Der Mittelstürmer: Die Geschichte eines schwulen Profi Fussballers
die im Bad bereitstanden. Als er zurückkam, quakte eine gut gelaunte Li auf dem riesigen Bett. Fast hätte er sie zwischen den Bettdecken nicht gefunden. Er wickelte sie, zog sie an und versuchte, ihren Babyflaum zu frisieren.
Marc verließ das Hotel nur ungern, er fühlte sich so sauber, so ruhig. Langsam spazierte er mit Li auf dem Arm durch die Stadt. Zurück in das kleine ärmliche Zimmer.
Tia war noch nicht zurück. So setzte er sich mit Li auf das schmale Bett und wartete. Marc fühlte sich wohl. Diese Nacht mit Li hatte er genossen. Vielleicht sollte er das Tia auch mal bieten, dachte er bei sich. Vielleicht könnte er ihr so ein wenig ihrer Großzügigkeit zurückgeben?
Das quietschende Abbremsen eines Autos riss ihn aus seinen Gedanken. Gerade als er die Tür öffnen wollte, um nachzusehen, was los war, wurde sie aufgestoßen und Tia fiel blutverschmiert herein. Marc fing sie auf und führte sie zum Bett. Alles ging so schnell. Li schrie wie am Spieß. Marc redete auf Tia ein, doch die bekam nichts mit. Ganz vorsichtig legte er sie neben ihre Tochter. Jetzt erst sah er, wie furchtbar Tia zugerichtet war. Überall sah er nur Blut. Marc verfiel in Panik. Er nahm Li in den Arm und rannte vor die Tür. Ein paar Menschen hatten das Geschehen beobachtet. Marc schrie nach einem Krankenwagen. Einige Schaulustige wandten sich ab. Niemand machte Anstalten, ihm zu helfen. In seiner Verszweiflung rannte er zu einem Nachbarn und bat ihn, einen Rettungswagen zu rufen. Li schrie immer noch, aber er hatte für sie in diesem Moment keine Zeit. Zurück im Zimmer kniete er sich zu Tia. Sie lag noch genau so da, wie er sie hingebettet hatte. Regungslos, wie tot. Sie atmete, Gott sei Dank, sie lebte. Ihm fiel ein Stein vom Herzen. Aus der Ferne hörte man SiRenén. Marc nahm ein feuchtes Tuch und wischte ihr übers Gesicht. Tränen rannen ihm dabei über seine Wangen. Sein T-Shirt war voll Blut. Wann kam dieser Krankenwagen denn endlich?
Die Sanitäter legten sie ganz vorsichtig auf eine Trage. Marc fragte sie, in welches Krankenhaus sie Tia brachten. Sie nannten es ihm und fuhren ab.
Marc stand noch wie angewurzelt in dieser dunklen Straße vor der Tür, die zu seinem Zuhause führte. Tränen rannen ihm über das Gesicht. Li weinte nun auch, laut und herzzerreißend. Wie in Trance kehrte er zurück in das Zimmer. Es fühlte sich so leer an. Sogar der Buddha, der ansonsten immer freundlich ins Zimmer lachte, blickte wie versteinert. Aber er musste sich zusammennehmen. Schon allein wegen Li. Er machte das Wasser warm, mischte es mit der Babynahrung, füllte es in das Fläschchen und fütterte Li.
Dann machte er sich mit ihr auf zum Krankenhaus. Er hatte furchtbare Angst. Angst um Tia, Angst um Li und Angst um sich selbst. In der Aufnahme fragte er nach Tia. Die Schwester schickte ihn in die Notaufnahme. Dort fragte er erneut. Marc wartete. Endlich kam ein Arzt und bat ihn mitzukommen.
Sie betraten ein kleines Zimmer, und er gab ihm ein Zeichen, sich hinzusetzen.
»Wissen Sie, dass ihre Freundin süchtig ist?«
Marc blickte dem Arzt ungläubig ins Gesicht und sagte nichts.
»Die körperlichen Verletzungen könnte sie vielleicht überleben, aber ihr Gesamtzustand ist sehr bedenklich«, sprach der Arzt weiter.
Marc verlangte von ihm nochmals eine Erklärung. Er glaubte nicht, was er da hörte.
Der Mann im weißen Kittel schaute ihn lange an und sagte dann emotionslos: »Das heißt, wenn nicht ein Wunder geschehen sollte, wird sie die Nacht nicht überleben.«
Der Arzt wollte das Zimmer gerade verlassen, da brach auf einmal ein Redeschwall aus Marc hervor: »Tia ist nicht meine Freundin, wie Sie es glauben. Ich weiß von dem Mädchen so gut wie nichts. Das ist Li.« Er setzte Li auf seinen Schoß. »Sie ist ihre Tochter.«
Der Arzt blickte Marc stumm an.
»Wir kennen uns jetzt seit einiger Zeit, Tia und ich. Sie hat mich auf der Straße aufgelesen und gepflegt. Wir hatten eine stille Abmachung, dass wir uns nichts voneinander erzählen. Und das ging bis jetzt sehr gut.«
Der Arzt nahm seine Brille ab. So wirkte er wie ein kleiner Junge.
»Tia geht auf den Strich, und ich hatte nicht die Kraft, sie davon wegzubringen. Ich meine, selber Geld zu verdienen. Aber ich kann mich gut um Li kümmern. Und ich glaube, sie mag mich auch.« Tränen rannen über sein Gesicht.
Der Arzt rutschte unruhig auf seinem Platz hin und her, sagte aber nichts.
»Ich wollte mich wirklich um diese Mädchen kümmern. Wissen Sie, ich habe in
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