auf die Seite der Sabiner gestellt, die seit dem

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