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Der Name Des Windes

Der Name Des Windes

Titel: Der Name Des Windes Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Patrick Rothfuss
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Hemd und meinen Umhang, legte sie mir über den Arm und verließ den Hof, ohne die schweigende Menschenmenge um mich her zu beachten.

Kapitel 42
    Der Blutlose

    E s hätte schlimmer kommen können, so viel ist mal gewiss.« Meister Arwyls rundes Gesicht blickte ernst, als er um mich herumschritt. »Ich hatte zwar gehofft, du würdest nur ein paar Striemen abbekommen, aber bei deiner Haut hätte ich es besser wissen müssen.«
    Ich saß auf der Kante eines langen Tischs tief im Innern der Mediho. Arwyl betastete vorsichtig meinen Rücken, während er weitersprach: »Aber wie gesagt, es hätte schlimmer kommen können. Zwei Schnittwunden, aber sauber, flach und gerade. Wenn du meine Anweisungen befolgst, bleiben davon nur glatte, silbrige Narben, mit denen du den Damen deine Tapferkeit beweisen kannst.« Er blieb vor mir stehen und hob hinter den runden Brillengläsern die weißen Augenbrauen. »Na?«
    Ich rang mir ein Lächeln ab.
    Er wandte sich an den jungen Mann, der an der Tür stand. »Hol den nächsten Re’lar von der Liste. Sag ihm nur, er soll alles Nötige mitbringen, um eine flache Schnittwunde zu versorgen.« Der Junge lief hinaus.
    »Du bist ausgezeichnetes Übungsmaterial für einen meiner Re’lar«, sagte Arwyl frohgemut. »Die Schnittwunde ist gerade, Komplikationen sind nicht zu erwarten, aber an dir ist nicht viel dran.« Er stupste mir einen seiner runzligen Finger vor die Brust und machte dabei »ts«. »Nur Haut und Knochen. Mit ein bisschen Muskelmasse wäre es leichter.«
    »Aber«, sagte er und zuckte die Achseln, wobei er die Schultern fast bis zu den Ohren hob, »Idealfälle sind selten. Das ist es vor allem, was ein junger Arzt lernen muss.«
    Er sah mich an, als erwarte er darauf eine Erwiderung. Ich nickte ernst.
    Das schien ihn zufrieden zu stellen, und er lächelte wieder. Er wandte sich ab und öffnete einen Schrank. »Nur einen Moment noch, dann werde ich das Brennen auf deinem Rücken lindern.« Er kramte in dem Schrank herum, und ich hörte, wie Flaschen aneinander klirrten.
    »Halb so wild, Meister Arwyl«, sagte ich stoisch. »Ihr könnt mich auch so wieder zusammenflicken.« Ich hatte zwei Skrupel Nahlwurz intus, die mich betäubten, und wusste, dass man Betäubungsmittel besser nicht durcheinander nehmen sollte.
    Er hielt inne, einen Arm tief in den Schrank gesteckt, und musste ihn erst herausziehen, um sich zu mir umsehen zu können. »Bist du denn schon mal genäht worden, mein Junge?«
    »Ja«, sagte ich, und das war nicht gelogen.
    »Ohne Betäubung?«
    Ich nickte. Er musterte mich skeptisch. »Dann zeig mal her«, sagte er, so als glaubte er mir nicht.
    Ich zog mein Hosenbein bis übers Knie hoch und biss dabei die Zähne zusammen, denn die Bewegung zerrte an meinen Rückenverletzungen. Schließlich entblößte ich die gut eine Handspanne große Oberschenkelnarbe von damals, als Pike in Tarbean mit seinem Scherbenmesser auf mich losgegangen war.
    Arwyl sah sich das ganz genau an und hielt die Brille dabei in der Hand. Er betastete die Narbe kurz mit dem Zeigefinger und richtete sich dann wieder auf. »Schlampig gemacht«, verkündete er mit gelindem Widerwillen.
    Ich hatte es immer für ausgezeichnete Arbeit gehalten. »Mitten drin ist mir der Faden gerissen«, sagte ich. »Ich habe das unter nicht gerade idealen Bedingungen gemacht.«
    Arwyl schwieg einen Moment lang, fuhr sich mit einem Finger die Oberlippe entlang und betrachtete mich mit halb geschlossenen Augen. »Und so was macht dir Spaß?«, fragte er skeptisch.
    Ich musste lachen, als ich seine Miene sah, aber davon tat mir der Rücken weh. »Nein, Meister, ich habe mich nur selbst verarztet, so gut ich konnte.«
    Er betrachtete mich immer noch und fuhr sich dabei weiter mit dem Finger die Oberlippe entlang. »Zeig mir, wo der Faden gerissen ist.«
    Ich zeigte es ihm. So etwas vergisst man nicht.
    Er sah sich die alte Narbe noch einmal genauer an und betastete sie erneut. Dann hob er den Blick. »Vielleicht stimmt es, was du sagst.« Er zuckte die Achseln. »Ich weiß es nicht. Aber ich würde sagen, wenn –« Er verstummte, blickte mir forschend in die Augen. Dann zog er eins meiner Augenlider zurück. »Sieh nach oben«, sagte er.
    Daraufhin runzelte er die Stirn und nahm meine Hand. Er drückte fest auf einen Fingernagel und verfolgte ein, zwei Sekunden lang aufmerksam, was geschah. Dann kam er näher, ergriff mit einer Hand mein Kinn, öffnete mir den Mund und roch daran.
    »Tennasin?«, fragte er und

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