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Der Mann Aus St. Petersburg: Roman

Der Mann Aus St. Petersburg: Roman

Titel: Der Mann Aus St. Petersburg: Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ken Follett
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nicht totschlagen. Wenn ihr wüßtet, daß ich wieder hier bin, würdet ihr in euren Lackschuhen vor Angst schlottern.
    Er setzte sich zur Beobachtung nieder. Das Dumme an seiner Lage war, daß sein Opfer jetzt wachsam sein würde. Es war nun viel schwieriger, Orlow zu töten, denn er würde Vorsichtsmaßnahmen treffen. Felix mußte herausfinden, worin diese bestanden, damit er sie umgehen konnte.
    Um elf Uhr vormittags kam ein Wagen aus der Einfahrt, und Felix glaubte, hinter dem Glasfenster einen Bart und einen Zylinder zu erkennen. Waiden. Der Wagen kam um ein Uhr zurück. Um drei erschien er wieder, diesmal wurde ein Frauenhut sichtbar, der wahrscheinlich Lydia gehörte, vielleicht aber auch der Tochter der Familie. Wer es auch immer war – er kam um fünf zurück. Gegen Abend trafen einige Gäste ein, und die Familie schien zu Hause zu speisen. Von Orlow keine Spur. Es sah ganz so aus, als sei er ausgezogen.
    Ich werde ihn schon finden, beruhigte Felix sich.
    Auf dem Heimweg nach Camden Town kaufte er sich eine Zeitung. Als er in seinem Zimmer ankam, lud Bridget ihn zu sich zum Tee ein, und so las er die Zeitung in ihrem Wohnzimmer. Weder im Hofbericht noch in der Gesellschaftsspalte war etwas über Orlow zu finden.
    Bridget sah, was er las. »Interessante Lektüre für jemanden wie Sie«, sagte sie spöttisch. »Sie haben sich wohl noch nicht entschlossen, auf welchen Ball Sie heute abend gehen.«
    Felix lächelte und schwieg.
    Bridget sagte: »Ich weiß, was Sie sind. Sie sind ein Anarchist.«
    Felix saß ganz still.
    »Wen wollen Sie denn umbringen?« fragte sie. »Hoffentlich den verdammten König.« Sie schlürfte laut ihren Tee. »Sie brauchen mich nicht so anzustarren. Man könnte meinen, Sie wollten mir die Kehle aufschlitzen. Aber machen Sie sich keine Sorgen, ich werde Sie nicht anzeigen. Mein Mann selig hat zu seiner Zeit auch ein paar Engländer umgelegt.«
    Felix war sprachlos. Sie hatte es erraten – und sie billigte es! Er wußte nicht, was er sagen sollte. Er stand auf und faltete seine Zeitung zusammen. »Sie sind eine gute Frau«, sagte er. »Wenn ich zwanzig Jahre jünger wäre, würde ich Ihnen einen Kuß geben. Verschwinden Sie, bevor ich mich vergesse.«
    »Vielen Dank für den Tee«, sagte Felix und ging hinaus. Er verbrachte den Rest des Abends in seinem traurigen Kellerzimmer, starrte die Wand an, dachte nach. Natürlich hielt sich Orlow irgendwo versteckt. Aber wo? Wenn er nicht mehr im Waidenschen Haus war, konnte er auf der russischen Gesandtschaft sein oder im Haus eines Gesandtschaftsbeamten, oder in einem Hotel, oder bei Freunden der Waidens. Er konnte sogar außerhalb von London in einem Landhaus sein. Es war völlig undenkbar, alle Möglichkeiten nachzuprüfen.
    Es wird nicht so leicht sein. Er begann sich Sorgen zu machen. Sollte er Waiden beschatten? Vielleicht blieb ihm nichts anderes übrig, aber es war unbefriedigend. Mit dem Fahrrad konnte man natürlich einem Wagen in London leicht folgen, aber es wäre ermüdend, und Felix wußte, daß er in den nächsten Tagen noch nicht dazu in der Lage war. Und angenommen, Waiden würde innerhalb von drei Tagen verschiedene Privathäuser besuchen, zwei oder drei Büros, einige Hotels und eine Gesandtschaft – wie sollte Felix dann herausfinden, in welchem dieser Gebäude sich Orlow befand? Es wäre möglich, würde aber viel Zeit in Anspruch nehmen. Inzwischen würden die Verhandlungen fortschreiten und der Krieg näher rücken.
    Und schließlich war es immerhin noch möglich, daß Orlow weiter bei Waiden wohnte und einfach nur beschlossen hatte, nicht auszugehen.
    Felix grübelte über das Problem nach, bis er einschlief, und am nächsten Morgen hatte er die Lösung gefunden.
    Er würde Lydia fragen.
    Er wichste seine Stiefel, wusch sich das Haar, rasierte sich. Er lieh sich von Bridget einen weißen Baumwollschal, den er sich um den Hals band, damit man nicht sah, daß er weder einen Kragen noch eine Krawatte trug. Bei dem Altkleiderhändler auf dem Mornington Crescent fand er einen steifen Hut, der ihm paßte. Er betrachtete sich im brüchigen Spiegel des Trödlers. Er sah ganz respektabel aus. Er machte sich auf den Weg.
    Natürlich hatte er keine Ahnung, wie Lydia auf ihn reagieren würde. Er war sich immerhin sicher, daß sie ihn in der Nacht des Fiaskos nicht erkannt hatte. Sein Gesicht war verhüllt gewesen, und ihr Schrei war nur die Reaktion auf den Anblick eines Unbekannten mit einer Waffe gewesen. Angenommen, er gelangte

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