Der mieseste Liebhaber der Welt
streiten. Sie nutzte meine Zwangslage brutal aus. Sie
wollte die
totale
Beziehung. Und wenn ich da nicht
hundertprozentig
mit dabei wäre, so wurde mir sehr deutlich übermittelt, dann sei das heute der Tag, an dem sich unsere Wege trennen würden.
Punkt
. Ich erhielt sogar etwas Bedenkzeit: »Wenn du den Dessertlöffel fallen lässt, will ich deine Antwort hören!«
Svenja nannte es Klartext, ich hielt es für Erpressung. Sie hätte mir mit dem gleichen Effekt eine Petition überreichen können,
die aus ausgeschnittenen Zeitungsbuchstaben bestand. Allerdings war ich nicht in der Position, ihre Verhandlungsstrategie
zu kritisieren. Ich wollte weiter mit Svenja zusammenleben, auch wenn in meinen Phantasien Reihenhäuser und schreiende Babys
bislang keine Rolle spielten. Ich liebte sie schließlich (irgendwie). Außerdem hielt ich ihre Brandrede zwar für übertrieben
und etwas einseitig, aber andererseits in der Konsequenz jetzt nicht soooo furchterregend. Soviel würde sich vermutlich gar
nicht ändern. Wir lebten schließlich schon zusammen in einer Wohnung, und Hausarrest würde mir wohl auch erspart bleiben.
Was die Geschichte mit den Babys anging, musste ich ebenfalls nicht gleich hyperventilieren: Soviel ich wusste, wurden die
kleinen Scheißer selten über Nacht von UPS angeliefert. (Außerdem beinhaltete ihr Kinderwunsch ja auch irgendwie die Verpflichtung
zu häufigem Geschlechtsverkehr, und mit diesem Kollateralschaden ihres Forderungskatalogs würde ich mich schnell anfreunden.)
Ich bestellte einen extra großen Nachtisch, doch das war nur Show. Nach dem letzten Bissen warf ich meine Serviette mit großer
Geste wie ein weißes Handtuch in den Ring und hob beide Hände.
»Okay, ich bin dabei. Alles, was du willst. Mit Freuden!«
Anschließend wollte ich Svenja küssen, schließlich machtman das ja bei Versöhnungen so. Ich dachte noch so bei mir,
hmm, eigentlich ist das alles fast zu einfach gewesen
, da zog Svenja auch schon blitzschnell ihren Kopf zur Seite und wehrte meine vorschnellen Friedensbotschaften ab. Man durfte
diese Frau nicht unterschätzen.
»Eine Sache noch, Markus!«, sagte sie, und ich erkannte an ihrem forschen, fast triumphierenden Tonfall, dass mir dieser Punkt
nicht gefallen würde.
»Ich habe mich ein wenig umgesehen, du weißt ja, dass ich in meinem Job zuletzt nicht so glücklich war.« Zustimmendes Kopfwackeln
von meiner Seite. Wer ist schon glücklich, wenn er ein Nachrichtenmagazin vermarkten soll, in dem keine Nachrichten stehen?
»Also habe ich mich auf zwei, drei Jobs beworben – und den besten habe ich bekommen. Gestern erhielt ich den
Letterof Intent
. Am 1. April fange ich als Anzeigenleiterin für eine flugbereite Entwicklung bei Gruner & Jahr an.«
Hurra. Da gratuliere ich aber. Falls man es mir nicht gleich ansehen sollte: Ich freu mich ja gern mehr so innerlich.
»Mehr Geld, viel mehr Verantwortung und hoffentlich auch ein netteres Team«, fuhr Svenja fort. Ich hatte immer noch keinen
Ton gesagt. Falls Sie sich im Verlagsgeschäft nicht so auskennen: Diese prinzipiell so tolle Nachricht hat einen entscheidenden
Pferdefuß. Gruner & Jahr operiert hauptsächlich aus Hamburg. Das Hamburg, das von München etwa 800 Kilometer entfernt ist, mitten in Norddeutschland. Als die Pause selbst für meine Begriffe etwas zu intensiv wurde, versuchte
ich einen Witz:
»So eine Fernbeziehung wird ja sicher unglaubliche Auswirkungen auf unser Sexleben haben!«
Svenja tat nicht mal so, als sei ihr das ein müdes Schmunzeln wert.
»Du hast bis Juni Zeit, deinen Job zu kündigen und mit deinen drei Kisten und der Playboy-Sammlung bei mir inHamburg aufzuschlagen. Dann suchen wir uns gemeinsam eine Wohnung und schauen, ob wir noch einmal neu anfangen und eine erwachsene
Beziehung aufbauen können. Falls du im Juni immer noch in München hockst, streiche ich deine Nummer aus meinem Telefonverzeichnis.«
Rückblende, Januar 1993
Der dritte Sündenfall
»Bist du verheiratet?«, fragte Imogen interessiert und legte auch noch den Stringtanga auf den überschaubaren Kleiderhaufen
neben der Liege. Svenja nennt Stringtangas immer Zahnseide für den Po, aber mal ehrlich: Wer will denn immer diese hautfarbenen
Schlüpfer sehen, auch wenn die noch so bequem sein mögen.
»Nein, bin ich nicht!«, antwortete ich fast ein wenig empört, so als ob das eine beleidigende Unterstellung sei. Dann erschien
mir die Antwort wiederum zu
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