Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Der Nachtschwärmer

Der Nachtschwärmer

Titel: Der Nachtschwärmer Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jason Dark
Vom Netzwerk:
Bis Mevagissey führte eine recht breite Straße in Richtung Süden. Es herrschte auch trotz des Sommers und der zahlreichen Campingplätze in der Nähe nicht viel Verkehr. Von dort ging es dann auf schmaleren und einsameren Landstraßen weiter bis zur Halbinsel, deren südliches Ende Dodman Point hieß. Etwas nördlich davon lag der kleine Ort Penare, unser Ziel.
    Bill und ich waren schon ziemlich lange unterwegs und in den späten Nachmittag hineingefahren. In London hatte die Sonne noch strahlend geschienen, aber hier im Westen war der kommende Wetterwechsel bereits zu spüren. Der Himmel hatte sich mit den ersten Wolken bezogen, und es war auch schwüler geworden. Die Luft drückte, und wahrscheinlich drückte sie auch auf das Gemüt der Menschen, die hier lebten und nicht mit irgendwelchen Großstädtern zu vergleichen waren.
    Wir bewegten uns durch eine einsame, raue und auch leicht hügelige Gegend. Durch kleinere Ortschaften fuhren wir erst auf dem letzten Teil der Strecke, und trotzdem überkam uns der Eindruck, dass die Einsamkeit hier noch stärker war.
    Man spürte das Meer, auch wenn man es nicht sah. Seevögel schwebten durch die Luft und nutzten oft genug die Aufwinde aus, um sich tragen zu lassen. Graue Felsen zerstörten an vielen Stellen das Grün der Landschaft, und die dichten Wälder waren so gut wie verschwunden.
    Der Ort Penare war einige Male angezeigt, aber dort wollten wir keine Station machen. Ich war gern auf Bill’s Vorschlag eingegangen, das Blindenheim zu besuchen.
    Und wir sahen noch etwas. Das heißt, wir bekamen es nicht zu Gesicht, weil wir daran vorbeifuhren. Aber nicht wenige Schilder wiesen auf das Moor hin und warnten die Menschen davor, es zu betreten. Es waren weite Flächen, über die wir schauten. Sie wirkten so grün und satt, richtig harmlos, aber man kann sich da leicht täuschen. Sehr viele Menschen waren schon vom Sumpf verschluckt worden, die gedacht hatten, stärker zu sein.
    Penare war ein Ort, wie wir ihn uns vorgestellt hatten. Klein, mit niedrigen Häusern, mal mit grauen und mal mit roten Dächern. Irgendwie düster und auf eine gewisse Art und Weise romantisch. Da wir die Fenster etwas geöffnet hatten, wehte auch der Fahrtwind in den Wagen, und der brachte einen bestimmten Geruch mit, den auch die Seeluft nicht vertreiben konnte.
    Bill Conolly hob seine Augenbrauen und schnupperte. »Riechst du es auch?«
    »Das Moor?«
    »Ja. Typisch. Dabei ist es ziemlich entfernt.«
    »Die Luft drückt«, sagte ich nur.
    »Stimmt auch wieder.«
    Manchmal hatten wir Schwärme von Mücken gesehen, die über irgendwelchen feuchten Stellen tanzten, aber im Ort selbst war es vorbei. Ein Hinweisschild auf das Blindenheim hatten wir nicht gesehen. Es war auch nicht nötig, denn Bill kannte den Weg und dirigierte mich, kurz nachdem wir den Ort verlassen hatten, nach links, wo der Weg hügelan führte.
    Ich stoppte, was ihn verwunderte.
    »Soll ich fahren, John?«
    »Nein, das nicht.«
    »Was ist denn los?«
    Ich deutete auf einen grauen Bau mit ausgeschalteter Leuchtreklame, der mitten auf der grünen Wiese stand und kein größerer Fremdkörper hätte sein können.
    »Das muss die Disco sein.«
    »Neu?«
    Bill zuckte mit den Schultern. »Beim letzten Besuch ist sie mir zumindest nicht aufgefallen.«
    »Aus ihr sind die Opfer gekommen, die sich der Nachtschwärmer dann holte.«
    »Immer wieder die Discos. Schießen auf dem platten Land wie Pilze aus dem Boden und machen oft mehr Gewinn als ihre Brüder und Schwestern in der Großstadt. Willst du hin?«
    »Nein. Vielleicht später. Außerdem ist sie um diese Zeit geschlossen. Das Heim ist wichtiger.«
    Dieser Meinung war ich auch.
    Wir fuhren den Weg weiter hoch und hatten eine relativ freie Sicht in das Gelände hinein. So war das Blindenheim nicht zu übersehen.
    Von Bill Conolly wusste ich, dass man es nicht neu gebaut hatte, es war übernommen worden. Es war nur von innen etwas renoviert worden, ansonsten hatte man alles so gelassen. Graue Steine bildeten die Mauern. Zu ihnen passte auch das ebenfalls graue Dach, das nicht besonders spitz, sondern recht flach war. Wenn mich nicht alles täuschte, gab es auch einen Garten hinter dem Haus, in dem sich einige Kinder und Jugendliche mit ihren Betreuern aufhielten. Sie sorgten dafür, dass die jungen Gäste beschäftigt waren. Trotz ihrer Blindheit führten sie Spiele durch und bewegten sich recht sicher. Ein Fremder hätte bestimmt nicht auf diese Entfernung hin gesehen, dass es

Weitere Kostenlose Bücher