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Der Kinderpapst

Der Kinderpapst

Titel: Der Kinderpapst Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Peter Prange
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Pflicht,
daran mitzuwirken, den Frieden wiederherzustellen.«
    Erneut schossen Chiara Tränen in die Augen. Alles in ihr schrie
danach, den Worten ihres Beichtvaters Glauben zu schenken. Doch sie konnte es
nicht.
    Â»Nein«, schluchzte sie. »Ich habe Domenico schon einmal verraten.
Ich darf es kein zweites Mal tun.«
    Â»Wie könnt Ihr Verrat nennen, was Gottes Wille ist?«, erwiderte der
Abt. »Wollt Ihr Euch über die Vorsehung hinwegsetzen? Das ist Hochmut, die
Sünde wider den heiligen Geist!«
    Â»Sagt, was Ihr wollt, aber mein Entschluss …«
    Â»Und Domenico?«, schnitt er ihr das Wort ab. »Was hätte er dazu
gesagt? Wäre es wohl sein Wille gewesen, dass Ihr Euch der Vorsehung
verweigert? So wie ich Euren Mann kannte …«
    Â»Hört auf, mich zu quälen! Ich kann Teofilo nicht heiraten. Wenn er
ein Fremder wäre, wenn ich nichts für ihn empfinden würde, wenn ich nur einen
Auftrag zu erfüllen hätte mit dieser Heirat … Aber so? Nein! Lieber würde ich
sterben.«
    Â»Habe ich recht verstanden?«, fragte Bartolomeo. »Ihr verweigert
Euch dieser Ehe, eben weil Euer Herz sich danach
sehnt?«
    Chiara schlug die Hände vors Gesicht. Sie sah ihren Mann vor sich,
wie er in ihrem Arm lag, in der Stunde seines Todes, und hörte seine Worte: Ich möchte, dass du mir etwas versprichst … Die Erinnerung
schmerzte mehr, als sie ertragen konnte.
    Â»Bitte erlaubt mir, den Schleier zu nehmen«, flüsterte sie. »Bitte!«
    Abt Bartolomeos Miene verdüsterte sich. »Dann seid Ihr also wirklich
entschlossen?«
    Â»Ja, ehrwürdiger Vater. Ich kann nicht anders. Ich würde mich sonst
für immer hassen.«
    Â»Und das Werk, das Ihr in Rom begonnen habt? Die Werkstatt und die
Armenspeisung? Wollt Ihr beides aufgeben? Nur um Eures eigenen Friedens
willen?«
    Â»Ich werde meine Zofe Anna bitten, alles so weiterzuführen, wie wir
es bisher zusammen getan haben. Ihr Mann wird sie unterstützen, und auch mein
Vater wird ihr mit Rat und Tat zur Seite stehen. Aber rettet mich vor meiner
Liebe zu diesem Mann, und gebt mir Asyl. Das ist mein einziger Wunsch.«
    Bartolomeo wandte sich ab. Mit klopfendem Herzen versuchte Chiara
seine Gedanken zu erraten. Schweigend durchmaß er mehrmals den Raum, rückte
unschlüssig an den Büchern, die auf den Pulten und Tischen auslagen, schraubte
ein Tintenfass zu und ordnete einen Stapel loser Pergamente. Dann kehrte er zu
ihr zurück.
    Â»Nun gut«, sagte er mit einem Seufzer. »Ich will Eurem Wunsch
entsprechen und mich bei der Mutter Oberin für Eure Aufnahme verwenden.«
    Â»Ich danke Euch«, sagte Chiara und griff nach seiner Hand.
    Â»Aber nur unter einer Bedingung!«
    Â»Welcher?«
    8
    Â»Du musst etwas essen, mein Junge. Und trinken. Wie willst du
sonst zu Kräften kommen?«
    Vorsichtig führte Ermilina den Löffel an Teofilos Mund, um ihm ein
bisschen von der Fleischbrühe einzuflößen, die sie für ihn zubereitet hatte,
doch es gelang ihr kaum, seine Lippen zu benetzen. Mit einem Seufzer strich sie
ihm über die heiße Stirn. War das noch ihr Sohn? Oder war das nur noch sein
Leib, aus dem die Seele bereits entwichen war? Wie ein Raubtier, das auf seine
Beute lauert, war die Krankheit über Teofilo hergefallen, kaum dass Ermilina in
die Berge gefahren war, um Giovanni Graziano aufzusuchen. Wäre sie nur in Rom
geblieben, an der Seite ihres Sohnes, in diesen Tagen der Bewährung …
    Â»Bitte, mein Junge. Du musst es wenigstens versuchen. Nur einen
einzigen Löffel …«
    Teofilo drehte stumm den Kopf zur Seite. Ermilina war der Verzweiflung
nahe. Warum tat Gott ihrem Kind solches Leid an? Die Ärzte, die Petrus da Silva
gerufen hatte, hatten Teofilos Zustand nur noch verschlimmert – sie hatten ihn
immer wieder zur Ader gelassen, als wollten sie den letzten Blutstropfen aus
ihm herauspressen. Ermilina hatte nach ihrer Rückkehr die Quacksalber davon
gejagt, um selbst die Pflege zu übernehmen. Seitdem wich sie nicht von seiner
Seite. Bei Tage saß sie an seinem Bett, machte ihm kühlende Umschläge oder las
ihm aus der Passion Christi vor, und in der Nacht schlief sie in seiner Kammer,
um bei jedem noch so geringen Geräusch aufzuschrecken wie eine Amme. Sie beräucherte
die Luft mit Wermut und Akazie, rieb seinen Körper mit Thymian und Majoran ein.
Doch nichts wollte

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