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Der mieseste Liebhaber der Welt

Der mieseste Liebhaber der Welt

Titel: Der mieseste Liebhaber der Welt Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: dtv
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ist.«
    »Oh, glaub mir, das ist sie.«
    Wir schwiegen ein paar Sekunden und hingen unseren Gedanken nach. Annette Humpe behauptete, nur der Scheich sei richtig reich.
    »Was hast du anzubieten in der Sparte ›Elend & Unglück‹, was ist deine Nummer eins?«
    Angie schaute auf.
    »Als ich neulich Alex helfen wollte, ein bisschen Geld aufzutreiben.«
    »Um was zu tun?«
    »Kokain zu kaufen.«
    »Aber du hast es nicht gemacht?«
    »Ja, aber nur, weil ich kein Geld auftreiben konnte. Weil sie mich wieder nach Hause geschickt haben. Weil ich ihnen zu fett
     war.
Solche
Pornos würden sie nicht machen. Nachdem ich mich vor ein paar Typen ausziehen musste, in einem Flur. Und nachdem ich mich
     vor ihnen drehen musste wie eine Holzballerina und begutachten lassen, nur für den Fall.«
    Ich schwieg.
    »Damit liege ich vorne, oder?«
    Angie lachte, wie andere Menschen einen Schrei ausstoßen.
    »Unentschieden, würde ich sagen. Unter dem Strich hast du jetzt immerhin keinen Porno auf dem Kerbholz, für den du dich ein
     Leben lang schämen würdest, während meine Freundin nach wie vor weg ist. Außerdem läuft Phil Collins ständig im Radio.«
    Angie lachte, diesmal glücklicherweise lautlos.
    »Okay, unentschieden, einverstanden.«
    Dann nahm sie noch einen tiefen Schluck von ihrem Drink und holte tief Luft.
    »Willst du mit mir ficken? Oder bin ich dir auch zu fett?«
    Mir war erst klar, dass es darauf hinauslaufen würde, seitdem ich die Wohnung betreten hatte. Und erst seitdem ich die Wohnung
     betreten hatte, wusste ich, dass ich es auf keinen Fall wollte.
    »Du bist nicht zu fett
,
Angie!«, antwortete ich, um Zeit zu gewinnen. »Das ist es nicht, aber ich will nicht mehr ficken. Das löst unsere Probleme
     nicht.«
    »Ach, halt’s Maul. Ich denke, du bist Fatalist, dann kann es dir doch sowieso egal sein.«
    Angie funkelte mich wütend an. Sie war inzwischen betrunken genug, um darüber zu diskutieren.
    »Findest du mich sexy?«
    »Ja, schon«, log ich und verschluckte das
irgendwie
noch so gerade.
    »Was ist dann dein Problem?«
    Sie zog sich das schwarze Leinenkleid über den Kopf und stand plötzlich in Sandalen, Slip und BH vor mir.
    »Komm mit«, befahl sie mir mit müder Stimme, und ich gehorchte. Ich hatte einfach nicht die Kraft, mit ihr zu diskutieren,
     außerdem war ich auf eine morbide Art neugierig.
    Ihr Schlafzimmer ähnelte einem Schlafsaal in einer Jugendherberge. Es stand kein Stockbett darin, das nicht, aber ansonsten
     war alles da: der Schlafsack auf dem schmuddeligen Laken, ein taschentuchgroßes Kissen, der aufgetürmteKleiderhaufen mitten im Raum. Sogar der muffige Geruch, den ich aus der Wendl-Dietrich kannte, hatte sich in Angies Schlafzimmer
     eingenistet. Frische Luft war hier seit Wochen keine mehr vorbeigekommen. Ich zog mich langsam aus. Es lohnte sich hier drin
     nicht, sich frisch zu machen. Angie war inzwischen nackt. Sie hockte vor ihrem Bett auf dem Boden, um ein paar Teelichter
     zu entzünden. Ich betrachtete ihren Hintern und registrierte amüsiert, dass mich ihr Anblick tatsächlich erregte. Ich war
     vermutlich bloß ein verdammter Affe. Die Evolution leistete gute Arbeit, wenn sie selbst so desolaten Gestalten wie mir erotische
     Ambitionen ermöglichte – in einem Raum, der mehr einem Kartoffelkeller als einem Schlafzimmer glich. Wir legten uns nacheinander
     aufs Bett, ohne uns dabei zu berühren, und blickten wortlos an die Zimmerdecke, bestimmt eine Minute lang. Beinahe gleichzeitig
     prusteten wir los. Das hier war so krank, dass es schon wieder lustig war. Obwohl es Leute gibt, die behaupten, dass Sex und
     Humor sich nicht gut vertragen, setzte erst dieses Lachen die nötige Energie frei, damit wir endlich mit der Intensität von
     zwei Menschen übereinander herfielen, die für ein paar Sekunden etwas anderes spüren wollten als öde Verzweiflung. Angie schmeckte
     nach 15   Jahren Marlboro, ihr Laken müffelte säuerlich, unsere Haut glänzte und schmierte vom Abrieb eines langen Tages, selbst der
     Alkolhol leistete seinen kleinen aromatischen Beitrag. Angies Zunge machte sich in meiner Mundhöhle breit wie ein Hunne unter
     Goten. Hin und wieder atmete ich durch die Nase. So würde das nicht funktionieren. Ich schaffte es, meinen Kopf zu befreien,
     und rutschte langsam an ihr hinunter. Mit sanfter Gewalt schob sie meinen Kopf weiter südwärts. Doch Angie war offensichtlich
     kein Mädchen für Streichinstrumente, sie mochte die Pauke. Sie drückte mir ihren

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