Der König von Luxor
Ausgräber!«
»Das sehe ich, mein Freund, aber Ausgräber für die eigene Tasche.«
Da brauste der Mann im Strohhut auf: »Sir, ich bin Kurator am Museum in Kairo. Mein Name ist Emil Brugsch. Sie werden sich für Ihre Rede entschuldigen müssen.«
»Und mein Name ist Lord William George Tyssen-Amherst, ich bin Inhaber der Grabungslizenz für dieses Gebiet, und Sie schulden mir eine Erklärung für Ihr Verhalten.«
Es dauerte eine ganze Weile, bis Emil Brugsch den Schock dieser unerwarteten Begegnung verdaut hatte. Um Zeit zu gewinnen, klopfte er den Staub von seinem Anzug, und als er die peinliche Säuberungsaktion endlich beendet hatte, trat er an die Mauer heran und streckte dem Lord die Hand entgegen: »Mylord, ich bin untröstlich. Seien Sie versichert, es wird sich alles als ein Irrtum herausstellen.«
Amherst ließ Brugschs Hand unbeachtet. »Irrtum? Daß ich nicht lache, Mister Brugsch! Sie sind doch bekannt für Ihre zweifelhaften Machenschaften. Wollen Sie mich ernsthaft glauben machen, Sie wüßten nicht Bescheid über die Lizenz der Altertümerverwaltung? Herr Brugsch, ich habe viel Geld bezahlt für die Erlaubnis, in Amarna graben zu dürfen, und auch wenn ich meine Lizenz augenblicklich nicht wahrnehme, haben Sie noch lange nicht das Recht, an meiner Stelle zu graben. Ich werde Sie und die Altertümerverwaltung auf Schadenersatz verklagen.«
Da begann Brugsch zu lamentieren, und sein Wehgeschrei klang übertrieben wie das eines Ägypters. »Mylord«, winselte er, »ich gebe ja zu, unrechtmäßig gehandelt zu haben, aber glauben Sie mir, das geschah nicht aus Profitgier oder um Sie zu betrügen. Ich befinde mich in einer ausweglosen Lage und brauche Geld. Ich besitze keinen Penny. Nicht zum ersten Mal hat mich eine Frau ruiniert. Nicht zum ersten Mal ist mir ein bescheidener Wohlstand zwischen den Fingern zerronnen. Ich habe eine Haremsdame des Khediven Ismail geheiratet, eine bildschöne Frau mit allen äußeren Vorzügen des Orients. Emine, so ihr Name, machte ihre Zustimmung davon abhängig, daß ich ihr mein Haus in Kairo überschrieb und einen großen Batzen Geld dazu. Das, sagte sie, habe ihrem Lebensstandard im Harem des Khediven entsprochen. Blind vor Leidenschaft, kam ich Emines Forderungen nach und hoffte auf ein unvergleichbares Liebesglück. Doch kaum hatte ich die letzte Unterschrift geleistet, warf mich das hinterhältige Frauenzimmer aus dem Haus. Mein Geld war verschwunden. Mylord, glauben Sie mir, ich bin mittellos und habe nicht einmal ein Dach über dem Kopf. Ich bin bereit, den Schaden, so einer entstanden sein sollte, wiedergutzumachen. Aber verraten Sie mich nicht. Mein Posten bei der Altertümerverwaltung ist das einzige, was mir geblieben ist.«
Lord Amherst kletterte von der Mauer hinab und sah Rockley lange fragend an. Der erwiderte seinen Blick mit der gleichen Ratlosigkeit. Durfte man diesem Jammerlappen glauben?
Als Emil Brugsch die zögernde Haltung der beiden Fremden bemerkte, als er befürchten mußte, daß sie sein Schicksal kalt ließ, legte er nach: »Mylord, ich habe ein paar kostbare Statuen ausgegraben und beim Mudir von Minia deponiert. Es handelt sich um Echnaton und Nofretete. Ich werde sie Ihnen selbstverständlich zurückgeben und Stillschweigen bewahren gegenüber der Altertümerverwaltung. Zu den Zollbehörden habe ich gute Verbindungen. Das wäre doch ein Handel auf Gegenseitigkeit!«
»Brugsch, Sie sind ein raffinierter Hund!« erwiderte Amherst und schüttelte den Kopf. »Sie verstehen sogar aus Niederlagen ein Geschäft zu machen.«
»Wenn ich mir die Bemerkung erlauben darf, Mylord, ich habe in Berlin Kaufmann gelernt.« Brugsch grinste hinterhältig.
»So, so. In Berlin lernt man so etwas. Sei’s drum. Aber wollen Sie mir verraten, wo Sie die Funde gemacht haben?«
Brugsch breitete die Arme aus. »Exakt hier an dieser Stelle!«
»Hier?« Lord Amherst scharrte ungläubig im Sand. »Sie wissen, daß Flinders Petrie beinahe zwei Jahre hier gegraben hat, ohne etwas Spektakuläres zu finden. Was hat Sie bewogen, gerade an dieser Stelle den Spaten anzusetzen?«
Auch Brugsch begann im Sand zu scharren, aber aus Verlegenheit. »Ich glaube«, meinte er endlich, »sie tun Mr. Petrie unrecht. Flinders Petrie suchte weniger nach Schätzen, die auf dem Kunstmarkt verkäuflich sind. Ihm kam es mehr auf Funde an, die etwas aussagen über die Amarna-Zeit. Und davon hat er, mit Verlaub, mehr als genug zutage gefördert.« Brugsch zeigte zu dem verlassenen
Weitere Kostenlose Bücher