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Der Mann aus Israel (German Edition)

Der Mann aus Israel (German Edition)

Titel: Der Mann aus Israel (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Margaret Jardas
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zusammen, ich fühle
mich elend und den Tränen nahe. Elisabeth, Elisabeth, stöhne ich über mich
selbst, was geschieht denn mit Dir? Reiß Dich doch zusammen. Wozu musst Du denn
jetzt Walzer tanzen? Das ist doch kindisch und unnötig. Diese Sentimentalität
überrollt mich völlig unerwartet. Ich möchte tanzen, tanzen, tanzen. Am
liebsten in einem weißen Kleid, mit einer Feder im Haar, die beim Drehen hin-
und her wippt.
    Ha Walzer ha ze bischwil Elisabeth höre ich den
Gitarristen ins Mikrophon sagen. Für mich, denke ich, dieser Walzer soll für
mich sein? Und die ersten Takte von Wiener Blut hüpfen beschwingt durch
die Luft. Ich gehe hinein in den Saal und inmitten der leeren Tanzfläche steht
Raffael. Er hat die Arme ausgebreitet und lacht mich mit einem strahlenden
Gesicht an. „Komm`, meine Schwalbe“, sagt er. „komm` in meine Arme.“
    Mit einer eleganten Bewegung nimmt er meine rechte Hand in
die seine, ganz leicht spüre ich die andere Hand auf meinem Rücken. „Ich kann
Walzer tanzen! Kannst Du es auch?“ fragt er. Ich kann nur nicken, mir hat es
die Sprache verschlagen. Er verbeugt sich knapp, und wir beginnen unsere Kreise
über die Tanzfläche zu ziehen. Ich spüre seine Führung und spüre sie auch
nicht. Ganz leicht wie eine Wolke lässt er mich schweben, ich scheine den Boden
überhaupt nicht zu berühren. Unsere Oberkörper sind ein wenig zurückgeneigt, er
hält die Arme ganz ruhig, der Schwung in seinem Tanz kommt allein aus der
Hüfte. Ich spüre die Härte seiner Schenkel, spüre seine Hände, und wie das
Kräuseln von kleinen Wellen auf einem ruhigen Wasser zieht sich von meinem
Magen aus ein wohliges Aufgeregtsein durch meinen ganzen Körper. Halt` mich
fest, denke ich, lass` mich nie mehr los. Ich brauche kein weißes Abendkleid,
keinen Mann im Frack, nur Dich.
    Raffael schaut mir den ganzen Tanz lang fest in die Augen.
Sie haben jede Härte verloren, es ist, als würde ich in einen tiefen Brunnen
schauen, auf dessen Wasser sich das Mondlicht spiegelt. Ich verliere mich
darin. Sein Haupt ist das feinste Gold. Seine Augen sind wie Tauben an den
Wasserbächen, sie baden in Milch und sitzen an reichen Wassern. Salomons
Hohes Lied geht mir durch den Sinn, und plötzlich scheinen die gefühlbeladenen
Worte verständlich, selbstverständlich. Dieses rauschhaft Übertriebene, das
mich immer so gestört hat, spüre ich am eigenen Leib, erahne plötzlich, dass es
Gefühlsschauer geben muss, die Worte wie diese zulassen. Seine Finger sind
wie goldene Stäbe, voller Türkise. Sein Leib ist wie reines Elfenbein, mit
Saphiren geschmückt. Oder waren es Rubine? Ich muss sofort nachlesen, wenn
ich ins Zimmer komme, denke ich, hoffentlich habe ich die Bibel dabei. Ich
registriere mit Erleichterung, wie sich mein Hirn langsam aus dieser seltsamen
Gefühlsumklammerung herausschält und seine Arbeit wieder aufnimmt. Das Hohe
Lied muss unter Lehrbücher und Psalmen stehen, denke ich weiter. Die Kommentare
dazu habe ich im Ordner, da bin ich sicher, weil ich in Jerusalem in der
Bibliothek am Scopus-Berg nachschauen möchte, ob die israelische Forschung mit
der These übereinstimmt, dass die Gesänge und Psalmen des Alten Testaments auf
ugaritische Texte und Motive zurückgehen.
    Die Musik hört auf. Die Leute klatschen und rufen, die
Vorstellung ist zu Ende.Gott sei Dank, denke ich, es wurde auch Zeit.
Verdammter Kitsch, und alles nur wegen ein paar Johann Strauß Klimpereien.
    „Fühlst Du, wie gut unsere Körper zusammenpassen,
Elisabeth?“ flüstert mir Raffael ins Ohr. Seine Lippen sind warm und weich.
Mich überläuft wieder ein heißer Schauer, mein Herz klopft wie verrückt. Nur
jetzt nicht nachgeben, denke ich verzweifelt, ich muss raus hier, weg hier.
Schnell, sonst werde ich keine Kraft mehr aufbringen, mich aus dieser
schwülstigen Umarmung zu lösen. Ich ziehe die Luft durch die Nase ein und
kämpfe um Disziplin.
    „Ich fühle gar nichts.“ sage ich so schroff ich kann, drehe
mich um und verlasse den Raum.

Dritter Tag
    Die ganze Nacht über habe ich mich im Bett herumgewälzt und
verzweifelt versucht, wach zu bleiben. Denn jedes Mal, wenn ich die Augen
schloss und hinüberdriftete in den Schlaf, lag Raffael neben mir. Er war nackt.
Sein ganzer Körper war weich und warm, wie seine Lippen, die ich gestern nach
dem Walzer für einen Moment an meinem Ohr gespürt hatte. Er streichelte mich
sanft und redete ganz leise auf mich ein. Es klang nach Liebesworten, ich
verstand nichts davon. Er

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