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Der Modigliani Skandal

Der Modigliani Skandal

Titel: Der Modigliani Skandal Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ken Follett
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hielt er einen Beutel mit Nägeln.
    Offenbar war er darüber verärgert, bei der Arbeit gestört worden zu sein. Lipsey half ihm mit einer fetten Trostsumme über seinen Kummer hinweg und begann dann, in unbeholfenem, gebrochenem Italienisch zu sprechen.
    »Ich versuche eine junge Dame zu finden, die vor kurzem hier gewohnt hat«, sagte er und zeigte dem Besitzer Dee Sleigns Foto. »Dies ist die Frau. Erinnern Sie sich an sie?«
    Der Mann warf einen kurzen Blick auf das Bild und nickte dann. »Sie war allein«, sagte er, und seine Stimme hatte den mißbilligenden Klang eines guten katholischen Vaters, der es unerhört findet, wenn junge Mädchen allein in Hotels übernachten.
    »Allein?« fragte Lipsey überrascht. Nach den Worten der Concierge in Paris hatte er den Eindruck gehabt, das Pärchen sei zusammen fortgefahren. Er setzte hinzu: »Ich bin ein englischer Detektiv, und ihr Vater hat mich engagiert, damit ich sie finde und zur Heimkehr bewege. Sie ist jünger, als sie aussieht«, fügte er erläuternd hinzu.
    Der Besitzer nickte. »Der Mann hat nicht hier gewohnt«, sagte er im Ton biederster Rechtschaffenheit. »Er tauchte auf einmal auf, bezahlte ihre Rechnung und nahm sie mit.«
    »Hat sie Ihnen gesagt, was sie hier wollte?«
    »Sie wollte sich Gemälde ansehen. Ich sagte ihr, daß ein Großteil unserer Kunstschätze durch die Bombardierungen verlorengegangen ist.« Er schwieg einen Augenblick, grübelte mit gefurchter Stirn. »Sie kaufte einen Reiseführer, denn sie wollte genau wissen, wo Modigliani geboren worden ist.«
    »Ah!« Ein leiser Ausruf der Genugtuung von Lipseys Lippen.
    »Während sie hier war, meldete sie einen Telefonanruf nach Paris an. Ich glaube, das ist alles, was ich Ihnen sagen kann.«
    »Sie wissen nicht, wohin sie hier in der Stadt gegangen ist?«
    »Nein.«
    »Wie viele Tage war sie hier?«
    »Nur einen einzigen.«
    »Hat sie gesagt, wo sie als nächstes hinwollte?«
    »Ah! Natürlich«, sagte der Mann. Er sog kräftig, um seine fast erloschene Zigarette wieder zum Glühen zu bringen; schnitt dann eine Grimasse wegen des Tabakgeschmacks. »Sie kamen herein und fragten nach einer Straßenkarte.«
    Lipsey beugte sich unwillkürlich vor. Auf einen weiteren Glücksfall zu hoffen, so rasch nach dem ersten, erschien ihm fast tollkühn. »Weiter!« drängte er.
    »Lassen Sie mich überlegen. Sie wollten auf der Autostraße nach Florenz, dann über allerlei Landstraßen zur adriatischen Küste - irgendwo in die Nähe von Rimini. Sie erwähnten den Namen eines Dorfes - oh! Jetzt erinnere ich mich. Es war Poglio.«
    Lipsey zückte sein Notizbuch. »Buchstabieren Sie bitte.«
    Der Besitzer tat es.
    Lipsey erhob sich. »Ich bin Ihnen überaus dankbar«, sagte er.
    Draußen blieb er auf dem Trottoir stehen, um die warme Abendluft einzuatmen. So bald! dachte er. Und steckte sich vor Freude über so viel Glück eine kleine Zigarre an.

5
    Das Rauchen war eine ähnliche Sucht wie das Malen: Peter Usher erinnerte sich sehr genau, wie er seinerzeit versucht hatte, das Rauchen aufzugeben. Er empfand eine Gereiztheit, die zwar physischer Natur zu sein schien, jedoch keinen bestimmten Teil seines Körpers betraf. Den Grund dafür kannte er aus Erfahrung: Er hatte mehrere Tage nicht gearbeitet, und ihm fehlte der Geruch eines Ateliers, das Gefühl eines Pinsels zwischen seinen Fingern und der Anblick einer Leinwand, auf der er ein neues Bild begonnen hatte. Er fühlte sich miserabel, weil er mehrere Tage lang nicht gemalt hatte.
    Außerdem hatte er Angst.
    Jene Idee, die ihm und Mitch gleichzeitig gekommen war an jenem »angeheiterten« Abend in Clapham, hatte inzwischen gleichsam üppig-tropische Formen angenommen. Die Sache schien ja auch einfach genug zu sein: Die beiden Männer wollten ein paar Fälschungen anfertigen, diese für astronomische Summen verkaufen - und den Schwindel dann vor der Welt enthüllen.
    Es würde eine gewaltige Ohrfeige sein für das, was sich Kunstwelt nannte, und für ihre verlogenen Repräsentanten; ein Publicity-Stunt sondergleichen; ein radikaler Coup von historischer Bedeutung.
    Als sie dann in den darauffolgenden Tagen die Details des Unternehmens auszuarbeiten begannen, folgte der Euphorie die Ernüchterung. Einfach würde es wahrhaftig nicht sein. Andererseits sagten ihnen ihre Überlegungen, daß der Schwindel sehr wohl durchführbar war.
    Jetzt allerdings, wo Peter Usher im Begriff stand, hier in Paris den ersten Schritt in Richtung des größten Kunstschwindels

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