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Der König und die Totenleserin3

Der König und die Totenleserin3

Titel: Der König und die Totenleserin3 Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: franklin
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Hemmungen gehabt, das auch zu sagen. Was bedeutete, dass Emma in Wolvercote Manor nie angekommen war. Vielleicht hatte sie ihren Besuch etwas hinausgezögert – aber einen ganzen Monat? Oder aber, und das war die schlimmste aller möglichen Erklärungen, sie und die anderen waren auf dem Weg nach Wells überfallen worden.
    So beschämend es auch war, in der Küche verpflegt zu werden, als wären sie Bettler, so bot sich ihnen doch die Möglichkeit, Fragen zu stellen, und Adelia war bereit, die Demütigung zu erdulden, wenn sie dadurch vielleicht herausfand, was mit ihren Freunden passiert war.
    Sie kamen zu einem quadratischen, hübschen Gebäude, das aus demselben Stein erbaut war wie das Haupthaus und ein achteckiges Dach hatte. Die Hitze, die ihnen aus der offenen Tür entgegenschlug, hätte sie fast rückwärtstaumeln lassen.
    »Vielleicht zieht Ihr es vor, Eure Mahlzeit auf dem Rasen einzunehmen«, schlug der Kämmerer vor.
    Gyltha sagte resolut, dass sie lieber mit den Soldaten am Tor essen wolle, und marschierte mit Allie an der Hand davon.
    Adelia und Mansur ertrugen die Küche. Eine einsame Öffnung knapp unter dem Dach ließ mehr Rauch hinaus als Licht herein, sodass die beiden in die Wände eingelassenen Feuerstellen eine Szene erleuchteten, die an Vulcanus’ Schmiede erinnerte. Ein bis zur Taille nackter Mann mit schweißglänzender Haut holte mit einem riesigen Schieber Brotlaibe aus einem Ofen. Andere Gestalten trugen auf einem Tisch in der Mitte des Raumes ein überraschend erlesenes Mahl aus tranchiertem Hähnchenfleisch und Schinken, Räucherforelle, Eingemachtem, Gebäck, Butter und Honig auf.
    In einem Zinnkrug stand Wein bereit, in einem anderen Ale, aber als Mansur beide Male den Kopf schüttelte und Adelia erklärte, dass sein Glaube ihm Alkohol verbiete, wurde ein Diener losgeschickt, um gekühltes Gerstenwasser aus einem Keller zu holen.
    Offensichtlich hatte die Nachfahrin von Rollo dem Wikinger ihrer Dienerschaft eingeschärft, das ewige Gesetz der Gastfreundschaft gegenüber Reisenden, und seien sie auch von niederem Stand, niemals zu brechen. Was wiederum noch mehr Anlass zur Sorge bot, denn falls Emma und ihre Begleiter vor Wolvercotes Schwelle aufgetaucht wären, dann hätten die Leute in dieser Küche davon gewusst – und das taten sie nicht.
    Oder behaupteten es jedenfalls.
    Adelia befragte sie gemeinsam und dann einzeln. »Habt ihr von einer Lady gehört, die mit Dienerschaft hier in der Gegend unterwegs war, oder sie gesehen? Sie ist jung und schön und hat ein zweijähriges Kind bei sich. Ist sie hier gewesen?«
    Sie musste mit Mansur um Aufmerksamkeit wetteifern, denn dessen Gewand und Kufiya mit der golddurchwirkten Agal um seinen Kopf schienen alle zu faszinieren und zu ängstigen, als wäre ein Engel oder Dämon durch die Tür gesprungen. Das leuchtende Weiß seiner Kleidung – wie es ihm gelang, sie auf Reisen so sauber zu halten, blieb Adelia ein ewiges Rätsel – war stets auffällig, aber in Hafenstädten wie Cambridge, wo gelegentlich arabische Händler kamen und gingen, entfachte seine Erscheinung nicht ganz so viel Neugier. Hier, weit im Inland jedoch, hatte man so etwas wie ihn noch nie gesehen.
    »Eine Lady«, wiederholte Adelia, »mit Kind. Mit Trosswagen, Pferden, Dienerinnen, Reitknechten, einem Priester.«
    Der Mann, der die Brote aus dem Ofen holte, fuhr herum, um sie kurz anzuschauen, und sie ging erwartungsvoll zu ihm, doch er schüttelte den Kopf und wandte sich wieder dem Brot zu.
    Nein, nein, sie hatten so jemanden nicht gesehen. Der Junge, der einen Bratspieß drehte, kreuzte die Finger, während er das sagte, und eine Magd wurde von hysterischem Kichern geschüttelt, doch diese Reaktionen musste Adelia erneut Mansurs Erscheinung zuschreiben. Sie gab auf.
    Sie versuchte, den Kämmerer zu befragen, als er sie beide zum Tor geleitete. Er schüttelte den Kopf. »Nein, Mistress, wir haben niemanden empfangen, auf den diese Beschreibung zutrifft.«
    »Ich habe nicht gefragt, ob sie empfangen wurde, ich will wissen, ob sie hier war.«
    »Nein, Mistress, ich bedaure.«
    Trotzdem, irgendwas war da …
    Hauptmann Bolt und seine Männer saßen unter den Bäumen neben der Straße im Gras, und ihre Pferde warfen in der untergehenden Sonne lange Schatten. Sie hatten gut gegessen und getrunken, aber der Hauptmann war unwirsch: Seine Tiere hatten sich an dem nahe gelegenen Bach, den der Sommer in ein bloßes Rinnsal verwandelt hatte, kaum satt trinken können.

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