Der Liebesschwur
mit Flechten überwucherten Steine des äußeren Hofes trat, beschlich sie ein unheimliches Gefühl. Eine dichte Nebelschwade hüllte sie ein. Sie streckte eine Hand aus, um den Weg entlang der kurzen Mauer zu fühlen, die ein Teil des Schlafsaales der Mönche gewesen war. Die Mauer endete abrupt, dahinter befand sich eine große Lücke, dann erreichte man den Flur, der zu dem Rest des Refektoriums führte.
Sie trat auf diese Lücke zu und glitt auf den zerfallenen Steinen aus. Patience unterdrückte einen Aufschrei und sprang auf die Fliesen des Flurs.
Und stieß mit einem Mann zusammen.
Sie öffnete den Mund, um zu schreien – eine harte Hand schloss sich über ihren Lippen. Ein stahlharter Arm legte sich um ihre Taille und zog sie an einen großen, harten Körper. Patience entspannte sich, ihre Panik verschwand. Es gab nur einen Mann in einem Umkreis von zehn Meilen, der einen solchen Körper hatte.
Sie griff nach Vanes Hand und zog sie von ihrem Mund. Sie holte tief Luft, um etwas zu sagen, öffnete den Mund …
Er küsste sie.
Als er endlich damit aufhörte, hob er seine Lippen nur ein paar Zentimeter von ihren. »Still«, hauchte er. »Geräusche sind im Nebel gut zu hören.«
Patience riss sich zusammen. »Ich habe das Gespenst gesehen«, erwiderte sie genauso leise. »Ein Licht ist auf und ab gehüpft.«
»Ich glaube, das ist eine Laterne, aber jetzt ist sie weg, oder sie wurde abgeschirmt.«
Wieder berührten seine Lippen die ihren, dann pressten sie sich auf ihre, nicht kühl, sondern warm. Auch sein Körper war warm, eine Oase der Wärme in der eisigen Nacht. Patience legte die Hände an Vanes Oberkörper und widerstand dem Wunsch, sich an ihn zu schmiegen.
Als er das nächste Mal den Kopf hob, zwang sie sich, ihn zu fragen. »Glauben Sie, er wird zurückkommen?« Ihre Worte waren nicht mehr als ein Hauch.
»Wer weiß? Ich dachte, ich warte eine Weile.«
Er ersetzte den verlockenden Hauch seines Atems an ihren Lippen durch eine noch intensivere Zärtlichkeit.
In Patience' Kopf drehte sich alles. »Vielleicht werde auch ich warten.«
»Hm.«
Einige Minuten später, als sie eine notwendige Pause machten, um Luft zu holen, meinte Vane: »Wissen Sie eigentlich, dass Ihre Katze auch hier ist?«
Sie hatte nicht gewusst, ob Myst ihr gefolgt war oder nicht. »Wo ist sie?« Patience sah sich um.
»Auf dem Stein links von Ihnen. Sie kann wahrscheinlich besser sehen als wir, sogar in diesem Nebel. Lassen Sie sie nicht aus den Augen – wahrscheinlich wird sie verschwinden, wenn das Gespenst auftaucht.«
Lassen Sie sie nicht aus den Augen. Das war gar nicht so einfach, wenn er sie küsste.
Patience schmiegte sich enger an seinen warmen Oberkörper. Er hielt sie fester, seine Hände legten sich um ihre Taille, schoben sich unter ihren Umhang. Er zog sie noch enger an sich und bewegte sich ein wenig, so dass sie gefangen war – sehr bequem gefangen – zwischen ihm und der alten Mauer. Ein Arm und eine Schulter schützten sie vor den kalten Steinen, der Rest seines Körpers schützte sie vor der Nacht. Sein Griff wurde noch fester, Patience fühlte seine Kraft in ihrem ganzen Körper, fühlte, wie sich sein Oberkörper an ihre Brüste drängte, seine Hüften gegen ihren Bauch, seine harten, festen Oberschenkel gegen ihre Beine.
Seine Lippen fanden ihre, seine Hände legten sich auf ihren Rücken und zogen sie an sich. Patience fühlte, wie Hitze aufstieg – von ihr, von ihm, zwischen ihnen. Sie waren nicht länger in Gefahr zu frieren.
Myst fauchte.
Vane hob den Kopf, sofort war er wachsam.
Ein Licht blitzte in den Ruinen auf. Der Nebel war dichter geworden und machte es schwer, genau zu bestimmen, wo die Laterne war. Der Widerschein brach sich an den zerbrochenen Steinen und lenkte von seinem Ursprung ab. Es dauerte einen Augenblick, um den Ort der Lichtquelle zu bestimmen.
Das Licht kam von der anderen Seite des Kreuzganges.
»Bleiben Sie hier.« Mit diesem geflüsterten Befehl schob Vane sie von sich und ließ sie im Schutz der Wand stehen. Im nächsten Augenblick war er verschwunden, wie ein Geist wurde er eins mit dem Nebel.
Patience unterdrückte einen Protest. Sie sah sich um – gerade noch rechtzeitig, um zu sehen, dass Myst hinter Vane herlief.
Jetzt war sie ganz allein.
Benommen starrte Patience den beiden nach. Irgendwo vor ihr leuchtete noch immer die Laterne des Gespenstes.
»Das ist doch lächerlich!« Mit diesen Worten eilte sie Vane nach.
Sie entdeckte ihn einmal, als er
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