Der Liebespakt
Gesprächs immer wieder ab. Erst als sie sich Mrs Wemblys besorgten Blickes bewusst wurde, merkte sie, dass ihre Mutter schon vor längerem aufgehört hatte zu reden.
„Erzähl mir, was dich bedrückt", bat diese.
Caroline seufzte. „Es wird nicht so einfach werden, wie ich dachte, mit dem Earl zusammenzuleben. Er leidet so sehr."
Ihre Mutter nickte ernsthaft. „Es ist immer schwer, jemanden leiden zu sehen. Besonders wenn du diesen Menschen magst."
Die Bemerkung stand im Raum, und Caroline sah kurz in das neugierige Gesicht ihrer Mutter. Schließlich blickte sie weg, da sie über ihre Zuneigung zum Earl nicht sprechen konnte oder wollte, und fragte: „Und wie wirkt die neue Medizin? Nützt sie James?"
Seufzend erwiderte die ältere Frau: „Es ist noch zu früh, das zu beurteilen. Der Doktor hat James allerdings den Aufenthalt in einem Sanatorium in der Schweiz empfohlen, weil dort am ehesten Aussicht auf eine Genesung besteht."
Caroline erschrak. „Mama, diese Orte sind teuer - viel zu teuer. So großzügig Magnus auch mit meiner Entlohnung gewesen ist, wir können uns das sicher nicht
leisten. Du darfst dir gar nicht erst Hoffnungen machen."
„Der Arzt wird für mich ermitteln, wie viel eine Kur kosten würde", sagte Audrae ruhig und beendete mit dieser Feststellung das Thema, da James von seinem Mittagsschlaf aufgewacht war.
Das Gespräch wandte sich anderen Themen zu, besonders der aufregenden Aussicht auf eine neue Garderobe. Detailliert schilderten sich die Frauen, was sie bei Mrs Dungeness in Auftrag gegeben hatten. Zwar hatte Mrs Wembly, bescheiden, wie sie war, nur zwei schlichte neue Tageskleider bestellt, aber auch James sollte einige neue Anzüge und Spielkleidung bekommen. Alle lachten herzlich über die geschäftige Schneiderin und ihren schrecklichen Geschmack.
Es war mittlerweile schon später Nachmittag, aber Caroline verschob ihren Aufbruch, um noch eine Partie Schach mit James zu spielen. Er war entzückt über das neue Spielzeug, das er wenige Tage zuvor von seiner Mutter bekommen hatte, und hatte es in kurzer Zeit zu beachtlicher Spielfertigkeit gebracht. Während sie zuließ, dass ihr ernsthaft spielender Bruder ihren König in die Ecke trieb, musterte sie sein schmales Gesicht, das ihr nach den Tagen der Trennung besonders blass erschien, und versuchte verzweifelt, Anzeichen einer Besserung in seinen Zügen zu finden - vergeblich. Nach dem triumphalen Schachmatt, das James ankündigte, kehrte sie schließlich traurig nach Hawking Park zurück und begab sich direkt in ihr Zimmer. Die Gedanken an den armen kleinen James hielten sie wach, bis sie sich schließlich tränenüberströmt auf das Bett warf.
Sie wünschte, sie könnte endlich einschlafen und die Furcht vergessen, die an ihrem Herzen nagte. James. Und Magnus. Überall um sie herum drohte der Tod.
Als sie sich ein wenig besser fühlte, erhob sie sich und versuchte, die Spuren des Kummers zu verwischen, bevor sie sich nach unten zum Dinner begab.
Magnus war ihr ein angenehmer Gesellschafter, wenn auch etwas zurückhaltender im Ton als am Vorabend. Es erstaunte Caroline, dass ihm die Krankheit im Gegensatz zu James so wenig anzumerken war. Nach dem letzten Herzanfall sah er ebenso lebendig aus wie vorher, während James' Blässe und Hohlwangigkeit stetig zunahmen und der Junge mehr tot als lebendig aussah. Allein der Gedanke daran trieb ihr Tränen in die Augen.
„Caroline?"
Sie zuckte erschrocken zusammen. Besorgt sah Magnus zu ihr hinüber und fragte: „Langweile ich dich?"
„Nein. Entschuldige bitte,"
„Beunruhigt dich irgendetwas?", fragte er besorgt.
Es wäre dumm gewesen, dies zu verneinen, da ihre Gefühle ihr doch so deutlich in den Augen standen. Ausweichend antwortete sie: „Nun, ich habe mich nur gefragt, wann meine Kleider endlich fertig sein werden."
Ein Knurren war die Antwort, und Magnus warf die Gabel auf den Teller. Caroline merkte zu spät, dass sie einen Fehler gemacht hatte, sprang auf und ging auf ihn zu. „Außerdem habe ich etwas vergessen, und das reut mich." Sie beugte sich zu ihm
hinunter. „Ich habe dir noch nicht richtig gedankt dafür, dass du mich bald aus meinem unmodischen Dasein erlösen wirst. Wie ich mich entsinne, bevorzugst du handfeste Beweise meiner Dankbarkeit." Sie presste die Lippen auf seine glatte, frisch rasierte Wange.
Seine Haut fühlte sich wunderbar an. Mit einem Mal wurde ihr klar, dass sie ihn küssen wollte, und zwar nicht nur wie eine Tochter ihren
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