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Der Mann aus Israel (German Edition)

Der Mann aus Israel (German Edition)

Titel: Der Mann aus Israel (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Margaret Jardas
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überhaupt?“ frage ich Raffael.
    „In Maariv Achat.“ gibt er mir zur Antwort. „Da.“ sagt er
und deutet auf einen Punkt auf der Landkarte.
    „Aber das ist ja in der Westbank!“ schreie ich los. „Du
wohnst in der Westbank, in den besetzten Gebieten? Du bist ein Siedler? Das
kann nicht wahr sein! Und da willst Du uns jetzt hinbringen?“
    Was habe ich nicht alles von diesen schrecklichen Siedlern
gelesen. Die Flinte immer im Anschlag, bereit, jeden Araber, der sich in ihre
Hofeinfahrt traut, abzuknallen. Rassisten, Religiöse, Fanatiker wohnen in der
Westbank. Frauen mit Kopftüchern und Schürzen, wie einst im Stetl, an jeder
Hand ein Kind und ein nächstes im Bauch, Männer mit langen Schläfenlocken und
dicken Bärten, dem Käppchen der Frommen auf dem Hinterkopf und den
irrwitzigsten Parolen auf den Lippen. Sie beanspruchen ein „Groß-Israel“ für
sich innerhalb der Grenzen der alten Königreiche Juda und Israel. Anspruch auf
ein Territorium, das mehr als zweitausend Jahre zurückliegt und durch nichts
gerechtfertigt ist. Die Westbank-Siedler sind militante Gegner des
Friedensprozesses und betrachten ihre arabischen Nachbarn als Menschen zweiter,
was sag` ich, dritter Klasse. Da wohnt Raffael! Und da schleppt er uns jetzt
hin. 
    „Ich bin nicht fromm und militant bin ich auch nicht, wenn
Du das meinst.“ Er scheint meine Gedanken lesen zu können. „Du solltest nicht
alles glauben, was man Dir in den Medien präsentiert. Bei uns im Dorf gibt es
mehr säkulare Juden als gläubige. Wie übrigens in beinahe allen jüdischen
Gemeinden in der Westbank.“
    Wir haben die Autobahn Richtung Tel Aviv verlassen und
fahren jetzt durch moderne, israelische Kleinstädte. Ich empfinde sie als
trostlos. Die Straßen sind gesäumt von Schnellimbissen und Tankstellen,
Industrieanlagen und Supermärkten.
    „Aber was, bitte sehr, gibt es sonst für einen Grund, in der
Westbank zu wohnen und den Palästinensern damit ihren Boden zu rauben?“ bemerke
ich spitz.
    „Es ist halt so, Elisabeth, dass nicht alle Menschen sich
einen BMW leisten können und in einer Villa wohnen. Ich bin vor einigen Jahren
hierher gezogen, weil ein Haus in den besetzten Gebieten nur die Hälfte so viel
kostet wie im Kernland. Wenn die Regierung mir eine gleichwertige Unterkunft in
Israel selbst anbietet, ziehe ich heute noch um.“ Er sagt das mit einem leicht
melancholischen Unterton, der mich ins Herz sticht und mir die Röte ins Gesicht
jagt. Schon wieder ins Fettnäpfchen getreten. Ich rutsche auf meinem Sitz hin
und her und werde das Gefühl nicht los, dass auch ich nicht viel verstehe von
den Problemen dieses Landes. Was hatte der Erzengel auf dem Golan gesagt? Ich
könne den Touristen erzählen, was ich wolle, sie würden nichts begreifen. Gilt
das womöglich auch für mich? Am besten, ich sage jetzt eine Weile nichts, nehme
ich mir vor.
    Die Mitreisenden haben ihre Fotoapparate aus den Taschen
genommen, neue Filme eingelegt und warten jetzt gespannt auf das Erlebnis
„Westbank“. Die Städtchen werden spärlicher, Felder und Brachland säumen die Straßen.
Kein Baum mehr weit und breit, nur Steine und Karst. Raffael erklärt, dass wir
uns der sogenannten grünen Linie nähern, der einstigen Grenze zwischen Jordanien
und Israel. Im Sechs-Tage-Krieg von 1967 haben die Israelis dieses Gebiet
erobert und halten es seither besetzt. „Als Westbank geistert dieser 5879 qkm große
Landstrich seither durch die Weltpresse. Teile dieses Gebietes wurden nach 1967
zur jüdischen Besiedlung freigegeben und finanziell von den jeweiligen
Regierungen unterstützt. Es gibt inzwischen mehr als 120 jüdische Dörfer in den
besetzten Gebieten.“ erklärt er. Er kommentiert nicht, zählt nur Fakten auf.
Inzwischen kenne ich ihn so gut, dass ich weiß, dass er nichts Negatives über
sein Land über die Lippen bringt. Sollte ihm etwas im eigenen Land
widerstreben, wird er es vermutlich nicht laut sagen oder aber, wie jetzt,
einfach kühl darüber hinweggehen. „Für viele nichtgläubige Juden, die in den
besetzten Gebieten leben, ist das nur eine zweitbeste Lösung. So auch für mich
und meine Familie. Aber wir können uns die überteuerten Wohngegenden in Israel
selbst nicht leisten.“ fährt er fort. Ich versuche nichts zu denken, nicht zu
urteilen. Ich werde mir das jetzt einfach nur anschauen, sage ich zu mir.
    Neben den gelben Auto-Nummernschildern Israels tauchen jetzt
vermehrt die blauen der arabischen Bewohner der Westbank auf. Damit sind

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