Der Königsberg-Plan: Thriller (German Edition)
hörte sie ihn murmeln: „Das ist kein Spiel.“
Kapitel 49
Die Dunkelheit war schon lange hereingebrochen. Zoé spürte nicht mal ein Ruckeln, als die Jacht behutsam an der Kaimauer der alten bretonischen Hafenstadt anlegte.
Benjamin sprang von Bord und half Paul, das Schiff zu vertäuen. Sie blieb mit ihrer Großmutter auf dem Oberdeck und suchte mit einem Feldstecher die Hafenanlage nach verdächtigen Personen ab. Nur die Laternen und Lichter aus den Restaurants und Bars warfen ein wenig Helligkeit auf die zahllosen Boote, die im Schutz des Hafenbeckens dümpelten. In dem Halbdunkel konnte sie zwar nur wenig erkennen, aber dennoch schien ihr alles so zu sein, wie es wohl immer war. Sie reichte das Fernglas ihrer Großmutter und folgte Benjamin an Land.
Hand in Hand gingen sie die Hafenpromenade entlang, wie ein verliebtes Pärchen, das gemeinsam Urlaub machte und den lauen Winterabend am Meer genoss. Ob sie wirklich einmal mit Benjamin solche unbeschwerten Augenblicke erleben würde? Sie versuchte sich vorzustellen, sie beide wären als Touristen hier. Dann wären sie jetzt in eines der Restaurants gegangen, sie hätten eine große Platte fruits de mers und danach noch einen crêpe verdrückt, um dann schnellstens ins Hotel zurückzukehren. Du bist verknallt, Zoé!
Plötzlich musste sie an Anne denken. Benjamin war ihr Vertrauter und Geliebter gewesen – sollte sie ein schlechtes Gewissen haben, wenn sie etwas mit ihm anfing?
Benjamin zog sie zu sich herüber und sagte leise: „Nach dem Gespräch lade ich dich zum Essen ein. Paul hat mir gesagt, dass ein alter Freund von ihm in einem kleinen Küstenort ein Restaurant betreibt, das nur ein paar Seemeilen von hier entfernt liegt.“
Sie schaute ihn erstaunt an. Konnte er jetzt schon ihre Gedanken lesen?
„Die Meeresfrüchte in dieser Region sind sensationell, das dürfen wir uns nicht entgehen lassen.“
„Hast du keine Angst, Benjamin?“
„Mach dir keine Sorgen“, sagte er mit freudig glänzenden Augen. „Paul wird draußen für uns Wache stehen, das hat er mir versprochen.“
Sie konnte es kaum glauben. Der zurückhaltende Gelehrte hatte sich in einen lebensfrohen Abenteurer verwandelt, der sich Austern und Hummer schmecken ließ, während ihm eine Bande gemeingefährlicher Killer auf den Fersen war. Verdutzt schaute sie ihn an und musste unwillkürlich lachen, was er gelassen und mit einem Augenzwinkern quittierte.
Im Grunde hatte er recht, sagte sie sich. Thalberg konnte unmöglich die zahllosen Häfen und Buchten überwachen, dafür war die bretonische Küste einfach zu unübersichtlich. Und außerdem hatte er vermutlich sein ganzes Team auf der Insel verloren.
Sie spürte, wie ein Windstoß die feuchte Kühle des bretonischen Januars unter ihre Winterjacke blies, und fröstelte. Eng schmiegte sie sich an Benjamin, und er legte wortlos den Arm um sie.
Nach einer Weile erreichten sie das Telefonhäuschen, das sie von der Jacht aus entdeckt hatte. Benjamin warf ein paar Münzen in den Schlitz des Apparats und wählte eine längere Nummer. Unwillkürlich legte er dabei seine linke Hand auf den Rücken, ungefähr dort, wo Zoé den Griff der Halbautomatik unter der Jacke vermutete.
Parker hörte verschiedene Verbindungstöne. Seine Anspannung verstärkte sich durch das monotone Tuten an seinem Ohr nur noch. Zoé schaute ihn fragend an, und er senkte seinen Kopf, damit sie mithören konnte. Sie drückte sich dicht an ihn. Dann vernahm er eine Stimme, die nur stark verzerrt zu ihm durchdrang: „Ja?“
Er gab seinen Namen an und verlangte die Bundeskanzlerin. „Herr Parker, ich bin bereits am Apparat“, vernahm er dieselbe Stimme erneut.
Er hielt inne. War das wirklich die Kanzlerin, mit der er sprach? Er erkannte die Stimme nicht wieder, so verzerrt klang sie. Er hätte noch nicht einmal sagen können, ob sie männlich oder weiblich, alt oder jung war. „Parker, ich habe mir große Sorgen gemacht. Ich hoffe, es geht Ihnen gut?“
Bevor er antworten konnte, fuhr die sonore, metallische Stimme fort: „Passen Sie jetzt bitte genau auf, Parker! Die Telefonleitung, über die Sie anrufen, dient der verschlüsselten Übertragung von Gesprächen. Deshalb hören Sie auch nicht meine wirkliche Stimme, sondern eine Art digitale und verzerrte Übersetzung.“ Sie legte eine kurze Pause ein. „Da Sie aber von einem öffentlichen Fernsprecher anrufen, ist die Leitung nicht sicher. Es besteht die Gefahr, dass das Gespräch bei der Übertragung
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