Der Leberwurst-Mörder
froh, dass du wieder da bist!«
»Wuff!«
Dabei löst sie die Leine von meinem Halsband. Nun kann ich nicht mehr an mich halten, ich springe auf und gebe Jule einen weiteren Hundekuss, als Zeichen dafür, dass ich sie verstanden habe. In diesem Moment glaube ich fest daran, dass ich nie wieder fortlaufen werde.
Wir hüpfen und springen durch den Stadtpark. Jule ist ebenso vergnügt wie ich und albert mit mir herum wie ein kleines Mädchen. Sie versteckt sich hinter den großen, alten Bäumen mit ihren dicken Stämmen und glaubt, ich könnte sie dort nicht sehen. Aber ihre langen Haare flattern im Wind und verraten sie – oder hat schon mal jemand eine alte Eiche mit blonden Locken gesehen? Irgendwann klingelt Jules Handy.
»Hallo Mara.« Jule ist noch ganz außer Atem von unserer Toberei. »Was, so spät schon? Wir kommen sofort!«
An der Leine geht es zurück nach Hause, wo Maras blauer Kombi vor der Tür steht. Mara ist drinnen bei Carla. Beide Frauen sind überglücklich, mich wiederzusehen, und streicheln und knuddeln mich unaufhörlich. Ach, es ist einfach herrlich, nach dem Wegsein wieder da zu sein!
Jule lässt sich aufs Sofa plumpsen und bedankt sich, als Carla ihr eine Tasse Kaffee reicht.
»Kind, komm, den hast du dir verdient nach all der Aufregung!«
»Danke, Mama. Aber es ist noch nicht vorbei. Wir holen gleich Karoline ab und fahren mit ihr zum Hauptkommissar, um ihm von dem Testament zu berichten.«
»Ich komme mit!« Carlas Stimme ist freundlich, aber energisch. Jule seufzt und schweigt, denn sie weiß, Widerspruch ist zwecklos.
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Kapitel 18
Flocke
Währenddessen liege ich mit dem müden Flocke unter dem Tisch und erzähle ihm von meiner Verfolgungsjagd, dem Kampf mit dem Metzger am Tennisplatz und meiner Nacht im Tierheim. Dabei vergewissere ich mich immer wieder, dass der Dackel nicht etwa während meiner Geschichte einschläft. Als ich allerdings zu Ninos Bericht über die Schäferhundhaare und chinesischen Pelzhändler komme, ist Flocke plötzlich hellwach. Er wedelt so sehr mit dem Schwanz, dass ich befürchte, er hebt gleich vom Boden ab wie ein Helikopter. So viel Energie hat der kleine Krummbeinige ewig nicht mehr gezeigt. Und dann erfahre ich, dass Flockes Mama spurlos verschwand, als er erst wenige Wochen alt war. Damals ging das Gerücht um, dass böse Männer in der Gegend seien und Hunde einfach so wegfingen.
Bevor wir das Thema weiter vertiefen können, mahnt Carla zum Aufbruch. Typisch Jules Mutter – erst drängt sie sich selbst auf, um dann direkt die Führung zu übernehmen.
Flocke und ich hocken im Kofferraum und schauen aus dem Heckfenster. Eigentlich schaue nur ich und berichte Flocke, was ich sehe, da er zu klein ist, um selbst hinausblicken zu können. Mara fährt zunächst zu Karoline, die uns bereits vor ihrer Galerie erwartet. Sie trägt heute wieder ihr Kostüm mit den Eulen darauf und dazu eine große passende Handtasche, die ebenfalls über und über mit Eulen bestickt ist.
Und dann passieren mehrere Dinge gleichzeitig: Mara steigt aus, öffnet den Kofferraum, um Karolines Tasche hineinzulegen. Jule steigt ebenfalls aus, klappt den Beifahrersitz nach vorn und schlüpft zu Carla nach hinten auf die Rückbank. Karoline versucht mit Maras Hilfe, umständlich auf dem Beifahrersitz Platz zu nehmen. Ein Fahrradfahrer kommt den Bürgersteig entlanggeschossen und prescht haarscharf an Mara und der geöffneten Beifahrertür vorbei. Ein Geruch von Leberwurst und Schäferhund weht dem Radfahrer nach, und Flocke sieht mich fragend an.
Einen winzigen Augenblick zögere ich, bevor ich aus dem Auto springe und die Verfolgung aufnehme. Vor mir radelt eindeutig Rolf Krumm. Hinter mir höre ich ein Trappeln und ein Japsen. Verwundert drehe ich den Kopf und sehe Flocke, der mir folgt. Na prima, auf seinen kurzen Beinchen ist er nicht einmal halb so schnell wie ich.
Von noch weiter hinten ertönt Maras entsetzte Stimme: »Rika! Flocke! Hiiiiier!«
An der nächsten Ecke sehe ich, dass der Metzger auf seinen Laden zu radelt und in der großen Toreinfahrt zum Hof verschwindet. Ich bleibe stehen, um auf Flocke zu warten, der hechelnd und mit hängender Zunge angetippelt kommt. Mit großen Augen sieht er zu mir auf, als erwarte er von mir eine kluge Ansage, wie es nun weitergehen soll.
Ich überlege kurz. Es gibt nur eine Möglichkeit, unserem gemeinsamen Fortlaufen einen Sinn zu geben: Wir brauchen die Jacke des Metzgers als Beweisstück! Anhand der
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