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Der Mörder mit der schönen Handschrift

Der Mörder mit der schönen Handschrift

Titel: Der Mörder mit der schönen Handschrift Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Pierre Magnan
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gemessen werden.
    Sie zerknitterte ihn wütend, warf ihn auf die Erde, trat ihn mit Füßen, spuckte auf ihn, hob ihn nach kurzer Überlegung wieder auf, strich ihn glatt und steckte ihn wieder dorthin, woher sie ihn geholt hatte. Das Zellophan um den Strauß knisterte leise im Luftzug. Die Nacht war noch nicht ganz gekommen. Im Talausschnitt in Richtung Digne hielt sich am Himmel noch ein verschwommenes Aquamarin im letzten Schimmer des Tages. Am Ende der Lichtung zitterten die Wälder auf den Hängen des Cheval-Blanc kaum merklich unter einem leichten Wind, der sich nicht dazu entschließen konnte aufzufrischen.
    Violaine wickelte den Blumenstrauß aus dem Zellophan und nahm ihn in die Arme. Sie stieg die Stufen der Terrasse hinunter. Mit provozierend vorgewölbter Brust überquerte sie die Erdaufschüttung, wo der Kies unter ihren Absätzen knirschte.
    Seit Jahren hatte sie sich fest vorgenommen, endlich einen Arbeiter kommen zu lassen, um die Scharniere der riesigen Tür des Kraftwerks zu schmieren. Jedes Mal, wenn sie sie öffnen wollte, musste sie sich zwei Minuten lang mit der ganzen Kraft ihres unscheinbaren Hinterns dagegenstemmen, und nach dieser Anstrengung war sie jedes Mal völlig erschöpft. Auch dieses Mal leistete sie den gleichen Schwur, als sie sich mit dem Eisenrahmen abmühte, dem wie allen Glaswänden dieser Halle die Hälfte der Scheiben fehlte. Sie nahm die Gladiolen, die sie während dieser Kraftanstrengung auf den Boden gelegt hatte, wieder in ihre Arme. Entschlossen trat sie in das Dämmerlicht.
    Seit langem schon gab es in diesem Elektrizitätswerk kein Licht mehr. Das ersterbende Tageslicht, das dort noch herrschte, verlor sich in den barocken Formen der metallischen Elemente, die den Boden übersäten oder sich bis zum Dach emporschwangen und dunkle Hindernisse vor Violaines Schritten auftürmten. Aber sie war mit den Gegebenheiten bestens vertraut und darüber hinaus dazu imstande, sogar neuen heimtückischen Trümmerteilen auszuweichen, die der fortschreitende Verfall der Fabrik seit ihrem letzten Besuch hinterlassen hatte.
    Den Strauß aufrecht vor sich haltend, schlängelte sie sich durch gusseiserne Säulen hindurch, die das Gebälk stützten, und schlug dabei geschickt einen Bogen um die große Erregerspule in ihrer vergitterten Loge.
    Eine grünliche Masse, viermal so hoch wie sie selbst, tauchte im Halbdunkel vor ihr auf. Es war eine Art von riesiger Schnecke, von der noch ein undefinierbarer Geruch ausging, eine Mischung aus Schweröl, Asphalt, Flusskieseln, Kesselstein und Rost als vorherrschender Komponente.
    Das war das Grabmal von Roland Maillard. Diese primitive Turbine, die vom Anfang des Jahrhunderts stammte und die Maillards Vorfahren so liebevoll in Schuss gehalten hatten. Davor stand eine hohe, dunkle Vase, die noch die Überreste eines Agapanthusstraußes enthielt, die Opfergabe des vergangenen Monats. Auf einem Marmorsockel daneben hatte Violaine das gleiche Bild des Verstorbenen anbringen lassen wie das, das auf der Anrichte ihres Wohnzimmers stand. Sie nahm die verfaulten Blumen aus der Grabvase, schüttete das übel riechende Wasser auf den Boden und goss frisches Wasser aus einer Gießkanne hinein, die zu diesem Zweck immer bereitstand. Dann fächerte sie mit geübter Hand den Gladiolenstrauß auf, bis er die elegante Form eines Springbrunnens aufwies. Sie trat einen Schritt zurück, um die Wirkung zu begutachten. Wie alles Übrige verschwammen auch die Blumen im Dunkeln, doch die leuchtende Farbe strahlte noch ein wenig Helligkeit aus.
    Violaine warf einen zufriedenen Blick auf das Ganze. Der Wodka hatte noch kaum begonnen, ihr den Kopf zu vernebeln, glaubte sie.
    Trotzdem konnte sie sich nicht dazu entschließen, diesen seltsamen Friedhof zu verlassen, der sie in seinen Bann zog. Sie betrachtete aufmerksam die Spitze der Turbine. Sie wusste, dass ein Name dort eingraviert war: BERGER. Was war das für ein neuer Gott aus Gusseisen? Dieser neue Schutzheilige in Form einer Spirale, der der Erosion von hunderttausend Jahren standhalten würde? Dieses Mausoleum, das nach ihr niemand mehr mit Blumen schmücken würde; denn wer sollte sich überhaupt daran erinnern, dass es ein Grab enthielt?
    Sie brach in Gelächter aus, wenn auch gedämpft, wie es sich vor einem Grabmal gehört, und sei es eines aus Gusseisen.
    Die ganze Zeremonie des Gedenkens war ausschließlich dazu bestimmt, die Neugier der beiden Putzfrauen zu befriedigen, die am nächsten Tag kommen würden, um

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