Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Der Moloch: Roman (German Edition)

Der Moloch: Roman (German Edition)

Titel: Der Moloch: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Stella Gemmell
Vom Netzwerk:
sich zerquetscht an, und er bekam nicht richtig Luft. Es war schrecklich heiß. Seine rechte Hand hatte er vor sich ausgestreckt, und mit viel Mühe zog er sie unter seine Schulter und machte Anstalten, sich hochzustemmen. In seinem Kopf hämmerte der Schmerz im Rhythmus seines Herzschlages, und durch die plötzliche Bewegung wurde ihm schwindlig. Die Erde und sein Körper, der darauf lag, kippten plötzlich zur Seite, aber er hielt sich fest und wartete, bis es vorbei war. Dann holte er erneut tief Luft und versuchte es wieder. Irgendetwas lag auf seinem Rücken, auf seinen Beinen. Mühsam und stöhnend zog er seinen Kopf und seine rechte Schulter unter dem Gewicht hervor, das auf ihm lastete. Als die Welt aufhörte zu kippen, zwang er sich, die Augen aufzuschlagen und sah sich um.
    Es war heller Tag, und er lag auf einem Haufen Leichen. Man hatte sie achtlos aufeinandergeworfen. Unmittelbar vor ihm war Malachi, der Nordländer, der ein paar verfluchte Tage lang in seiner Kompanie gedient hatte. Man hatte ihm die Hälfte des Kopfes weggehackt. Fell sah sich traurig um, betrachtete Gesichter, die er seit Monaten kannte, seit Jahren, und alle hatten Augen, die im Tode trübe geworden waren.
    Er erinnerte sich an den Alarm in der Nacht, an die galoppierenden Reiter, an ein sich aufbäumendes Pferd, einen Tritt gegen den Kopf. Die Wildkatzen hatten keine Chance gehabt. Wo waren die Wachen gewesen? War er der einzige Überlebende? Fell stöhnte und ließ sich schmerzerfüllt zurücksinken.
    Dann, nach einem Augenblick, schoss ihm der Gedanke durch den Kopf, dass sie die Leichen aufgetürmt hatten. Um sie zu verbrennen? Die Furcht verlieh ihm neue Energie, und er stemmte sich hoch und zerrte seinen zerschlagenen Körper unter den toten Soldaten hervor. Er blieb eine Weile erschöpft liegen, dann riss er sich zusammen und rappelte sich auf. Es fiel ihm schwer, aufrecht stehen zu bleiben, denn der Schmerz in seinem Kopf ließ ihn schwindeln und machte ihn schwach. Er sah sich um und blinzelte gegen die Sonne, die wie Messer durch seinen Kopf stach.
    Er sah nirgendwo Bewegungen oder Überlebende. Die meisten Toten waren bereits schwer verletzt gewesen, als dieser nächtliche Angriff erfolgte. Gegen die Kavallerie hatten sie keine Chance gehabt, sich zu verteidigen. Er hob den Blick. Vom Feind war ebenfalls nichts zu sehen. Was allerdings nicht bedeutete, dass sie nicht zurückkommen würden. Sie hatten sich zweifellos nicht umsonst die Mühe gemacht, die Toten aufzustapeln. Wahrscheinlich jagten sie gerade Überlebende. Jedenfalls würde Fell das an ihrer Stelle tun. Er musste also diesen Ort hier so schnell und so weit wie möglich hinter sich gelassen haben, wenn sie zurückkamen.
    Er suchte nach einem Wasserschlauch, aber sie waren entweder alle mitgenommen worden oder leer. Schließlich fand er einen, in dem sich noch ein kleiner Rest Wasser befand, und saugte ihn aus. Er spürte, wie der Schmerz in seinem Kopf ein wenig nachließ. Dann fand er ein Schwert, das zwar schartig und stumpf, aber nicht geborsten war, und einen Dolch mit abgebrochener Spitze. Er setzte sich hin und zog den rechten Stiefel aus. Er nahm die dünne Klinge heraus, die er dort als Reserve verwahrt hatte. Er schob sich beide Messer in den Gürtel und steckte das Schwert in die Scheide. Dann überprüfte er den Beutel an seiner Seite. Zum Glück hatte der Feind es offenbar zu eilig gehabt, um die Toten auszuplündern. In dem Beutel befand sich etwas Dörrfleisch, das er in Papier eingewickelt hatte. Er aß es gleichmütig. Es war schwer, es zu schlucken. Das trockene, geschmacklose Zeug klebte an der Zunge, dem Gaumen und den Zähnen. Er wünschte sich, er hätte noch mehr Wasser.
    Erst danach überlegte er, in welche Richtung er gehen wollte. Der Feind befand sich zwischen ihm und der Cité, aber nur in dieser Richtung lag Sicherheit. Alle Pferde, die vor der Schlacht geflüchtet waren, waren hingegen zweifellos nach Norden gerannt, zum Fluss, denn Pferde konnten Wasser immer riechen. Also beschloss er, ebenfalls nach Norden zu gehen, in der Hoffnung, dort auf ein verirrtes Pferd zu stoßen.
    Er brach auf, als die Sonne ihren Zenit erreicht hatte. Er hatte sich einen Fetzen rotes Tuch um den Kopf gewickelt, um seine Augen zu schützen. Er ging den ganzen glühend heißen Nachmittag lang, ohne irgendeinen feindlichen Soldaten zu sehen, erblickte aber auch keine verirrten Wildkatzen oder Pferde. Im Westen und im Norden sah er nur eine flache Ebene,

Weitere Kostenlose Bücher