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Der Mann aus Israel (German Edition)

Der Mann aus Israel (German Edition)

Titel: Der Mann aus Israel (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Margaret Jardas
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der Kellner höflich.
Er ist Araber.
    „Ja, und die Steckdosen gehen auch nicht für unsere
Apparate. Und wenn, dann muss man unter Schränke und hinter Tische kriechen, um
den Stecker hineinzubekommen.“ Gerlinde Kampfhans Suche scheint heute Abend
aber erfolgreich gewesen zu sein. Ihre blonde Mähne strahlt frisch gewaschen,
stabilisiert mit drei Litern Haarspray.
    „Kleinchen“, ruft Frau Matthäus. Sie meint ihren Ehemann
damit. „reiche mich doch das Salz herüber. Ach, ich kann diesen Fraß nicht mehr
sehen.“ stöhnt sie und beugt sich über die mit frischen Kräutern und
Weinblättern gefüllte Aubergine, die in einer Zitronenrahmcreme auf
Minzenblättern schwimmt. „Wie ich mich auf Spätzle freue. Die mache ich
mir gleich morgen, wenn wir heimkommen. Gell, Kleinchen, das magst Du auch?“
    Kleinchen nickt mit dem Kopf und lacht seine Frau
ergeben an. Zwischen seinen Zähnen quillen Essreste hervor. Seiner Nase
entwachsen lange Haare. „Hei jo“, sagt er. „am schönsten ist es doch zu Hause.“
    Meine Hände ballen sich zu Fäusten, ich presse die Lippen
fest zusammen, um nicht laut herauszuschreien und mit den Fäusten auf den Tisch
zu hämmern. Die Erbsensuppen sollen ihnen ins Gesicht spritzen, die
Erdbeertorten über ihre blöden gestickten Schwabenblusen schwappen und das
kostenlose Chlorwasser soll ihnen die Tränen in die Augen jagen. Ich hasse
diese Leute, denke ich, ich hasse sie aus tiefster Seele. Wie kann ich in ein
Land zurückkehren, wo solche Dinge Gesprächsthemen sind, wo die Menschen mich
erdrücken und erdrosseln mit ihrem banalen, dummen Geschwätz. 
    „ Motek, meine Süße, was brütest Du hinter den
Schatten Deiner Augen für grausame Ideen aus?“ Durch den Nebel meines Zorns
höre ich diesen Satz. In Hebräisch. Es ist Raffaels Stimme, sie klingt wie eine
Aufforderung zum Tanz, melodiös und einladend. Die fröhlich hüpfenden Putten
seiner Worte schwingen sich über den Tisch, drehen einen kleinen Kreis,
verneigen sich kokett, die rechte Hand auf die Brust gelegt, nicken mir
verschwörerisch und mit einem kleinen Augenzwinkern zu und setzen leichtfüßig
den Bogen an zum Schuss in mein Herz. Ihre Pfeilchen zwicken und kitzeln. Ich
muss lachen und öffne meine Augen. Mir gegenüber sitzt mein Erzengel,
lichtumflutet, wie in einer Mandorla. Um ihn herum leuchtet ein Strahlenkranz,
der alles übrige entschwinden lässt, die Silhouetten der Menschen lösen sich im
Glanz von Raffis gewaltiger Kraft einfach auf. Ich verliere mich in seinem
Anblick, er ist atemberaubend gegenwärtig, nicht tot, wie diese fahlen
Touristen, denke ich. Sein Hunger auf Leben ist herrlich. Wie konnte ich nur
einen einzigen Moment lang zögern. Er ist es, den ich will und sonst gar
nichts. Meine eigenen Landsleute sind mir fremd, nicht er. Grau sind sie und
langweilig, wie das Wetter unserer Heimat, ein farbloser Faden eintönigen
Regens. Ich werde alles in Kauf nehmen, denke ich, mag kommen, was will. Hier,
bei ihm, ist mein einziger Platz.
    „Du bist so stark wie Samson.“ antworte ich in Hebräisch.
Ich tauche in das Leuchten seiner smaragdgrünen Augen wie in einen vertrauten
Weidegrund. Wir beide werden uns in blühenden Wiesen lieben und einen Dreck auf
alle Konventionen geben.
    „Hoffentlich bist Du nicht Dalilah und wirst mich verraten.“
Er schaut mich versonnen an.
    „Das glaubst Du ja wohl selbst nicht!“ rufe ich begeistert.
„Ich werde Dich besoffen machen mit meiner Zärtlichkeit. Für immer und ewig.“
Ich pfeife ihm Dalilahs betörenden Liebeschwur vor ah, Samson, Samson, réponds
à ma tendresse, verse-moi l`ivresse. In der Oper antwortet Samson mit
leidenschaftlichen Koloraturen Dalilah, Dalilah, je t`aime, je t`aime, je
t`aime. Mein Erzengel grinst amüsiert, ein Lachen füllt sein ganzes
Gesicht. Aber er sagt kein Wort.
    Ich stehe auf, schiebe den Stuhl artig zurück an den Tisch
und verabschiede mich höflich von meiner Gruppe. „Ich werde versuchen, meinen
Koffer zuzubekommen.“ lächle ich sie an und ernte dafür ein mitfühlendes
Kopfnicken.
     
     Überall in meiner riesengroßen Suite liegen bunte Kissen
aus gewirkter Damaszener Seide, auf der kleinen niedlichen Couch, auf den Sesseln
und den Balkonstühlen. Ich sammle sie ein und werfe sie auf mein Bett. Als
einziges Licht habe ich den Messingleuchter mit den vielen durchlochten
Kreisen, der über dem Schminktischchen baumelt, brennenlassen. Der leichte
Wind, der durch die offene Balkontür hereinweht, lässt die

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