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Der Lügner

Der Lügner

Titel: Der Lügner Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Stephen Fry
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…«
    »Nenn mich einfach Guy«, sagte der Schauspieler. »Das ist mein richtiger Name.«
    Ein berühmter Freier! dachte Adrian bei sich. Ich habe einen berühmten Freier aufgegabelt!
    Er blieb über Nacht, etwas, wovor man ihn gewarnt hatte. Guy hatte ihn mit geräuchertem Lachs und Rührei und einem Kuß geweckt.
    »Ich konnte nicht glauben, daß du auf den Strich gehst, Schatz«, sagte er. »Ich hab gesehen, wie du vom Playland zum Dilly spaziert bist, und ich konnte es, verdammt noch mal, einfach nicht
glauben

    »Na ja«, sagte Adrian bescheiden, »ich mach’s noch nicht lange.«
    »Und auch noch Hugo! Mein Lieblingsname. Das war schon immer mein Lieblingsname.«
    »Man tut, was man kann.«
    »Wirst du bei mir bleiben, Hugo, Baby?«
    Für Adrian hätte die Einladung zu keinem besseren Zeitpunkt kommen können. Drei Tage zuvor hatte er inden Spiegel der Toilette im Regent Palace Hotel geblickt und war schockiert zu sehen, daß das Gesicht einer Nutte seinen Blick erwiderte.
    Er wußte nicht, wie oder warum er sich verändert hatte, aber er hatte es jedenfalls. Nur eine winzige Menge Flaum sproß auf seinem Kinn, und wenn er ihn abrasierte, war er immer noch so glatt wie ein Zehnjähriger. Seine Haare waren kürzer, sahen aber nicht frisiert oder tuntig aus. Seine Jeans waren eng, aber nicht enger als die von Studenten. Dennoch schrie das Gesicht heraus: »Stricher.«
    Er hatte den Spiegel gewinnend angelächelt. Eine billige Aufforderung grinste zurück.
    Er zog die Augenbrauen hoch und probierte einen verlorenen, unschuldigen Blick.
    Fünfzehn Eier fürs Blasen. Am Arsch läuft nichts, antwortete sein Spiegelbild.
    Ein paar Wochen raus aus dem Dilly würden ihm die Chance geben, etwas vom alten Pfirsich mit Sahne wiederherzustellen.
    Guy wohnte in einem kleinen Haus in Chelsea und stand kurz vor Beginn der Dreharbeiten an einem Film in den Shepperton-Studios. Er hatte den Piccadilly abgeklappert, um sich ein letztes Mal was zu gönnen, bevor er fünf Wochen lang um sechs aufstehen und bis acht arbeiten mußte.
    »Aber jetzt habe ich einen Freund, zu dem ich nach Hause kommen kann. Es ist wunderbar, Schatz, wunderbar!«
    Adrian dachte, jemanden zu haben, der ans Telefon ging, den Einkauf erledigte und die Wohnung für ihn sauberhielt, war wirklich wunderbar.
    »Ich hatte mal eine irische Putzfrau, aber die Schlampedrohte, an die Öffentlichkeit zu gehen, und seitdem traue ich mich nicht mehr, jemanden reinzulassen. Aber dir vertraue ich, mein Sahnetörtchen.«
    Der Public-School-Akzent. Wenn die bloß wüßten.
    »Vielleicht hab ich recht, vielleicht auch nicht«, sang er unter der Dusche, »aber ich schwöre jederzeit, als du dich umdrehtest und mich begehrtest, weinte eine Hure am Soho Square.«
    Adrian blieb also und lernte Kochen und Einkaufen und bei Abendgesellschaften charmant zu sein. Guys Freunde waren hauptsächlich Produzenten und Drehbuchautoren und Schauspieler, und nur ein paar Schwule unter ihnen. Adrian war der einzige, der ihn Guy nannte, was der Freundschaft eine besondere und öffentlich zärtliche Note verlieh. Guy war fünfunddreißig und mit neunzehn schon verheiratet gewesen. Das Kind aus dieser Ehe lebte bei der Ex-Frau, einer Schauspielerin, die Guys Coming out schlecht verkraftet, sofort wieder geheiratet und Guy verboten hatte, seinen Sohn zu besuchen.
    »Er muß jetzt ungefähr so alt sein wie du, vielleicht ein paar Jahre jünger. Ich wette, er ist eine kreischende Tücke. Würde der Schnepfe ganz recht geschehen.«
    Eines Abends kamen Guys Agent Michael Morahan und seine Frau Angela zum Essen. Sie kamen, bevor Guy aus Shepperton zurück war, und Adrian tat sein Bestes, sie in der Küche zu unterhalten, wo er Paprikaschoten kleinhackte.
    »Wir haben viel von Ihnen gehört«, sagte Angela und ließ ihre Ozelotstola auf den Küchentisch fallen.
    »Hohe Anerkennung, will ich doch hoffen?«
    »O ja, Sie haben Tony so gutgetan.«
    Michael Morahan öffnete eine Flasche Wein.
    »Das ist ein Vierundsiebziger«, sagte Adrian. »Der sollte dekantiert werden oder zumindest eine Stunde sein Bouquet entfalten können. Im Kühlschrank steht ein Sancerre, falls Sie den vorziehen.«
    »Danke, der hier genügt«, war die ungeschliffene Antwort. »Ich habe von Tony gehört, daß Sie ein O. H. sind?«
    Adrian hatte die Old-Harrovian-Krawatte um Morahans Hals bereits bemerkt und seine Antwort vorbereitet.
    »Also, um die Wahrheit zu sagen«, sagte er, »das ist ein Gerücht, das ich gewissermaßen

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