Der Meuchelmord
Schneckentempo bewegte. Er hätte sie nicht aus den Augen verlieren können, auch wenn er es versucht hätte.
»Leary!« rief eine rauhe, gereizte Stimme. Wahrscheinlich hatte er noch nicht geschlafen, dachte Matthews.
»Hier Matthews, Sir. Ich muß Bericht erstatten, kann aber nicht ins Büro kommen. Ich fahre gerade einem Kunden nach. Was ist mit King?«
»Nichts«, antwortete Leary. »Aber es ist dafür noch zu früh. Er machte einen selbstbewußten Eindruck, aber den kriege ich schon noch. Die nächste Runde übernehme ich selbst. Berichten Sie, und fassen Sie sich kurz. Ich habe wenig Zeit.«
Er war also Matthews immer noch böse. Jeder durfte sich einen Fehler erlauben, bevor er hinausgeworfen wurde. Aber er hatte ihm diesen Fehler nicht verziehen. Matthews wußte genau, daß er sich dafür schon sehr anstrengen mußte.
»Huntley und King hatten die Absicht, J.J. zu beseitigen. Dafür wurde die ganze Sache arrangiert. Der Mann ist genau auf die von uns vermutete Art und Weise ins Land gekommen. Aber er wird seinen Auftrag nicht ausführen. Sie ist jetzt unterwegs zu ihm. Ich kam gerade noch rechtzeitig zu ihr – vor ihrer Tür stand ein Agent mit einer Schmeiser. Nach ihrer Meinung hat King den Mann geschickt. Sie sagte außerdem, er hätte Huntleys Freundin Dallas Jay mit ihr verwechselt und an ihrer Stelle ermordet. Er wußte, daß sie Kenntnis von allem bekommen hatte, und wollte ihr den Mund verschließen. Sie hat mir einen Brief für Sie mitgegeben. Ich habe dafür versprochen wegzusehen und ihr das Rendezvous mit ihrem Liebhaber zu ermöglichen.«
»Gut gemacht, Pete.«
Durch den Gebrauch des Vornamens drückte Leary aus, daß er Matthews wieder verziehen hatte. Auch seine Stimme klang jetzt ganz anders – freundlich, kameradschaftlich. »Verdammt gut gemacht. Jetzt kann ich bei Mr. King den Hebel ansetzen. Und lassen Sie das Mädchen um keinen Preis aus den Augen. Ich will den Mann haben und sie auch. Ich will die beiden am Ende mit diesem Schweinehund hier konfrontieren. Es geht also um die Ermordung von John Jackson.«
Leary legte den Hörer auf und goß sich die letzten Tropfen Kaffee ein. Während der langen Wartestunden auf den Bericht über Eddi King hatte er so viel Kaffee getrunken, daß seine Müdigkeit verflogen war. Es ging also um John Jackson. Seltsam war nur, daß Huntley Cameron den Tod eines Mannes vorbereitete, der sich ganz der weißen Vorherrschaft und der rechtsextremen Reaktion verschrieben hatte. Verständlicher wäre es gewesen, wenn sich King als Kommunist dieses Opfer ausgesucht hätte. Aber in der Politik ist es wie in der Ehe. Oft gehen die seltsamsten Partner miteinander ins Bett. Er stand von seinem Stuhl auf und streckte sich. Es hatte keinen Sinn, noch länger zu warten. Jetzt mußte er sich Eddi King vorknöpfen. Er freute sich schon darauf.
In der langen Autoschlange auf der Park Avenue geriet Matthews schon wieder in eine Stauung und zündete sich eine Zigarette an. Frauen sind manchmal wirklich dumm. Ein bißchen Schmeichelei, eine Bemerkung darüber, daß sie einem immer noch etwas bedeuten, und schon verleitet sie die Eitelkeit zu den unmöglichsten Dingen. Wie hätte er sein Wort halten und Elizabeth mit dem Mörder entkommen lassen sollen? Aber er wollte ihn auf jeden Fall sehen. Er wollte wissen, was Elizabeth an diesem Mann so reizte. Wahrscheinlich war es Sex, sagte sich Matthews. Sex von einer so überwältigenden Kraft, wie dieses wohlerzogene, beherrschte Mädchen ihn noch nie kennengelernt hatte; Elizabeth mußte darüber jeden Maßstab und selbst das Gefühl für die eigene Sicherheit verloren haben.
Sie redete von Liebe. Die Erinnerung daran war ihm unangenehm. Als sie ihn gebeten hatte, sie wegfahren zu lassen, waren ihre Gedanken deutlich von ihrem Gesicht abzulesen: Laß uns beide laufen. Er liebt mich. Das hatte sie gesagt und tatsächlich daran geglaubt. Wie hätte ich sie davon überzeugen sollen, überlegte Matthews, daß dieses Wort im Vokabular eines solchen Mannes nicht existiert? Vielleicht durch den Anblick eines Menschen, den er niedergeschossen hat und der dann in seinem Blute liegt.
Er fuhr schneller und ließ das Taxi nicht aus den Augen. Schon einmal war sie in genau derselben Absicht beschattet worden und hatte ihren Verfolger abgeschüttelt. Aber Peter Matthews sollte sie nicht entkommen.
In ihrem Taxi sah Elizabeth noch einmal auf die Uhr und rief dem Fahrer zu: »Gibt es denn nicht einen anderen Weg aus der Stadt? Ich
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