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Der Minus-Mann

Der Minus-Mann

Titel: Der Minus-Mann Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Heinz Sobota
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einmal, aus heiterem Himmel.
    »Sie gehen Saustall ausmisten«, sagt er zu mir. Mit drei anderen schickt er mich zum Schweinestall. Die Mistgrube ist sieben Meter lang, drei Meter breit und drei Meter tief. Jetzt ist sie einen Meter über den Rand voll. Der Dreck ist festgetreten. Man gibt uns andere Kleidung, dann los. Bis zu Mittag haben wir die Hälfte geschafft. Neben mir keucht ein Zuhälter. Er wußte nicht einmal, wie man den Dreck lockerte. Ich auch nicht. Wir haben Blasen an den Händen und die lästerlichsten Flüche im Mund.
    Schweinescheiße stinkt wie Katzendreck, nur noch intensiver. Gegen vier sind wir fertig. Alles stinkt. Die Zigarette, das Wasser beim Duschen, die anderen Klamotten.
    Gerti wäscht mich noch einmal mit lauwarmem Wasser. Dann massiert er mir die schmerzenden Muskeln, als er mir das Glied küßt, trete ich ihm ins Gesicht.
    »Schleich dich, i bring net amoi an Finga hoch«, sage ich matt. Vickerl sitzt am Tisch und jongliert mit den Karten. Er ist klein, schwarz und hat unglaublich schnelle und gewandte Finger. Er zaubert mit den Karten. Sein psychologisches Ablenkungsrepertoire ist eindrucksvoll. Selten, daß seine Hände ohne ein Paket Karten sind. Er läßt die glänzenden Kartonrechtecke durch die Luft schwirren, Brücken schlagen, verschwinden, zieht sie aus dem Kragen, den Ärmeln, den Schuhen oder aus der Jackentasche des Zuschauers.
    Er streicht mit den sensitiven Fingerkuppen über die Blätter, als würde er sie beschwören oder könnte ihnen befehlen oder mit ihnen sprechen. Er ist Berufsspieler und Einbrecher aus Leidenschaft.
    »Waun i in da Fruah mit da Toschn volla Göd aus ana Hittn kumm, razt’smi, ob i des Schloß aufmochn kaun … EWE Schlesser hob i jeds gesperrt mit mein Zeigl … no jo, di guadn Freind«, sagt er. Ein Freund hat ihn anonym beim Sicherheitsbüro angezeigt, aus Neid wahrscheinlich oder weil ihn Vickerl nicht ›einglodn‹ hat.
    Tommy, der Zuhälter, redet aus der Schule, »mit an Zwarahoiba homs mi aufagschickt noch Stan, sechs Monat hot di Oide ghoitn, daun is beule gaunga, vuriche Wochn hot ma da Fritzl gschribn, si is in Lübeck auftaucht, im Puff, er hot ihr glei a fest’s Deputat gebn, waun a moi ohoin kummt, zaat’as mit owa«, sagt er. Er hat noch vier Zähne, kaum Haare, sieht aus wie das Rumpelstilzchen, ein Satz ist ordinärer als der andere ~ trotzdem kann ich ihn gut leiden.
    »Du muaßt di ois Strizzi einidrahn, Oida, de anzig krisnsichare Hockn, ollas aundare is Oarsch … foar ma mitanaunda noch Deitschland … host scho mitn Jancsi gredt … der foahrt a ummi … do roit a aundara Rubl ois wie bei uns … kaunst ma glaum«, sagt er und nickt bekräftigend in die Runde.
    Sie räkeln sich auf den Betten, Rauchschwaden treiben unter den Lampen. Sie renommieren und essen, lachen und furzen … dreihundert Worte, damit kommt man aus, mehr sticht grell aus dem Alltäglichen, verlangt Aufmerksamkeit, Denktätigkeit. Ist abzulehnen. 
    G. F. Unger ist der Topautor, dicht gefolgt von Allan Wilton und Asterix, sie reden von Pistolen, wie Blinde von der Farbe, jeder hat schon … und nicht einmal, nein vielmal … denn hier ist das wichtig … und wer darüber nichts weiß … sitzt auf der Dauerschaufel … hängt im Häkerl …
    »Wos, du kennst ka Puffn, nau wos mochst’n du, schiaßt mit Roßknedln«, sagen die anderen, und deshalb hat auch er, jeder, eine Waffe. Gerti schneidet mir die Zehennägel und schält mir die harte Haut von den Fersen.
    »Wenn du nicht mehr da bist, lasse ich mich von keinem mehr ficken«, sagt er leise.
    »Du, mir ist das egal«, sage ich abwesend. Was Reaktionen wie Frauen – oder lege ich alles nur deshalb für weiblich aus, weil ich irgendwo unsicher bin. Homosexualität – Homo und Juden, sagte mein Vater immer, sind der Auswurf der Menschheit … Blödsinn, aber wenn man es so oft hört, wie ich es gehört habe, bleibt ein leises Scharren, so eine undeutbare Befremdung, die manchmal hochkommt … ich drücke den Kopf des Jungen gegen meinen Schwanz.
    Leck mich am Arsch, alter Herr, wenn die kleinen Homos nicht wären, hätte ich mich vielleicht schon kastrieren lassen, oder selbst kastriert, wie der Weinwurm, der sich eine Scheibe runtergeschnitten hat und fast verblutet ist.
    »Du hast mir das Lebenslang eingebracht … weg mit dir«, hat er seinen Schwanz angebrüllt und darauflosgeschnitten.
    Harry erzählt mir von einer Dirne, die ihm die Syphilis angehängt hat, und wie er sich gerächt

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