Der Mann aus Israel (German Edition)
Telefon-Nummern meiner Freunde vortragen. Ich denke mir Weihnachtsgeschenke
aus während des Liebesaktes und überlege, ob ich diese Woche zum Friseur gehen
solle oder erst nächste. Nicht dass mir seine Liebe unangenehm ist, ich fühle
mich hinterher meist wohl. Er bringt mich zum Orgasmus, aber er bringt mich
nicht zum Abheben. Die Himmelsmusik, die in den Romanen in den Herzen der
Liebenden spielt, habe ich noch nie gehört. Ich bin immer vollkommen klar im
Kopf.
„Wach` auf, Frau Reiseleiterin“, Raffael zupft mich am Hemd.
„es wird Zeit. Wir müssen weiter. Deine Landsleute stehen sicher schon am Bus.“
Ich klopfe mir den Sand von den Hosen. „Geh` Du zuerst.“ sagt er zu mir. „Ich
nehme dann einen anderen Weg.“ Ach, er will wohl nicht mit mir gesehen werden,
denke ich. Sicher hat er Angst davor, dass seine Frau davon erfährt. Das habe
ich bei den israelischen Männern schon oft beobachtet. Wie die Gockel steigen
sie einem hinterher, angriffslustig und mit gespreizten Schwanzfedern, spielen
die Eroberer und die Liebeserfahrenen, stecken die Zunge ein wenig aus den
Lippen hervor, markieren Geilheit und Lust. Aber kaum betritt die Ehefrau die
Bühne, verdrücken sie sich unter den Tisch, verbergen ihren Trieb auf andere
Frauen und winseln und kuschen und parieren der Peitsche der Gattin. Armseliges
Männerpack, denke ich. Ich habe auch gehört, dass die israelischen Männer
schlechte Liebhaber sein sollen, faul und arrogant. Das habe ich neulich am
israelischen Fernsehen gehört. In einer Sendung die Balagan heißt . Da
erzählen israelische Frauen von ihrem Herzeleid. Mit den Männern. Eine
Geschichte habe ich mir gemerkt. Weißt Du, Hanna, das ist die Moderatorin,
sagte ein Frau in den späten Dreißigern, Avram, ihr Freund, sei eine echte
Flasche im Bett und außerhalb des Hauses ein Riesen-Macho. Als sie kürzlich
Liebe machten, ließ er sich von ihr den Schwanz lutschen, bis er kam. Danach
fragte er sie doch allen Ernstes, ob er gut gewesen sei.
Raffael gehört sicher auch zu dieser Sorte, denke ich
wütend. Das einzige, was ihn interessiert, ist mich aufs Kreuz zu legen. In
aller Heimlichkeit. Hinter einer Düne versteckt, traut er sich näher zu rücken,
kaum könnten andere Menschen in der Nähe sein, verlässt ihn der Mut, und er
lässt mich einfach sausen. Großmaul blödes, denke ich. Aber bei mir wirst Du
keinen Erfolg haben. Auf die Idee, dass Raffael mich und meinen Ruf schützen
möchte, komme ich nicht. Der doch nicht, dieser ekelhafte, fette Egoist.
„Ich hoffe, Sie haben die kulturlosen zwei Stunden gut
überstanden.“ sagt Raffael ins Mikrofon, als der Bus losfährt. Die Gäste lachen
zufrieden. Ich fürchte, sie mögen diesen grobschlächtigen Kerl. „Wir sind recht
früh dran.“ spricht er weiter. Ich schaue auf die Uhr und finde nicht, dass wir
früh dran sind. Der Herr bestimmt anscheinend schon wieder im Alleingang.
„So dass ich die Gelegenheit wahrnehmen kann“, fährt Raffael
fort. „Sie zu mir nach Hause zum Kaffee einzuladen. Es wird Sie sicher
interessieren, wie ein israelischer Reiseleiter lebt. Und Dich doch auch,
Elisabeth, nicht wahr?“ Die Leute klatschen vor Begeisterung. Besuch bei
Eingeborenen ist doch etwas Feines. Mich interessiert das Privatleben von Herrn
Kidon überhaupt nicht. Womöglich soll ich auch noch Shakehands mit seiner Frau
machen und seine blöden Kinder auf den Schoss nehmen. Soll er doch seine Spießerhütte
zeigen, wem er will. Ich möchte so schnell wie möglich nach Jerusalem, in das
schöne Hotel, da gehöre ich schon eher hin. Und ich möchte endlich meine
Freunde treffen, Menschen, die zu mir passen und nicht solche Einfaltspinsel
sind wie der Erzengel.
Er wirft mir einen seiner merkwürdig forschenden Blicke zu.
„Bist Du Dir zu gut, mein Haus zu betreten?“ fragt er ganz leise. „Du wirst
Dich drinnen nicht verirren können, es hat keine elf Zimmer.“
„Ist schon gut, Raffael.“ sage ich. Irgendwie bin ich
betroffen von dieser Bemerkung. Warum erwähnt er die elf Zimmer? Misst er mich
an dem Haus, in dem ich lebe? Habe ich angegeben mit meiner Wohnstatt? Ich habe
doch nur gesagt, was wahr ist.
„Schon gut, Raffael“, antworte ich, „pump Dich nur nicht
auf. Ich komme ja mit in Dein Wohnzimmer. Nur erwarte nicht von mir, dass mich
das interessiert.“
Khalil hat den Bus in Richtung Süden gelenkt. Wir verlassen
die Schönheit des Mittelmeers, die Ruhe der verwunschenen Ruinen von Caesarea.
„Wo wohnst Du denn
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