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Der Metzger holt den Teufel

Der Metzger holt den Teufel

Titel: Der Metzger holt den Teufel Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Thomas Raab
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schon der Kommissar vorausgesagt, und daran glaub ich!«
    Und recht hat er, der Homolka. Glaube versetzt eben Berge, mag man meinen, auch wenn viel öfter irgendwer Berge versetzt, damit andere glauben.
    Denn bereits am späten Nachmittag des nächsten Tages kommt es in puncto Wahrnehmung völlig unvermutet gewissermaßen zu einer Kontinentalplattenverschiebung.

    Es steht außer Frage, selbstverständlich hat auch diese Dienststelle seit einem Jahr, wie es halt im öffentlichen Raum so Sitte ist, eine nachträglich hinzugefügte Rollstuhlrampe. Immerhin sollen Menschen mit Handicap heutzutage all die im Alltag benötigten Orte wie beispielsweise Büros, Banken, Ämter, Lebensmittel-, Textil- und Baumärkte auch möglichst selbstständig erreichen können. Orte, an denen sie kaum jemand arbeiten lassen wird, obwohl viele unter ihnen die Anforderung dieser Arbeit anstandslos erfüllen könnten. Lang bevor ein Mensch ein gleichberechtigter Mensch ist, ist er eben ein gleichberechtigter Konsument.
    Sie hat also eine Rollstuhlrampe, die Dienststelle. Ohne motorisierten Rollstuhl käme Sandra Kainz allerdingsselbst da nicht hinauf. In diesem Fall ist es trotzdem für Arsch und Friedrich, denn bei der Eingangstür gibt es ein Durchkommen nur zu Fuß. Die schmale, dafür zweiflügelige Eingangstür hat einen fest verankerten Mittelpfosten, folglich trotz ihrer beiden Flügel zu wenig Weite, und der Vollpfosten namens Baumeister längst das Weite gesucht. Oben angekommen, wird Sandra Kainz von einem zuvorkommenden Beamten wieder die Rampe hinunter zum Nebeneingang geleitet, die Treppe hinaufbefördert und ins Innere der Dienststelle geschoben.
    Seit der Rückkehr von ihrem Rehabilitationsaufenthalt ist diese Fahrt ins ums Eck gelegene Revier ihr erster Ausflug allein. Dabei hat sie längst hinausgewollt, raus auf eine einsame letzte Reise, raus aus diesem Gefängnis namens Fleisch, welches sie vor ihrem Schlaganfall noch Körper zu nennen pflegte. Genau das, was einem eigentlich niemals selbst passiert, sondern immer nur den anderen, hat sie getroffen, unvermutet, ohne eine dorthin weisende Lebensführung und ohne Gnade. Ihr wacher Geist und ihr unbändiger Wille sind ihr geblieben. Genau das empfindet sie als größte Strafe: bei vollem Bewusstsein dem zusehen zu müssen, was sie nun Leben nennt.
    Als wäre sie ein Schauobjekt, versammelt sich eine Schar diensteifriger Beamter um ihr Gefährt. Hilfsbereit, aber hilf los. Sandra Kainz kann trotz allergrößter Anstrengung ihr Anliegen nicht verdeutlichen. Für das ihr gebliebene Sprachvermögen fehlen den Menschen die Geduld und das feine Gehör. Mehr noch, allein der Anblick des leicht zur Seite geneigten Kopfes, des halb offenen Mundes und des suchenden Blickes ist in Kombination mit den undeutlichen Sprechgeräuschen, die ihre Zungezustande bringt, für die durchaus bemühten Beamten Grund genug, ihrem Gegenüber zusätzlich zur Lähmung auch eine schwere geistige Behinderung zu attestieren.
    Schließlich wird es ihr zu blöd, und weil sie um das Handicap ihrer Mitmenschen besser Bescheid weiß als die Mitmenschen um das ihre, holt sie mit der funktionstüchtigen rechten Hand den zu Hause vorbereiteten Ausdruck aus der Tasche und drückt ihn dem nächstbesten Beamten in die Hand: »Mein Name ist Sandra Kainz, ich leide an den Folgen eines Schlaganfalles, was bedeutet, ich bewege und artikuliere mich anders als Sie, was aber keineswegs heißt, ich bin ein Idiot. Sie brauchen mich also nicht als solchen zu behandeln, sondern können völlig normal mit mir sprechen. Ich bin hier, weil ich den Eindruck habe, Ihnen einen wichtigen Hinweis zu den Morden an den Orchestermitgliedern und Ihrem Kollegen geben zu können. Bitte um einen fähigen Beamten!«
    Dieser Beamte erweist sich als fähig genug, um die Tragweite des ihm auf einem weiteren Ausdruck zu Gesicht Gebrachten zu erkennen. Die Hauptermittlerin wird informiert, und Irene Moritz macht sich umgehend auf den Weg in diese Dienststelle.
    Was sie dann dort in den vom USB-Stick der Sandra Kainz auf den Computer des Beamten kopierten Dateien zu sehen bekommt, gibt ihr zu denken: »Das heißt ja, dass seit diesen Einträgen des Kammertons Sie, liebe Frau Kainz, die Erste sind, die den Weg zur Polizei findet? Da liegen ja Tage dazwischen.«
    Der Mensch, dem etwas leicht von der Hand geht, ist selten auch derjenige, der etwas in die Hand nimmt, das weiß Irene Moritz. Und dass gerade Sandra Kainz, ausgestattet mit aufrichtiger

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