Der Name Der Dunkelheit
erklären, wie Filipa es schaffte, ihren Mathematiklehrer in solche Verzückung zu versetzen?«
»Sie war eben klug.«
»Nein, Nellie, Filipa hatte große Lücken im Rechnen. Der
Lehrer sah keine Möglichkeit, wie Filipa sich in kurzer Zeit verbessern könnte. Jemand muss ihr geholfen haben.«
»Das stimmt. Aber ich weiß nur, dass sie manchmal von der Nachhilfe kam. Erzählt hat sie darüber nichts.«
»Wir lassen dich eine Viertelstunde lang allein. Und du gehst jedes Gespräch mit ihr noch einmal durch. Ich möchte von dir wissen, ob du je den Namen Elin Gustafsson von ihr gehört hast.«
»Verdammt«, sagte Barbro im Flur. »Ein sehr guter Einfall!«
»Darauf wird es hinauslaufen. Elin Gustafsson ist die Nachhilfelehrerin. Mathe konnte sie. Da hatte sie stets gute Noten.«
»Fünfzig dagegen.«
Kjell nickte.
»Wettet ihr etwa?«, fragte der Vater.
»Ständig.«
Nellie riss von innen die Tür auf. »Nein. Keine Frau. Der Name des Lehrers ist Jon Ardelius.«
»Bist du sicher?«, fragte Kjell.
»Am Anfang hat sie mal gesagt, sie würde am Nachmittag keine Zeit haben. Um drei müsse sie zu Ardelius. Und vor kurzem hat sie einen Jon erwähnt.«
»Kann das jemand in eurem Alter sein?«
»Das hätte sie mir haarklein erzählt. Ardelius. Jon. Jon Ardelius.«
»Kluges Mädchen. Weißt du auch …«
Barbro legte ihre Hand auf Kjells Unterarm und brachte ihn so zum Schweigen. »Ihr beiden geht bitte zurück ins Zimmer. Und du kommst mit.«
Verwundert folgte Kjell ihr in den Raum, den sie sich mit Henning teilte. Vor dem Regal, in dem alle Spuren des laufenden Falls in Ordnern gesammelt wurden, breitete sie die Arme aus. In dieser Haltung drehte sie sich nach rechts. Auf
der Kommode hinter seinem Stuhl versuchte Henning, mit all seinen Notizzetteln den Hadrianswall nachzubauen.
»Irgendwo hier taucht dieser Name auf.«
»Willst du sagen, du hast diesen Namen gerade nicht zum ersten Mal gehört?«
»Genau das! Ich habe den Namen in diesem Meer von Akten gesehen.«
Kjell versuchte, die Zahl der Seiten auf Tausend genau zu schätzen. »Wie sicher bist du?«
Barbro reagierte nicht. Also war sie sich sehr sicher.
»Barbro, das kann ein Déjà-vu sein. Wenn das ein Déjà-vu ist, dann vergesse ich mich.«
»Ich beginne jetzt. Ruf Snæfríður an. Sie soll die Eltern fragen. Vielleicht haben die den Namen auch schon einmal gehört.«
Kjell stürmte hinüber in sein Zimmer, obwohl er noch nicht den Geruch der Jagd witterte. Barbro konnte sich manchmal vertun.
»Sagtest du Ardelius?«, antwortete Snæfríður.
»Ja, ist der Name etwa bei euch gefallen?«
»Den habe ich neulich erst gehört. In Stockholm. Nur wann und wo?«
»Er steht irgendwo in unseren Akten, behauptet Barbro. Jetzt suchen wir.«
Inzwischen hatte Barbro alle sechsundzwanzig Ordner auf dem Boden arrangiert und begonnen, darin zu blättern.
»Die Spurenkataloge etwa auch?«
»Der Name könnte auf einem Foto vorkommen. Wenn er genannt worden wäre, wüsste ich es längst.«
»Snæfríður ist dem Namen ebenfalls begegnet.«
»Da hast du’s!«
Kjell wollte sich gerade eine freie Ecke auf dem Boden suchen, als drüben das Telefon klingelte.
Es war wieder Snæfríður. »Fahr zum Wetteramt.«
»Hast du den Namen etwa dort gehört?«
»Ja. Ich glaube schon.«
Als er mit dem Wagen aus der Garage kam, war es draußen dunkel. Der Feierabendverkehr setzte ein. Er nahm den Essingeleden und bog hinter Gröndal ab. Die schmale Straße bis zur Winterbucht war so glatt, dass Kjell nur langsam vorankam.
Er dachte wieder an die Boje. Wenn das wahr wäre und Ardelius wirklich beim Wetteramt arbeitete, dann hatte die Sache doch mit der Boje zu tun.
Vor den Wellblechhütten am Ende der Straße brannte nur eine Laterne. Kjell klopfte an die Tür. Als ein junger Kerl nach einer Weile öffnete, zeigte Kjell seinen Ausweis.
»Meine Kollegin war vor einigen Tagen schon einmal hier«, sagte er.
»Ja, wir haben zusammen nach dem Rollstuhl gesucht.«
»Darf ich reinkommen?«
»Habt ihr den Rollstuhl gefunden?«, fragte er auf dem Weg hinein.
»Kann man nicht sagen.« Kjell blinzelte, weil selbst er eine solche Unordnung noch nicht gesehen hatte. Links standen vier Schreibtische, ohne Rücksicht auf das menschliche Bedürfnis nach Reviergrenzen arrangiert. Das war wohl die Buchhaltungsabteilung. An der rechten Wand reihten sich Messgeräte. Und über allem schwebte der Geruch von Maschinenöl. In der Mitte schien ein Raumschiff gelandet zu
Weitere Kostenlose Bücher