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Der Leguan will das nicht: Roman (insel taschenbuch) (German Edition)

Der Leguan will das nicht: Roman (insel taschenbuch) (German Edition)

Titel: Der Leguan will das nicht: Roman (insel taschenbuch) (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Giusi Marchetta
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würde. Wegen Stress, kannst du dir das vorstellen?«
    »Glaubst du an so was?«
    Ich brauche nicht darüber nachzudenken.
    »Ja.«
    »Na schön«, sagt sie. »Ich spreche morgen mit Miranda.«
    Sie versteht mich. Wir sitzen in einem Boot.
    »Ok, ich gehe jetzt, damit du dich weiter ausruhen kannst.«
    Das kleine Mädchen ist nirgends zu sehen: Ich verabschiede mich von Grazia und lasse sie mit Santojannis Schatten allein, der sich neben den Sessel kniet, den Kopf auf die Armlehne legt und darauf wartet, dass sie ihm mit der Hand übers Haar streicht.
 
    Anna am Tresen in Margheritas Pub sitzen zu sehen, ist, als ob man die Möglichkeit hätte, sich selbst von außen zu betrachten.
    »Wie ist es gelaufen?«
    Ich habe wieder Grazia vor Augen, wie sie im Dunkeln in ihrem Sessel sitzt.
    »Sehr gut: Wir werden versuchen, ihn in der Klasse zu behalten. Möge der Leguan uns helfen! Was trinkst du da?«
    Ohne darauf zu warten, dass wir sie darum bitten, füllt Margherita uns ab.
    »Das geht auf Rechnung des Hauses, wenn du die Abreise verschiebst.«
    Anna lächelt. »Ich kann nicht.«
    Morgen früh um sechs ist es so weit.
    »Zahlt trotzdem das Haus«, sagt Margherita und belädt das Tablett mit Bestellungen. »Er kriegt sowieso nichts davon mit.«
    Wir schauen ihr zu, wie sie von einem Tisch zum anderen geht, lächelnde Blicke und halbe Helle verteilt.
    »Sie ist ein Denkmal für den Widerstand«, sagt Anna. »Und du auch.«
    Ich muss lachen.
    »Wenn alles gutgeht, lande ich irgendwann in einemabgedunkelten Zimmer und führe Selbstgespräche. Wenn es nicht gutgeht«, ich überlege nur einen Moment lang, »werde ich nach Hause zurückkehren und mich von meinen Eltern aushalten lassen müssen.«
    Sofort bereue ich es, aber es ist zu spät, ich habe es gesagt.
    Ich sehe wieder Anna vor mir, wie sie weinend auf Giannis Sofa sitzt, nicht aufhören kann. Sie hat sich mit ihrer Mutter gestritten, hält es nicht mehr aus.
    Zum Glück packt mich Savarese an der Schulter und unterbricht unser Gespräch. Ich freue mich, ihn zu sehen.
    »Hey«.
    Er trägt einen dunklen, eleganten Anzug. Und Krawatte.
    »Hat dir deine Freundin nicht gesagt, dass dieser Bereich hier gefährliches Terrain für wehrlose Mädchen ist?«
    Anna dreht den Barhocker, um ihn direkt vor sich zu haben.
    »Nein, hat sie nicht.«
    Er schüttelt den Kopf.
    »Nicht gut, gar nicht gut.«
    »Wer ist gestorben, Savarese?« Ich deute auf seine Krawatte.
    »Ich dachte, ich hätte dich auf meine wichtige berufliche Funktion hingewiesen«, entgegnet er und stellt einen kleinen Lederkoffer auf den Tresen. Er reicht Anna die Hand, formvollendet wie ein Kavalier alter Schule.
    »Dann sagen Sie mir doch, Herr Rechtsanwalt«, fragt sie, »Zivil- oder Strafrecht?«
    »Drücken wir es mal so aus«, antwortet er und verleibt sich den Rest von meinem Bier ein. »Es kommt selten vor,dass ich an etwas Zivilem arbeite: Es ist immerhin eine Anwaltskanzlei.«
    »Bist du eigentlich jemals ernsthaft?«
    »Nein, nie«, erwidere ich. »Er ist unerträglich.«
    Savarese grinst wie gewöhnlich. Dann ändert er den Tonfall.
    »Familienrecht.«
    »Wirklich?«
    »Scheidungen, Kinder, Vernachlässigung, Pflegschaft. So steht es jedenfalls auf dem Schild am Eingang.«
    »Das hätte ich ja niemals vermutet.«
    Savarese zieht die Augenbrauen hoch, täuscht Widerspruch vor.
    »Hättest du vermutet, das Clark Kent Superman ist? Oder dass Jesus, der Zimmermann, Wunder tun kann?«
    »Jesus war der Sohn Gottes, wenn ich mich nicht irre.«
    Er schneidet eine Grimasse. »Vitamin B mal beiseite.«
 
    Gemeinsam treten wir den Heimweg an, weil Margherita früh Feierabend macht. Der Himmel ist weiß und prall, als bestünde er nur aus einer einzigen dicken Wolke.
    »Gleich schneit es«, sagt Savarese voraus.
    Ich glaube nicht daran.
    »Im April?«
    »Das kann auch im Juni noch vorkommen.«
    Anna und ich lassen die beiden vor dem Haus zurück und gehen weiter bis zum Po, bleiben mitten auf der Brücke stehen, um uns von dort oben in den Anblick des Flusses zu versenken, dieser heidnischen Gottheit eines knausrigen, beunruhigenden Norditaliens.
    »Er ist schön«, sagt sie und staunt über die Strömung, sein unermüdliches Fließen.
    Erschöpft von den Mühen des Tages, lehne ich mich ans Geländer. Morgen beginnt die Schule wieder.
    »Also, wegen der Doktorandenstelle, sie haben mir schon geantwortet.«
    Ich hatte nicht daran gezweifelt.
    »In einem Monat fliege ich.«
    Sie lächelt, und mir ist klar, dass

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